SommerferienFerienhaus statt Hotel: Was dafür spricht, und was dagegen
Vera Kraft
10.6.2020
Ferienhäuser sind in der Nach-Corona-Zeit aus guten Gründen sehr gefragt. Aber kommen sie für jeden in Frage? Was dafür und was dagegen spricht.
Hinein in den vollen Flieger und ab in ein Massenhotel mit Hunderten Zimmern und der vielbeschworenen Schlacht am Büfett? Darauf dürften sich viele angesichts von Corona in diesem Sommer nicht einlassen wollen.
Die Tourismusforscherin Claudia Brözel geht davon aus, dass dieses Jahr mehr Menschen autarke Ferienformen wählen werden – also Camper, Ferienhaus und Ferienwohnung. Ein Häuschen im Nirgendwo, das klingt erst einmal ziemlich ideal. Doch Reisende sollten genau abwägen, ob diese Ferienform auch tatsächlich etwas für sie ist.
«Ein Ferienhaus-Urlaub ist ein klassischer Eigenanreise-Urlaub», sagt Torge Petersen, Geschäftsführer des Veranstalters Wolters Reisen. Die meisten Gäste kommen im eigenen Auto – und verbringen anders als im Flugzeug oder in der Bahn keine Zeit mit Fremden auf engem Raum.
Ferien im eigenen Land stehen momentan hoch im Kurs. Die kürzere Anreise, eine gute medizinische Versorgung und die vertraute Umgebung schafften ein höheres Sicherheitsgefühl, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin des Deutschen Ferienhausverbands. Man ist in der Ferienwohnung nicht stärker gefährdet als daheim und kann sich im Supermarkt versorgen.
Viel Bewegungsfreiheit vor Ort
Der Mund-Nasen-Schutz kann trotzdem nicht zu Hause bleiben. Um die Gesundheit der Feriengäste und Mitarbeiter zu schützen, hat die Tourismusbranche Hygienekonzepte erarbeitet. Bei vielen Ferienhäusern ist die Schlüsselübergabe ohne persönlichen Kontakt möglich. Oder es gibt eine Wiederbelegungsfrist zwischen den Aufenthalten der Gäste.
Was vor Ort in Sachen Freizeitangebote geht, bestimmen die länderspezifischen Regelungen. «Am besten hält man engen Kontakt mit dem Ferienhaus-Vermieter», empfiehlt Schwefel. Die Regeln seien teils sehr uneinheitlich.
Einschränkungen sind wegen der Corona-Pandemie nicht zu vermeiden. Doch davon abgesehen bietet ein Ferienhaus-Urlaub laut Torge Petersen «maximale Freiheit und Gestaltungsfreiraum». Die Urlauber seien ungestört in ihrer Privatsphäre und müssten sich nicht an vorgegebene Essenszeiten halten. «Besonders Familien kommen hier auf ihre Kosten, da sich Kinder frei bewegen können.»
Doch es gibt auch Nachteile. Für Familien, die während der Kontaktbeschränkungen und wegen Homeoffice schon viel Zeit auf engem Raum verbracht haben, hört sich Ferienhaus-Urlaub womöglich wenig verlockend an: Wieder alle im gleichen Haus, wieder für sich selbst kochen. Einen Rund-um-Service wie im Hotel können Reisende in der Ferienwohnung natürlich nicht erwarten.
Komplett ohne Service müsse man jedoch auch nicht auskommen, sagt Petersen. Bei einigen Ferienhausanlagen könne man beispielsweise Frühstück dazu buchen.
Damit die Ferien die ersehnte Erholung bringen und nicht zur Stressfalle werden, sollte man sich vorab überlegen, welche Ansprüche man hat. Dabei spielt die Reisekonstellation eine grosse Rolle. So braucht es nicht nur eine besondere Planung, wenn Kinder oder Risikopersonen dabei sind – auch grössere Reisegruppen müssen auf die örtlichen Vorschriften achten, etwa wie viele Personen gemeinsam ein Restaurant oder eine Sehenswürdigkeit besuchen dürfen.
Unbekannte Regionen im eigenen Land entdecken
Wer sonst lieber ins Hotel fährt, entdeckt durch eine Ferienwohnung womöglich Orte, die er sich sonst nie angeschaut hätte. Bei der Suche nach der passenden Unterkunft müssen Familien und andere Feriengäste Geduld beweisen. Umsehen lohnt sich, sagt Michelle Schwefel. Wenn der Lieblingsort ausgebucht ist, gibt es in der Umgebung häufig noch attraktive Angebote mit einem passenden Preis-Leistungs-Verhältnis.
Insgesamt beobachtet Claudia Brözel deutliche Bemühungen der Tourismusbranche, den Feriengästen eine erholsame Auszeit zu ermöglichen. Starke Preiserhöhungen seien aktuell nicht zu befürchten. Langfristig erfordern die neuen Qualitätsanforderungen etwa in Sachen Hygiene aber viele Investitionen – was einen Preisanstieg bedeuten könnte.
Einige Unterkünfte, Wohnmobile und Campingplätze dürften schnell ausgebucht sein, denn die Nachfrage ist gross: «Viele Feriengäste stehen schon in den Startlöchern», sagt Brözel.
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