St. Gallerin lebt seit über 20 Jahren in Kanada«Wir machten Fehler und lernten daraus»
Vanessa Büchel
16.11.2024
Vor mehr als 20 Jahren entschied die Familie Stutz aus St. Gallen, in Kanada einen Neustart zu wagen. Der Vater kaufte ein Weingut, seine Kinder stiegen mit ein. Familie und Business zu trennen, war nicht immer einfach.
Vanessa Büchel
16.11.2024, 15:26
16.11.2024, 15:29
Vanessa Büchel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Hanspeter Stutz kaufte 1993 ein Weingut in Grand Pré in der kanadischen Provinz Nova Scotia.
Nicht nur er verliess die Schweiz, sondern auch seine Tochter Beatrice und sein Sohn Jürg kamen mit – inklusive Partner*in.
Heute beinhaltet Grand Pré Wines nicht nur ein grosses Weinangebot, sondern auch ein Hotel und ein Restaurant.
Für die Familie Stutz war es nicht immer einfach, Business und Privates zu trennen, wie sich Beatrice im Gespräch mit blue News erinnert.
Um die 2000er-Wende wanderte eine ganze Familie aus dem st. gallischen Grabs nach Nova Scotia aus. «Für mich war von Anfang an klar, dass ich gehe – mir hatte Kanada schon immer gefallen», sagt Beatrice Stutz (53), als blue News sie auf dem Weingut der Auswanderer-Familie in Grand Pré trifft.
Mit der ganzen Familie ist gemeint, dass Hanspeter Stutz (77) zusammen mit Tochter Beatrice und Sohn Jürg (54) der Schweiz den Rücken kehrte. Auch deren Partner kamen mit. Bevor der gebürtige St. Galler im Jahr 1993 das verlassene Weingut in Grand Pré kaufte, fragte er Jürg, der gerade eine KV-Ausbildung in Grabs absolvierte, was er von der Idee halte und ob er sich vorstellen könnte, Weinbau zu studieren. Jürg sagte Ja – und das Familien-Business war geboren.
Es dauerte ein paar Jahre, bis das Ganze Form annahm. 2000 öffnete das Weingut Grand Pré schliesslich seine Türen. Inklusive dem Restaurant Le Caveau, das Beatrice führt. Seither ist auch das Hotel The Inn dazugekommen.
«Niemand von uns wusste am Anfang, was wir eigentlich genau machen. Manchmal blicke ich zurück und denke, es ist Wahnsinn, dass alles geklappt hat», erinnert sich die gelernte Drogistin, die von klein auf davon träumte, irgendwann einmal ein Restaurant zu führen.
Beatrice Stutz: «Zu Beginn fehlten Freunde und Kollegen»
Jürgs Frau Cäcilia führt heute den Weinladen, kümmert sich ums Marketing, macht Social Media und ist für vieles mehr zuständig. Sie hat ihren Mann mit ins neue Abenteuer Kanada begleitet, hätte sich früher aber nie vorstellen können, einmal auszuwandern. «Für mich war eigentlich immer klar, dass ich in der Schweiz bleibe», so Cäcilia lachend.
Doch da sind sie nun. Eine ganze Familie weit weg von zu Hause. Vermissen tue Beatrice heute nichts mehr. «Zu Beginn fehlten mir natürlich meine Freunde und Kollegen, aber man schliesst neue Freundschaften.» Das Einzige, was sie manchmal bedauere, sei das Philosophieren über «die guten alten Zeiten». «Denn die beginnen hier nun mal erst im Jahr 2000.»
St. Gallerin lebt seit über 20 Jahren in Kanada
Cäcilia Stutz ist die Frau von Beatrices Bruder Jürg. Sie ist ebenfalls seit dem Anfang im Weinbusiness mit dabei.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Weinshop von Grand Pré Wines gibt es eine grosse Auswahl.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Laut Beatrice ist Nova Scotia noch eine sehr junge Weingegend.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Der Vater von Beatrice und Jürg, Hanspeter Stutz (Foto unten), kaufte 1993 das Weingut in Grand Pré in der kanadischen Provinz Nova Scotia.
Bild: zVg
2000 öffnete das Weingut Grand Pré seine Türen. Auf dem Foto: Beatrice zusammen mit ihrem Bruder Jürg.
Bild: zVg
Aufgewachsen ist Beatrice im Kanton St. Gallen.
Bild: zVg
Zum Konzept des Familienbetriebs gehört auch ein Restaurant, das Le Caveau. Beatrice träumte schon als kleines Mädchen davon, einmal ein Lokal zu führen.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Ein Bild des Restaurants, wie es zu Beginn aussah.
Bild: zVg
In der Küche werden heute mit lokalen Zutaten kreative Gerichte gezaubert.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Anfangs probierte es Beatrice mit Schweizer Gerichten wie Rösti und Züri Geschnetzeltes, doch das habe nicht vollends funktioniert.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Herbst ist das Weingut ein Traum.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Jahr 2021 kam das Hotel The Inn dazu.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Haus lebte zuvor Hanspeter Stutz.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Das Grundstück hat sich im Vergleich zu früher nicht stark verändert, aber doch einige Wandel durchgemacht. Hier ein Foto aus der Anfangszeit, als die Familie nach Kanada kam.
Bild: zVg
Dazugekommen ist auch eine Pergola, die an warmen Tagen draussen eine hübsche Sitzecke bietet.
Bild: zVg
Nova Scotia sei einfach «so wunderschön», schwärmt Beatrice Stutz.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
St. Gallerin lebt seit über 20 Jahren in Kanada
Cäcilia Stutz ist die Frau von Beatrices Bruder Jürg. Sie ist ebenfalls seit dem Anfang im Weinbusiness mit dabei.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Weinshop von Grand Pré Wines gibt es eine grosse Auswahl.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Laut Beatrice ist Nova Scotia noch eine sehr junge Weingegend.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Der Vater von Beatrice und Jürg, Hanspeter Stutz (Foto unten), kaufte 1993 das Weingut in Grand Pré in der kanadischen Provinz Nova Scotia.
Bild: zVg
2000 öffnete das Weingut Grand Pré seine Türen. Auf dem Foto: Beatrice zusammen mit ihrem Bruder Jürg.
Bild: zVg
Aufgewachsen ist Beatrice im Kanton St. Gallen.
Bild: zVg
Zum Konzept des Familienbetriebs gehört auch ein Restaurant, das Le Caveau. Beatrice träumte schon als kleines Mädchen davon, einmal ein Lokal zu führen.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Ein Bild des Restaurants, wie es zu Beginn aussah.
Bild: zVg
In der Küche werden heute mit lokalen Zutaten kreative Gerichte gezaubert.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Anfangs probierte es Beatrice mit Schweizer Gerichten wie Rösti und Züri Geschnetzeltes, doch das habe nicht vollends funktioniert.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Herbst ist das Weingut ein Traum.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Jahr 2021 kam das Hotel The Inn dazu.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Im Haus lebte zuvor Hanspeter Stutz.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
Das Grundstück hat sich im Vergleich zu früher nicht stark verändert, aber doch einige Wandel durchgemacht. Hier ein Foto aus der Anfangszeit, als die Familie nach Kanada kam.
Bild: zVg
Dazugekommen ist auch eine Pergola, die an warmen Tagen draussen eine hübsche Sitzecke bietet.
Bild: zVg
Nova Scotia sei einfach «so wunderschön», schwärmt Beatrice Stutz.
Bild: Edelweiss_Loren Bedeli
2000 war das Jahr, in dem sie schliesslich ihre Koffer packte und zusammen mit ihrem damaligen Mann, ein Koch aus der Schweiz, auswanderte.
Die erste Ehe ging jedoch in die Brüche. «Es war nicht einfach für ihn, am Ende hatten wir nicht dieselben Ziele und sein Weg führte ihn wieder zurück in die Schweiz.»
Ihr neuer Mann, dem Beatrice 2014 das Jawort gab, lernte sie in der neuen Heimat kennen. «Ja, er ist Kanadier, und ja, er ist Koch», fügt die 53-Jährige schmunzelnd an.
Ein Neuanfang in Kanada
Die Mutter von Beatrice und Jürg konnte den Aufbruch ins neue Zuhause nicht miterleben. Sie starb einen Tag vor dem Geburtstag der Geschwister, die beide am selben Tag im Abstand von einem Jahr zur Welt kamen, im Jahr 1992 mit nur 45 Jahren.
«Ich glaube, mein Vater war danach parat für einen Neuanfang», meint Beatrice mit gesenkter Stimme. Sie wird nachdenklich und erinnert sich zurück an die Anfangszeit in Kanada.
Es sei nicht immer ganz einfach gewesen, am Anfang natürlich auch die Sprache eine Hürde. Englisch hätte sie aber schon in jungen Jahren bei einem Sprachaufenthalt in San Diego, USA, gelernt. «Es bedurfte einfach einer Auffrischung und all die Fachbegriffe musste ich zuerst einmal lernen.»
Wenn sie alles noch einmal von vorne machen würde, dann hätte Beatrice gerne jemanden an ihrer Seite, der aus dem Land stammt und ihr hilfreiche Tipps in betrieblicher Sicht geben könnte. «Wir haben einfach alles so gemacht, wie wir es für richtig hielten. Und letztlich hat es ja auch geklappt. Wir machten Fehler, lernten daraus und fanden irgendwann die Menschen, die uns halfen», reflektiert die St. Gallerin.
Die Herausforderung in einem neuen Land sei es, herauszufinden, wie dieser unbekannte Ort funktioniert. «Nur weil etwas in der Schweiz so gemacht wird, heisst es nicht, dass er woanders gleich funktioniert», erklärt Beatrice.
Wer auswandern will, müsse mutig und offen sein, sich nicht beschweren und sich bewusst sein, worauf man sich einlässt. «Wer seine Hausaufgaben nicht macht, muss es auf die harte Tour lernen.» Beatrice lacht und fügt hinzu, dass das eben mit allem so sei.
Familienbusiness war nicht immer ganz einfach
Nova Scotia ist für Beatrice zu ihrer neuen Heimat geworden, angekommen ist sie schon lange, weil es dort einfach «so wunderschön» ist. Klar, gab es Momente, in denen sie das Handtuch werfen wollte – das Business betreffend –, aber nach Hause zurückkehren? «Niemals!»
«Wenn du als Familie ein Business gründest, dann stellt dich das vor grosse Herausforderungen. Sitzungen werden oft emotional, mit deinem Bruder streitest du dich einfach schneller, als mit jemand Fremden.»
Manchmal bereue sie es, mit der ganzen Familie ein Unternehmen aufgezogen zu haben, denn in all den wichtigen Entscheidungen das Business betreffend, würde die Familie manchmal hinten anstehen und untergehen. «Es ist einfach unglaublich schwer, Privates und Arbeit zu trennen.»
Die Weingegend Nova Scotia ist noch relativ jung
Im kommenden Juni feiert Grand Pré Wines 25-jähriges Bestehen. Ein Grund zum Feiern, wie Beatrice anführt. «Und als ob wir uns abgesprochen hätten, fliegt Edelweiss genau ab Sommer 2025 nach Halifax und bringt uns mehr Schweizer in die Gegend», freut sich die Auswanderin.
Warum Nova Scotia eine Reise wert ist? Ein Lächeln macht sich auf Beatrices Gesicht breit, man merkt sofort, wie sie für ihr kanadisches Zuhause brennt. «Hach, da gibt es so viel Gründe. Die wunderschöne Natur natürlich – und die Weingegend ist im Vergleich zu all den Weingegenden mit ihrer uralten Geschichte noch relativ jung. Das bietet so viele Möglichkeiten.»
Vor allem gefalle ihr aber auch, dass die kanadische Provinz noch etwas zurückgeblieben ist, hier gehe alles noch etwas langsamer vonstatten. Beatrice befindet: «In der Schweiz ist alles entwickelt, alles geht so schnell, es ist perfekt und wunderschön, aber hier ist alles noch etwas ursprünglicher. Und wir sind umgeben vom Meer, die Landschaften sind einfach einmalig.» Zum Wandern, für Meeresfrüchte oder Tierbeobachtungen – wie beispielsweise Weisskopfseeadler-Beobachtungen – sei Nova Scotia genau das Richtige.
Auch wenn es für die Familie Stutz nicht immer einfach war, am Ende haben alle ihren Platz im Familienunternehmen gefunden. «Jeder von uns hat eine gewisse Verantwortung.»
Ob einer von Beatrices drei Söhnen oder Cäcilias zwei Jungs irgendwann in die Fussstapfen ihrer Eltern treten wird, soll die Zeit zeigen.
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