Elektromobilität boomtImmer mehr Unternehmen setzen auf Strom
Von Res Witschi
22.4.2021
Immer mehr Schweizer Unternehmen entscheiden sich für Elektroautos. Wie kommt es dazu und welche Vorteile hat eine E-Flotte? Zwei Experten haben Antworten.
Von Res Witschi
22.04.2021, 06:46
Res Witschi
Während Elektroautos in der Schweiz vor einigen Jahren noch mehrheitlich privat genutzt wurden, hat der Business-Bereich heute einen ähnlich hohen Marktanteil. Die Unternehmen holen also auf.
So auch Swisscom: Wie kürzlich verkündet, stellt das Telco-Unternehmen die Fahrzeugflotte bis 2030 komplett auf alternative Antriebe um – ein ambitioniertes Ziel bei 2400 Fahrzeugen.
Weshalb vertrauen Unternehmen der Technologie mehr und mehr? Wir haben mit zwei Fachexperten gesprochen und ihnen alle wichtigen Fragen zur Elektromobilität in Unternehmen gestellt.
Luc Tschumper verantwortet das Projekt charge4work von Swiss eMobility und berät Unternehmen bei der Umstellung auf Elektromobilität. Stefan Reber ist verantwortlich für die Swisscom Fahrzeugflotte und setzt den Antriebswechsel gerade mit Vollgas – oder Vollstrom – um.
1. Ist eine Elektroflotte günstiger?
Die wohl brennendste Frage kann nicht abschliessend beantwortet werden, weil es wie immer: drauf ankommt. Luc Tschumper von Swiss eMobility sieht eine klare Tendenz, dass Elektroautos über den gesamten Lebenszyklus günstiger sind als vergleichbare Verbrenner.
Dies, obwohl elektrische Modelle beim Kauf noch deutlich teurer sind als Varianten mit fossilem Antrieb. Davon dürfe man sich aber nicht blenden lassen: Der Strom zum Laden kostet halb so viel wie fossiler Treibstoff und auch Service- und Unterhaltskosten fallen bei Elektroautos tiefer aus.
Trotzdem ist der Preis das grösste Fragezeichen bei der Entscheidung für Elektromobilität. Das bestätigt auch Stefan Reber von Swisscom: «Für unsere neuen, elektrischen Flottenfahrzeuge bezahlen wir über die Nutzungsdauer noch leicht mehr, als wir für die bisherigen Mittelklasse-Kombis ausgeben. Trotzdem legen wir jetzt los, damit wir unsere Klimaziele sicher erreichen. Mit dem Skoda Enyaq ist jetzt auch ein Fahrzeug auf den Markt gekommen, das unsere Anforderungen punkto Stauraum und Ausstattung erfüllt, und bei dem auch das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.»
2. Für welche Art von Unternehmen macht es Sinn, auf Elektroantrieb umzustellen?
Unternehmen können die Nutzung ihrer Fahrzeuge besser planen als Privatpersonen. Weil Elektroautos eine beschränkte Reichweite haben, war diese Planbarkeit in der Vergangenheit ein Vorteil gegenüber der privaten Nutzung. Laut Tschumper haben die neuen Modelle aber so hohe Reichweiten, dass die Bedürfnisse der allermeisten Schweizer Unternehmensflotten abgedeckt sind.
Das gilt auch für Swisscom: «80 Prozent unserer Personenwagen fahren Strecken, die bereits heute problemlos von einem Elektroauto abgedeckt werden könnten. Das wissen wir dank des Programms autoSense, mit dem wir die Nutzung unserer Flotte genau messen», so Reber.
Zur Art der Unternehmen meint Tschumper, dass bisher vor allem Fuhrparks mit Personenwagen umgestellt haben, weil das Angebot an Nutzfahrzeugen und deren Reichweite im Vergleich noch beschränkt sind. «Ein wichtiges Kriterium ist zudem auch die Grösse der Flotte, weil die ökologische Wirkung sehr gross ist», so Tschumper. «Deshalb steigen vor allem Firmen um, die Wert auf Innovation und Nachhaltigkeit legen.»
Die grosse ökologische Wirkung war bei Swisscom das wichtigste Argument für den Wechsel. Die konsequente Elektrisierung der Fahrzeugflotte von Swisscom wird bis 2025 zu Einsparungen von 4000 Tonnen CO2 pro Jahr führen. Die Mobilität macht damit rund die Hälfte der Emissionen aus, die in den nächsten Jahren eingespart werden sollen.
3. Können Mitarbeitende ihre Dienstwagen weiterhin privat nutzen?
Mitarbeitende im Aussendienst nutzen ihre Geschäftsautos in den meisten Fällen auch privat. Das zu ändern, stehe aber selten zur Diskussion, meint Tschumper. Die Beratungen zeigen ihm, dass fast alle Unternehmen die Privatnutzung weiterhin anbieten.
Bei Swisscom ist die Privatnutzung sogar Bedingung, meint Reber: «Unser Aussendienst muss effizient arbeiten können. Dazu müssen unsere Mitarbeitenden die Fahrzeuge über Nacht zu Hause laden können. So starten sie ihre Routen morgens mit voller Batterie von zu Hause aus und bleiben unabhängig sowie effizient.»
4. Wer stellt die Ladeinfrastruktur bei den Mitarbeitenden zu Hause bereit?
Dass Mitarbeitende ihre Elektroautos über Nacht zu Hause laden können, bedingt die entsprechende Ladeinfrastruktur. Auch hier bestätigt Tschumper, dass die meisten Unternehmen diese jeweils zur Verfügung stellen, mit verschiedenen Finanzierungsmodellen.
Swisscom setzt zurzeit auf ein Pull-Prinzip. Die Mitarbeitenden erhalten ein Elektrofahrzeug, wenn sie zu Hause die Ladeinfrastruktur installieren oder mieten können. Swisscom bezahlt den Mitarbeitenden die Ladestationen inklusive Stromkosten mit einer monatlichen Pauschale über den Zeitraum von vier Jahren zurück. Die Installation und den Betrieb der vordefinierten Infrastruktur übernimmt die Tochter Cablex.
5. Wie geht man am besten vor, um seine Unternehmensflotte zu elektrisieren?
Beide Experten empfehlen eine sorgfältige Planung sowie eine Umsetzung in Etappen. Swisscom plant die Umstellung seit zwei Jahren und hat mehrere Pilotprojekte durchlaufen. Die Umsetzung in Etappen erlaubt es, laufend von der Praxis zu lernen und die Erkenntnisse in den nächsten Schritten zu berücksichtigen.
Zudem sind sich beide Experten einig, dass jetzt ein guter Moment für die Umstellung ist. Aus Unsicherheit oder Vorsicht noch weiter abzuwarten, mache keinen Sinn. Das Angebot ist da, Ladestationen sind genug verbreitet und die Nachfrage zeigt klar, wohin der Trend geht: Elektroautos haben Zukunft!
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