Bötschi fragt Urs Meier: «Mit Stephan Lichtsteiner hatte ich öfters Lämpen»

Von Bruno Bötschi

28.2.2019

Urs Meier über das Spiel mit dem Ball: «Es ist richtig, dass man sich Gedanken über den Fussball macht. Ich sage immer, Fussball ist das Leben in 90 Minuten.»
Urs Meier über das Spiel mit dem Ball: «Es ist richtig, dass man sich Gedanken über den Fussball macht. Ich sage immer, Fussball ist das Leben in 90 Minuten.»
Bild: zVg

Fussball-Experte Urs Meier sagt, welches das geilste Haushaltgerät ist, erzählt von seiner schlimmsten Jugendsünde und verrät, warum er Frauen nicht anlügen kann.

Teleclub Fernsehstudio in Volketswil, kurz nach 18 Uhr: Urs Meier wartet in der Gästelounge. Ein Mann in Kochuniform bereitet Häppchen und Getränke vor. Von irgendwo ist die Stimme des Moderators Roman Kilchsperger zu hören.

«Teleclub ist seit dieser Saison die Wohngemeinschaft des Schweizer Fussballs», so hat es die NZZ kürzlich geschrieben. Helden der Vergangenheit kommentieren Helden der Gegenwart. Eine eingeschworene Gang, die Spass hat.

Bald werden Moderator und Fussballexperte ins Studio entschwinden – die Champions League wartet. Aber vorher ist noch ein halbes Stündchen Zeit für ein paar Fragen an Meier, die Frohnatur.

Herr Meier, ich stelle Ihnen in den nächsten 30 Minuten möglichst viele Fragen. Und Sie antworten möglichst kurz und schnell. Wenn Ihnen eine Frage nicht passt, sagen Sie einfach «weiter». – Durchschnittlich, wie viele Stunden Schlaf?

Sieben bis acht Stunden.

Typische Urs-Meier-Worte gleich nach dem Aufwachen?

Guten Morgen, meine Schätze.

Wann sind Sie still – ausser im Schlaf?

Im Flugzeug – ich fliege sehr viel, bis zu 140 Flüge pro Jahr. Während dem Fliegen habe ich gern meine Ruhe.

Was ist immer in Ihrem Kühlschrank zu finden?

In der Regel ein kühles Bier.

Welches Haushaltsgerät gehört in jede Schweizer Küche?

Ein Thermomix. Ich habe jahrelang Haushaltsgeräte verkauft. Den Thermomix lernte ich jedoch erst vor fünf Jahren kennen. Er ist nicht im normalen Handel erhältlich. Seit ich ihn kenne, weiss ich: Er ist das geilste Haushaltsgerät.

Haushaltgeräte? Urs Meier war lange Zeit Besitzer einer Haushaltgeräte-Firma. Wenn der Spitzenschiedsrichter nicht pfiff, verkaufte er Dosenöffner und Brotschneidemaschinen. Momoll.

Das Haushaltsgerät, dass Sie sich bewusst noch nicht geleistet haben?

Ähm ... ich bin, ehrlich gesagt, nur selten im Haushalt tätig. Was ich bisher noch nicht gekauft habe? Einen Dyson Stab-Staubsauger. Aber ich glaube, es dauert nicht mehr lang, und dann werde ich einen kaufen – angeschaut habe ich ihn mir nämlich bereits.

Lieber Abwaschen oder Abtrocknen?

Abtrocknen.

Eine Jugendsünde, die Sie Ihren Eltern nie gebeichtet haben?

Ich habe eigentlich immer alles daheim erzählt, war ein sehr offenes Kind.

Als Teenager sollen Sie Mitglied einer Töffli-Gang gewesen sein.

Das stimmt – aber das wussten meine Eltern. Was sie aber wahrscheinlich noch nicht wissen: Zusammen mit einigen Freunden habe ich in Würenlos einmal fast den Wald abgefackelt. Ich glaube, diese Tat ist längst verjährt, deshalb darf ich sie heute erzählen. Wir versuchten, mit Streichhölzern auf einer Wiese Heu anzuzünden – zuerst hat es nicht funktioniert, bis zum allerletzten Streichholz. Kaum fing das Heu Feuer, breitete es sich in Richtung Wald aus. Meine Freunde und ich wussten nicht Besseres zu tun, als ins Dorf zurückzurennen und uns zu verstecken. Kurz danach war bereits das Horn des Feuerwehrautos zu hören. Wir sind dann von der anderen Seite des Waldes zum Tatort zurückgelaufen, um den Löscharbeiten zuzusehen. Man hat nie herausgefunden, dass meine Freunde und ich die Brandstifter waren. Zum Glück ist nichts wirklich Schlimmes passiert.

Wirklich wahr, dass Sie mit 10 das schnellste Töffli von ganz Würenlos besassen?

Das ist richtig und war ganz wichtig für mich.

Es soll 70 Stundenkilometer schnell gefahren sein.

72.

Hat Sie die Polizei je erwischt?

Eigentlich nicht – und wenn mich doch einmal der Dorfpolizist angehalten hat, sagte er meistens nur, ich solle meinen Grosseltern und Eltern einen lieben Gruss ausrichten. Er war ein total lieber Mensch. Und selbstverständlich habe ich die Grüsse immer ausgerichtet.

Urs Meier über Ex-Fifa-Chef Sepp Blatter: «Sepp ist ein wunderbarer Mensch.»
Urs Meier über Ex-Fifa-Chef Sepp Blatter: «Sepp ist ein wunderbarer Mensch.»
Bild: zVg

Wann bekamen Sie zuletzt eine Busse aufgebrummt?

Die war teuer ... das war in Deutschland, als ich einmal zu schnell gefahren bin.

Die teuerste Busse, die Sie je berappen mussten?

Meine letzte Busse war auch gleichzeitig die teuerste bisher. Ich glaube, es waren 250 Euro.

Woran erkennen Sie einen Schweizer?

An der Pünktlichkeit.

Die NZZ schrieb in einem Porträt über Sie: «Meier gilt als Macher, als nicht zurückschreckender Kommunikator, als partiell zum Chaos neigender Selbstdarsteller.» – Wahr oder nicht?

Teilweise ist das sicher richtig. Wer vorausgehen und etwas ändern will, der eckt auch einmal an oder gilt als Selbstdarsteller. Winkelried war wahrscheinlich auch ein Selbstdarsteller, aber er hat für eine Sache gekämpft. Und das finde ich gut.

Kürzlich waren Sie bei Claudia Lässer in der Teleclub-Sendung «Zoom Persönlich» zu Gast. Sie sagten unter anderem: «An erster Stelle kommt Fussball, an zweiter Stelle kommt Fussball und an dritter Stelle vielleicht meine Frau.» – An welcher Stelle kommen eigentlich Ihre drei Kinder?

Diese Aussage hat sich auf die Zeit bezogen, als ich noch als Schiedsrichter tätig war. Heute ist das total anders. Heute ist meine Familie an erster und zweiter Stelle, alles andere kommt danach.

Fernsehen schauen, lieber mit oder ohne Schuhe?

Ohne.

Ihr Wohlfühl-Pulli?

Irgendein Teil von Adidas.

Sie wurden kürzlich 60: Ihr übelstes körperliches Gebrechen?

Ich wüsste von nichts.

Fussball – die schönste Nebensache der Welt?

Absolut.

Machen sich die Menschen zu viele Gedanken über Fussball?

Nein. Es ist richtig, dass man sich Gedanken über den Fussball macht. Ich sage immer, Fussball ist das Leben in 90 Minuten.

Wieso schafft es die Schweizer Nationalmannschaft an den Weltmeisterschaften nie weiter als in den Achtelfinal?

Das habe ich mich nach der letzten Weltmeisterschaft auch gefragt. Davor war es ja immer klar: Die Zielsetzungen wurden viel zu wenig hoch gesetzt, weil Trainer und Mannschaft zu bescheiden auftraten. An der letzten WM wurde zum ersten Mal die Devise rausgeben: Wir wollen in den Viertelfinal kommen. Das empfand ich als positiv. Leider hat es dann aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Aber diesmal hätte es die Mannschaft draufgehabt, glaube ich.

Wann haben Sie zum letzten Mal das San-Siro-Stadion in Mailand besucht?

Das muss vor drei, vier Jahren gewesen sein, die AC Milan spielte gegen Inter Mailand.

Bekommen Sie immer noch Gänsehaut, wenn Sie heute das San-Siro-Stadion besuchen?

Ja – und es war das bisher einzige Spiel, seit ich aufgehört habe als Schiedsrichter zu pfeifen, bei dem ich dachte: Jetzt stände ich gern noch einmal auf dem Platz.

Roman Kilchsperger spaziert in die Lounge herein, im Schlepptau einige Publikumsgäste. «Und da sitzt unser Streber, der Urs Meier», witzelt der Moderator, «entweder kommt er zu spät oder zu früh.» Alle lachen.

Pep Guardiola oder Jürgen Klopp?

Jürgen Klopp, ganz klar.

Gianni Infantino oder Joseph Blatter?

Kann ich irgendeinen Joker nehmen?

Können Sie.

Sagen wir es so: Ich hatte mit Sepp Blatter bisher mehr zu tun, kenne ihn deshalb besser – und er ist mir menschlich näher. Sepp ist ein wunderbarer Mensch.

Messi oder Ronaldo?

Eine ganz schwierige Frage. Vor drei, vier Jahren hätte die Antwort klar ‘Messi’ gelautet. Aber in letzter Zeit spielt sich Ronaldo mehr und mehr in den Vordergrund. Seine Entwicklung ist genial.

Wer ist der bis anhin beste Fussballer überhaupt?

Zinédine Zidane.

Und die grösste Sportlerin beziehungsweise der grösste Sportler?

Am meisten beeindruckt bin ich von Muhammad Ali.

Urs Meier über seine Arbeit als Schiedsrichter: «Die 90 Minuten, die ich am allermeisten genossen habe, gab es 2004: das EM-Spiel Italien gegen Schweden.» (Archivbild)
Urs Meier über seine Arbeit als Schiedsrichter: «Die 90 Minuten, die ich am allermeisten genossen habe, gab es 2004: das EM-Spiel Italien gegen Schweden.» (Archivbild)
Bild: Keystone

Sie sind als TV-Experte bei Teleclub für die UEFA-Champions-League-Spiele tätig. Macht’s Spass?

Es ist super.

Die «NZZ am Sonntag» schrieb kürzlich von der «Wohngemeinschaft des Schweizer Fussballs» – wahr oder nicht?

Sie sehen ja heute Abend selbst, wie gut wir es zusammen haben. Ich finde, Champions League und Teleclub ist eine Kombination, die einfach passt.

Marcel Reif – eine Respektperson?

Unbedingt – aber er ist nicht nur eine Respektsperson, Marcel hat auch eine unheimlich grosse Erfahrung. Und er ist ein Mensch, der einen weiterbringt im Leben.

Muss die Champions League reformiert werden – und wenn ja, wie?

Die Champions League muss darauf achten, dass sie attraktiv bleibt. Damit die Qualität erhalten bleibt, sollte die Vorrunde nicht noch weiter aufgeblasen werden.

Seit 2005 sind Sie bei Fussball-Übertragungen auch regelmässig als Experte für das ZDF tätig. Wie war das am Anfang, als Sie zum ersten Mal neben Fussball-Ikonen wie Franz Beckenbauer Ihre Meinung kundtun mussten?

Ich hatte nie ein Problem damit. Ich tat es von Anfang so, wie ich es als Schiedsrichter auf dem Platz gemacht habe – auf Augenhöhe. Ich erinnere mich, dass ich Franz Beckenbauer bereits nach dem ersten Spiel kritisierte. Wir waren wegen eines Foulspiels nicht gleicher Meinung. Am Tag danach rief mich ein Journalist an und sagte, ich hätte dem Kaiser widersprochen.

Was antworteten Sie ihm?

Wir haben in der Schweiz keinen Kaiser. – Und sowieso: Beckenbauer hatte kein Problem mit meiner Kritik. Er ist ein ganz toller Mensch – und auf dem Boden geblieben. Ich erinnere mich immer wieder gern an den EM-Final 2008 in Wien, als er während eines Apéros plötzlich vor mir stand und mich und meine Frau herzlich begrüsste.

Apropos ZDF-Engagement – müssen Sie Deutschland von Berufs wegen mögen?

Ich mag Deutschland auch sonst, weil dieses Land vieles sehr gut macht. Und gerade wir Deutschschweizer, die Deutschland oft kritisch beäugen, sollten öfter einmal unseren nördlichen Nachbarn ‘Danke’ sagen für das, was sie alles für die Schweiz gemacht haben. Deutschland ist ein gutes Land, ich mag es sehr.

Ihre TV-Karriere – Glück gehabt oder warum gerade Sie?

Vieles im Leben ist Zufall. Aber Zufall heisst für mich, es fällt einem zu. Und warum ist es gerade mir zugefallen? Natürlich auch, weil ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen bin. Aber das wäre jetzt eine längere Geschichte. Ich weiss nicht, ob die Zeit reicht, um sie zu erzählen.

Nur zu.

Während eines Vortrages bei der FIFA hörte mich Wolfgang Niersbach, der damals Funktionär beim Deutschen Fussball-Bund war. Scheinbar habe ich ihn überzeugt, jedenfalls fragte er mich vor der Fussball-Weltmeisterschaft 2006, ob ich einigen deutschen Top-Journalisten in 15 Minuten beibringen könnte, dass sie eigentlich keine Ahnung von den Fussballregeln hätten. Ich nahm die Herausforderung an und hielt Wochen später im deutschen Rust diesen Kurzvortrag. Während dieses Anlasses sah mich Dieter Gruschwitz, der damals beim ZDF die Leitung der Hauptredaktion Sport inne hatte. Kurz darauf kam die Anfrage vom Fernsehen, ob ich als Experte dabei sein möchte.

Sie leiteten in 27 Jahren 883 Fussballspiele, waren seit 1994 FIFA-Referee: Welches waren die absolut schönsten 90 Minuten, die Sie als Schiedsrichter erleben durften?

Die 90 Minuten, die ich am allermeisten genossen habe, gab es 2004: das EM-Spiel Italien gegen Schweden. Ich war damals so stark wie in keinem anderen Spiel davor – und auch danach nicht mehr.

Dank Konstanz auf hohem Niveau wurde Meier zu einem der weltbesten Schiedsrichter. Verwehrt geblieben ist ihm die Leitung eines Endspiels an einer EM- oder WM-Endrunde. Lange wäre dies für ihn das höchste aller Gefühle gewesen.

2002 wurden Sie zum zweitbesten Schiedsrichter der Welt gewählt. Dem Sieg nachgetrauert?

Nein – weil von Anfang klar war, dass Pierluigi Colina gewinnen würde. Er hatte den WM-Final gepfiffen.

Was hat Pierluigi Colina, was Sie nicht haben?

Seine Bekanntheit und eine Glatze. Und man muss klar sagen: Colina hat uns Schiedsrichtern gutgetan und viel geholfen. Es war damals gerade die Phase, als die Champions League zum ersten Mal richtig medial aufgearbeitet wurde und neben Colina noch andere Schiedsrichter, etwa Kim Milton Nielsen und Markus Merk, ebenfalls Star-Status erreichten.

Wie oft wurden Sie während Ihrer Karriere als Schiedsrichter von einem Spieler auf dem Feld als «Arschloch» betitelt?

Vielleicht hat ein Spieler beim Vorbeigegehen dieses Wort gemurmelt, aber face to face habe ich es nie erlebt.

Die schlimmste Beleidigung, die Sie auf dem Platz jemals ertragen mussten?

Das war, als mich der Trainer des FC Luzern als «Rassist» betitelt hat. Das tat extrem weh. Man kann mir viel nachsagen, aber nicht, dass ich eine rassistische Einstellung hätte.

Wann kamen Sie sich das letzte Mal wie ein Idiot vor?

Das passiert ab und zu (lacht laut).

2002 leiteten Sie das Spiel Basel gegen GC. Als Sie einen falschen Penalty pfiffen, verwandelte sich das Stadion, in dem die Stimmung ohnehin aufgeladen war, in einen Hexenkessel. Je Angst gehabt, vielleicht sogar Todesangst, während Ihrer Arbeit als Schiedsrichter?

Es gab Spiele, bei denen ich Angst hatte, aber Todesangst hatte ich zum Glück nie. Bei besagtem Spiel Basel-GC warf ein Fan meinem Assistenten einen Gegenstand an den Kopf. Deshalb drohte der Abbruch. Diesen wollte ich unter allen Umständen verhindern, denn das Spiel fand nur zwei Wochen vor der Abstimmung über den Austragungsort der Fussball-EM 2008 statt, für die sich die Schweiz gemeinsam mit Österreich beworben hatte. Es war einfach ein unglaublich schwieriges Spiel – und natürlich war mein Penaltypfiff eine Katastrophe. Ja, es war einer meiner grössten Fehlentscheide als Schiedsrichter. Ich hatte die Situation total falsch eingeschätzt.

Im EM-Viertelfinal 2004 zwischen England und Portugal annullierten Sie in der 89. Minute ein Tor des Engländers Sol Campbell – England verlor das Spiel im Penaltyschiessen und schied aus. Sie erhielten in der Folge Polizeischutz. Seither jemals wieder in England gewesen?

Ja, nach ein paar Jahren bin ich wieder hingereist. Ich weilte mit meiner Familie einige Tage in einem guten Hotel. Während des Aufenthalts hat nie jemand eine Bemerkung gemacht, erst beim Auschecken meinte der Rezeptionist: «Herr Meier, wir haben Sie natürlich schon erkannt.» Mehr ist nie passiert.

Nach dem Spiel hatten Reporter von «The Sun» eine riesige englische Flagge vor Ihrem Haus in Würenlos ausgerollt: Was ist eigentlich mit der Flagge passiert?

Die Flagge wurde von der Polizei beschlagnahmt. Ich hätte sie gern zurückgehabt, habe sie aber leider nicht bekommen. Wo die Flagge heute ist, weiss ich nicht. Ich habe die Sache danach nicht mehr weiterverfolgt.

Schiedsrichter müssen auf dem Platz extrem schnell entscheiden. Fiel Ihnen das immer leicht?

Ja. Je länger ich als Schiedsrichter gearbeitet habe, desto besser konnte ich ein Spiel lesen. Mein Verständnis für den Fussball wurde immer grösser. Mit zunehmender Erfahrung fiel es mir immer leichter, Entscheidungen zu treffen.

Träumen Sie heute manchmal nachts noch von Ihren Zeiten als Schiedsrichter?

Ganz sicher nicht.

Urs Meier über die Champions League: «Damit die Qualität erhalten bleibt, sollte die Vorrunde nicht noch weiter aufgeblasen werden.»
Urs Meier über die Champions League: «Damit die Qualität erhalten bleibt, sollte die Vorrunde nicht noch weiter aufgeblasen werden.»
Bild: Teleclub

Wollen Sie sich hier und heute bei einem Spieler entschuldigen?

Ja, das möchte ich – und zwar bei Akis Zikos von der AS Monaco. Ihn stellte ich 2004 im Champions-League-Halbfinal kurz vor Schluss des Spieles vom Platz. Als ich die Szene nach dem Spiel nochmals angesehen habe, realisierte ich: Es war ein grober Fehlentscheid.

Was war passiert?

Ich bin auf die Schauspieleinlage eines Chelsea-Spielers reingefallen. Die rote Karte war absolut unnötig.

Heute halten Sie Vorträge, zeigen Parallelen zwischen dem Fussball und der Wirtschaft auf. Der Titel eines Ihrer Referate lautet: «Faires Miteinander im Business». Denken Sie nicht auch, es wäre dringend an der Zeit, dass die Herren Messi und Ronaldo Ihnen ebenfalls einmal zuhören sollten. Beide wurden wegen millionenhoher Steuerdelikte verurteilt.

Diese Doppelmoral nervt mich auch. Fairplay ist nicht nur wichtig auf dem Fussballplatz, sondern auch sonst im Leben – und gerade dann, wenn jemand so viel Geld verdient. Sie haben recht, es wäre gut, wenn die beiden Spieler bei einem meiner Referate dabei sein würden.

Fussballer-Löhne – angemessen oder nicht?

Ich sage immer: Es gilt Angebot und Nachfrage. Wenn das Geld da ist, warum sollen die Löhne nicht derart hoch sein? Ich bin auch Geschäftsmann – und als solcher muss ich sagen: Wenn ich einen Spieler für 200 Millionen Franken einkaufen kann und er bringt mir danach einen Gewinn von 20, von 50 oder von 100 Millionen, ja verdammt nochmal, dann würde ich das auch machen. Welcher Geschäftsmann würde so etwas nicht tun?

Mit welchen drei Fussballprofis würden Sie gern ein Wochen Ferien auf einer einsamen Insel verbringen?

Ich konnte nie ein Spiel pfeifen, in dem Messi spielte, deshalb würde ich gern mit ihm in die Ferien gehen. Auch mit Ronaldo würde ich gerne in die Ferien fahren – und mit Stephan Lichtsteiner. Mit ihm hatte ich als Schiedsrichter öfters «Lämpen».

Warum hat sich nach wie vor kein aktiver Spitzen-Fussballer als schwul geoutet?

Ähhh ... weil die Spieler genau wissen, was dann passieren würde. Schwul sein ist nach wie vor ein Tabuthema im Fussball. Ich finde es schade, Schiedsrichter outen sich unterdessen ja auch.

Mit welchen Worten bricht man höflich ein Telefongespräch ab?

Keine Ahnung ... oder doch: Meine Tochter braucht mich.

Der Fussball hat ein grosses Problem: der Hooliganismus.

Dieses Problem kennt nicht nur der Fussball, sondern es ist ein Problem unserer Gesellschaft. Schwierig finde ich, dass seit Jahren mit den gleichen Methoden versucht wird, das Problem in den Griff zu kriegen. Ich bin überzeugt davon, nur ein anderer Umgang mit den Fans kann uns weiterbringen. Statt auf Repression zu setzen, sollte ein Belohnungssystem eingeführt werden.

Müssen die Schweizer Klubs mehr Fanarbeit leisten?

Nicht nur die Klubs müssten das tun, auch die Politik ist gefordert. Es finden regelmässig Runde Tische statt, an den immer die genau gleichen Leute zusammensitzen und die gleichen Ideen diskutieren, statt endlich einmal über den Tellerrand zu schauen und neue Ideen zu realisieren.

Welcher Schweizer Fussballklub liegt Ihnen am meisten am Herzen?

Mein Heimatklub, der SV Würenlos.

Als Fünfjähriger hat sich Meier jeweils eine Stunde vor Spielbeginn der Drittliga-Heimpartien des SV Würenlos auf dem Sportplatz eingefunden – er wurde sodann als Linienrichter eingesetzt. Meier erklärt diese frühe Berufung mit seinem Sinn für Gerechtigkeit.

GC und FCZ – Zusammenschluss ja oder nein?

Kurzfristig würde damit vielleicht eine Leistungssteigerung erreicht. Aber ich bin so aufgewachsen, dass GC und der FC Zürich zwei Vereine sind. Und ich bin eigentlich der Überzeugung, dass beide Vereine erfolgreich nebeneinander existieren können. Vom Gefühl her sage ich deshalb: nein.

Auf dem Eis hat der Zusammenschluss vom Zürcher SC und den GCK Lions doch auch ganz gut funktioniert?

Das stimmt. Aber im Eishockey war damals GC nicht in der gleichhohen Spielklasse wie der Zürcher SC. Ich weiss aus eigener Erfahrung, wie kompliziert es ist, zwei Mannschaften zusammenzubringen. Ich hätte vor Jahren die Fussballklubs von Wettingen und Baden zusammenbringen sollen. Es hat nicht geklappt.

Sie leben heute mit Ihrer Familie in Marbella, Spanien – in welcher Liga spielt eigentlich der FC Marbella?

In der Segunda División B, dritthöchste Spielklasse.

Frauenfussball – ja oder nein?

Unbedingt.

Je ein Frauen-Fussballspiel gepfiffen?

Einmal – den Schweizer Cupfinal.

Vor einigen Jahren sagten Sie in einem Interview, dass dem Frauenfussball noch etwas die Dynamik fehlen. Wie sehen Sie das heute?

Der Frauenfussball hat sich stark entwickelt in den letzten Jahren – und er wird das auch noch weiter tun. Aber es liegt in der Natur der Sache, dass die Dynamik bei den Frauen geringer ist als bei den Männern. Trotzdem ist Frauenfussball nicht weniger spannend. Ich bin seit Jahren ein Fan, schaue während der WM fast alle Spiele. Früher gab es dort zwei, drei gute Mannschaften, heute sind es mindestens zehn Nationen, die tollen Fussball zeigen.

Sind Sie gut im Frauen anlügen?

(Lacht) Das Problem ist: Ich kann eine Frau schon anlügen, aber sie merkt es früher oder später sowieso.

Welchen internationalen Star halten Sie für begehrenswert?

Vom Aussehen her? Also Roger Federer ist sicher erste Wahl.

Und bei den Frauen?

Die Sprinterin Merlene Ottey fand ich früher sehr begehrenswert. Sie trainierte vor Jahren einmal mit uns zusammen auf Gran Canaria.

Es muss nicht unbedingt eine Sportlerin sein.

Ach so, es kann irgendein internationaler Star sein … ich dachte jetzt nur an den Bereich Sport … Wer gefällt mir? Ach, meine Frau natürlich.

Welches Kompliment klappt immer?

Schöne Augen.

Mal für eine schöne Frau gesungen?

Nein, aber eine Frau hat schon für mich gesungen.

Warum wollen Frauen immer gleich heiraten?

Weiss ich nicht, bei mir war es jeweils umgekehrt.

Das grosszügigste Geschenk, dass Sie jemals einem Menschen gemacht haben?

Einen teuren Wein ... nein, halt, das Auto, das ich einmal verschenkt habe, war noch teurer.

Ihre teuerste Flasche Wein: wann, wo, wie viel?

Ich habe einmal für 2’000 Schweizer Franken einen Château Mouton-Rothschild mit dem Millenniums-Jahrgang 2000 gekauft.

Ihre Einsamkeitsbeschäftigung?

Fernsehen.

Dieses Jahr schon ein gutes Buch gelesen?

Heute Morgen habe ich angefangen, das Buch «Football Leaks» zu lesen.

Ihr Lieblingssatz in der Bibel?

Selig sind die, die das Wort Gottes hören und bewahren.

Tollste Sache, die man sich für fünf Schweizer Franken kaufen kann?

Was kann man mit fünf Franken kaufen? Ähm ... ich würde einen Chupa Chups für meine Tochter kaufen und sie glücklich machen.

Was würden Sie als Erstes tun, wenn Sie nochmal einen Tag lang 16 sein könnten?

Keine Ahnung ... wahrscheinlich würde ich in irgendeine Disco gehen und tanzen.

Und jetzt ist Zeit für: Fussball!

Zur Person: Urs Meier

Urs Meier ist 1959 geboren und wuchs im aargauischen Würenlos auf. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre und machte sich später als Unternehmer für Haushaltgeräte selbstständig. 1977 begann er die Ausbildung zum Schiedsrichter mit dem Ziel auf eine Profikarriere. Heute ist internationaler Schiedsrichter-Beobachter, TV-Experte bei Teleclub für die UEFA-Champions-League-Spiele, ZDF-Kommentator, Buchautor und Referent für Führungskräfte.

«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
Bild: zVg
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