Für viele Frauen gehört der BH einfach dazu. Anderen gilt er als Symbol der sexuellen Unterdrückung. Ist er nun zwickend und einengend oder ein geschmackvolles Kleidungsstück? Zwei «Bluewin»-Redaktorinnen sind sich uneins.
Ich bin eine erwachsene Frau, und ich kleide mich gerne auch so.
Von Mara Ittig
Seit ich Brüste habe, besteht Unterwäsche für mich aus zwei Teilen: Einem Slip und je nachdem einem BH, einem Bustier oder wahlweise einer Bralette. Obwohl ich wahrscheinlich auch darauf verzichten könnte. Viel gibt es für den Büstenhalter bei meiner zierlich-sportlichen Figur nicht zu stützen. Aber ich fühle mich mit BH besser und eindeutig angezogener. Ohne komme ich mir nackt vor.
Ohne BH würde mir auch optisch etwas fehlen: Ich finde, dass es etwas mit Self-Care zu tun hat, sich in schöne Unterwäsche zu hüllen. Die ich ganz für mich alleine trage, ausser mir bekommt sie ja niemand zu Gesicht. Ich fühle mich dadurch besser. Und dazu brauche ich eben zwei Teile. Nicht bloss eine Unterhose. Denn: Ich bin gerne eine Frau. Und ich habe gerne Brüste (also ich trage gerne selbst welche). Die dürfen ruhig auch schön verpackt sein.
Und ohnehin: Was wäre denn die Alternative? Nichts? Ein Unterliibli wie es Primarschülerinnen tragen? Oder Bruce Willis in «Die Hard»? Ohne mich. Ich bin eine erwachsene Frau, und ich kleide mich gerne auch so. Abgesehen davon, dass es für mich auch völlig okay ist, wenn nicht meine gesamte Entourage und jede Zufallsbekanntschaft im Tram oder auf der Strasse weiss, wie meine Nippel aussehen.
Wer meint, BHs seien unbequem, hat einfach den richtigen noch nicht gefunden. Wenn der BH zwickt und zwängt, sitzt er schlicht nicht. Ein Gang ins Fachgeschäft schafft hier schnell Abhilfe. Es gibt ausserdem zahlreiche schöne Modelle ohne Bügel, Gepushe und Gequetsche.
Obendrein sieht der Busen in der richtigen Verpackung auch besser aus. Denn seien wir mal ehrlich: Die Schwerkraft arbeitet nicht pro Busen, etwas Unterstützung schadet da nicht.
Der BH ist ein Gefängnis – weg damit!
Von Marianne Siegenthaler
Bei der Wahl zur Miss America am 7. September 1968 krönten Feministinnen stellvertretend ein Schaf zur Schönheitskönigin. Dann gaben sie noch eins drauf und schmissen BHs, Lockenwickler, High Heels und Lippenstifte in einen «Freiheits-Mülleimer», der angeblich danach angezündet wurde. Ob er wirklich brannte, ist umstritten. Historikerinnen jedenfalls haben da ihre Zweifel. Aber wie auch immer: Es ging damals um die Forderung nach körperlicher Selbstbestimmung.
Guter Plan, der sich aber bis heute nicht wirklich durchgesetzt hat. Zumindest nicht, was die Unterwäsche anbelangt. Wenn ich mich in der Dessous-Abteilung eines Warenhauses umschaue, kann ich nur staunen: Ein bisschen Spitze, ein bisschen Stoff? Nein. Bei den BHs geht ohne Metallbügel, die gnadenlos auf die Rippen drücken, gar nichts. Und dazu sorgt jede Menge Schaumstoff oder Gel oder was immer für richtig «Holz vor der Hütte» – wie manche Männer einen vollen Busen bezeichnen. Dank Push-up wird der Busen bis zur Schmerzgrenze in Form gedrückt, sodass jedes noch so magere Teenie-Dekolleté was hermacht. Und natürlich die Blicke der Männer auf sich zieht.
Und da gibt es doch tatsächlich Frauen, die behaupten: Wir tragen diese Festungen aus Eisenstangen und Gelkissen nur für uns ganz allein. Genauso wie die Strings, die sich – seien wir ehrlich – anfühlen wie Zahnseide zwischen den Pobacken. Seit einiger Zeit bereichert sogenannte Shapewear, also «figurformende Unterkleider» die Folterkammer der Unterwäsche. Damit sollen allfällige Speckröllchen weggezaubert werden. Oder eher weggepresst. Das stelle ich mir extrem unbequem vor. Wenn nicht gar schmerzhaft. Vor allem aber total überflüssig. Ebenso wie die Stahlträger-Push-up-BHs. Wozu soll ich meinen Busen auf zwei Stück Eisen packen und wie ein Bollwerk vor mir hertragen? Ich ziehe es vor, wenn mir Männer in die Augen schauen. Nicht auf den Busen. Oder den Hintern.
Ich mache die grösste Wette, dass die Erfinderin des Büstenhalters, die Amerikanerin Mary Phelps Jacob, keine Freude hätte an den Zwangsjacken, die heute als BH verkauft werden. Sie hat ihn nämlich damals erfunden, weil sie sich durch die Stäbe ihres Korsetts eingeengt fühlte. Also suchte sie eine Alternative. Sie griff zur Schere, Nadel und Faden und nähte den ersten BH. Auf dass sich die Frauen in Zukunft nicht mehr in starre Formen pressen lassen müssen, die ihnen den Atem nehmen. Damals war es das Korsett, in welchem Frauen gefangen gehalten wurden. Heute ist es der BH mit seinen Eisenstangen, Silikonkissen und Plastikträgern. Da gibt es nur eins: Weg damit!
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In der Rubrik «Kolumne» schreiben Redaktorinnen und Redaktoren, freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von «Bluewin» regelmässig über Themen, die sie bewegen. Leserinnen und Leser, die Inputs haben oder Themenvorschläge einreichen möchten, schreiben bitte eine Mail an: redaktion2@swisscom.com
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