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Bötschi fragt Patti Basler: «Ich habe viel dafür gemacht, dass ich zum Mobbingopfer wurde»
Von Bruno Bötschi
30.6.2020
Satirikerin Patti Basler hat viel zu erzählen – wann sie Bäume umarmt, welchen Politikern sie in den Hintern «ginggen» möchte und was ihre Aufgabe wäre, wenn die Welt in 365 Tagen untergehen würde.
Die Corona-Pandemie, respektive der Lockdown, sorgte in den letzten Monaten dafür, dass die «Bötschi fragt»-Gespräche telefonisch statt live stattfanden. Auch das Interview mit Patti Basler fand fernmündlich statt – an einem Freitagmorgen kurz nach 11 Uhr.
Beim ersten Versuch nahm Basler das Telefon nicht ab – beim zweiten Mal, einige Minuten später, jedoch schon. Mit sanft verschlafener Stimme erklärte die Satirikerin, dass sie nochmals eingenickt sei und übrigens noch den Pyjama anhabe. Auf die Nachfrage des Journalisten, ob das Gespräch verschoben werden solle, meinte sie: «Nein, legen Sie los.»
Frau Basler, wir machen ein Frage-Antwort-Spiel: Ich stelle Ihnen in den nächsten 30 Minuten am Telefon möglichst viele Fragen – und Sie antworten möglichst schnell und spontan. Passt Ihnen eine Frage nicht, sagen Sie einfach «weiter».
Einen Moment bitte, ich bewege mich noch kurz an einen Ort, an dem ich bequemer sitzen kann und der ein bisschen ruhiger ist. Bei uns im Limmattal wird gerade wie verrückt gebaut. Ein Wahnsinn!
Das Magazin «Frauenland» schrieb über Sie: «Wenn Patti Basler auf die Bühne kommt, wird es witzig und ernst, laut und chaotisch, schnell und direkt, manchmal komisch, manchmal frotzelnd und immer interessant.» – Was kommt auf einen zu, wenn man Patti Basler viele Fragen stellt?
Ungefähr das Gleiche, vielleicht noch etwas chaotischer. Denn auf der Bühne spiele ich ja nach meinen Plänen, während eines Interviews habe ich den Ablauf hingegen nur bedingt in der Hand.
Sie reden nicht nur gut, sondern auch gern. Stimmt das so?
Ja.
Ich sei der Investigativ-Journalist unter den Schweizer People-Schreiberlingen, sagten Sie mir im Vorgespräch. Sie waren deshalb anfänglich unsicher, ob Sie überhaupt mit mir reden wollen. Wieso tun Sie es jetzt trotzdem?
Zum Autor: Bruno Bötschi
«Bluewin»-Redaktor Bruno Bötschi spricht für das Frage-Antwort-Spiel «Bötschi fragt» regelmässig mit bekannten Persönlichkeiten. Bötschi hat viel Erfahrung mit Interviews. Für die Zeitschrift «Schweizer Familie» betreute er jahrelang die Serie «Traumfänger». Über 200 Persönlichkeiten stellte er dafür die Frage: Als Kind hat man viele Träume – erinnern Sie sich? Das Buch zur Serie «Traumfänger» ist im Applaus-Verlag, Zürich, erschienen. Es ist im Buchhandel erhältlich.
Bei mir gibt es nicht so viel zu investigieren, deshalb habe ich keine Angst vor diesem Gespräch. Ich bin sowieso ein relativ angstfreier Mensch.
Warum Patti, warum nicht Patricia?
PATRICIA!!! Und das gern in Grossbuchstaben geschrieben und mit drei Ausrufezeichen versehen, so hat man mich in der Kindheit gerufen, wenn ich etwas angestellt habe.
Apfel- oder Birnenbaum?
Birnen.
Wirklich wahr, dass Sie Ihre Jugend grösstenteils auf Obstbäumen verbracht haben?
Einen Grossteil meiner Sommerferien.
Wie oft von einem Baum runtergefallen?
Zwei-, dreimal sicher. Ich denke, das merkt man bis heute. Mindestens einmal bin ich auch auf den Kopf gefallen.
Je etwas gebrochen beim Runterfallen?
Keine Ahnung. Bei uns daheim ging man erst ins Spital, wenn ein Knochen rausgeschaut oder man mindestens drei bis vier Liter Blut verloren hat.
Was bedeutet ein Baum für Sie?
Ein Liebes- und ein Hassobjekt.
Kommt der Hass daher, weil Sie in den Sommerferien oft Obst pflücken mussten?
Genau.
Und die Liebe?
Hin und wieder umarme ich nach einer ausgelassenen Party Bäume, um wieder festen Stand zu bekommen.
Wann haben Sie zuletzt einen Baum umarmt?
Nach der letzten ausgelassenen Party.
Haben Sie auf einem Baum schon etwas erfunden?
Ich habe erfunden, wie man mit den Zähnen ein Gesicht in einen Apfel schnitzen kann.
Können Bäume wirklich miteinander kommunizieren?
Ich fürchte, ja.
Sind Bäume soziale Wesen?
In unserer Obstplantage waren sie sehr sozial, schon fast kommunistisch. Alle waren gleich gross, gleich geschnitten und standen in Reih und Glied da.
Menschen umarmen ist wegen der Corona-Pandemie gerade nicht sehr angesagt. Schlimm für Sie?
Das Schlimmste ist, dass mich nach der Corona-Pandemie niemand mehr umarmen kann, weil die Arme für meinen Körperumfang nicht mehr reichen.
Wenn die Welt in 365 Tagen untergehen würde – was wäre dann Ihre Aufgabe? Sie dürfen allerdings keinen Baum pflanzen.
Auch wenn ich erst gerade aufgestanden bin – ich wäre sicher nicht so blöd und würde einen Baum pflanzen, wenn ich wüsste, dass demnächst die Welt untergehen wird. Meine Aufgabe in den nächsten 365 Tage wäre die gleiche wie bisher: ein bisschen «Schwätze». Ich kann nichts anderes als Schreiben, «Schwätze», Denken – und zwar genau in dieser Reihenfolge.
Auf einer Skala von eins bis zwölf: Wie verrückt ist die Welt gerade?
… ich habe bereits aufgehört Ihnen zuzuhören, als Sie sagten «auf einer Skala».
Und wie verrückt sind Sie?
Gleiche Antwort wie vorhin.
Sie sind Satirikerin, Kabarettistin, Slammerin, Bühnenpoetin, Autorin und waren früher als Lehrerin tätig. Habe ich akzeptabel recherchiert oder irgendeine Berufsbezeichnung vergessen?
Sie haben, aber das passiert leider bei den Frauen regelmässig, meine drei höchsten Abschlüsse vergessen: Erziehungswissenschaftlerin, Soziologin und Kriminologin.
Warum machen Sie, was Sie machen, Frau Basler?
Das ist keine Frage des Wollens, das ist eine Frage des Müssens.
Was haben Sie während des Lockdowns am meisten vermisst?
Die Bühne.
Wie geht es Ihnen ohne Auftritte wirtschaftlich?
Das geht Sie einen feuchten Dreck an … so schlecht, dass ich irgendeinem «Bluewin»-Journalisten ein Interview geben muss, obwohl ich immer noch den Pyjama trage.
Haben Sie in den Wochen des Lockdowns neue Hobbys gefunden oder alte Leidenschaften wiederentdeckt?
Ich bin ein hobbyloser Mensch.
Die Kultur hat sich während des Lockdowns ins Internet verlagert. Es gibt Livestreams, Podcasts, Videogespräche zum Mitgucken, ganze Konzerte werden online gestellt. Gefällt Ihnen das?
Ich hatte keine Zeit dafür, weil ich Produzentin und nicht Konsumentin bin. Ich habe es allerdings vermieden, Comedy-Auftritte aus meiner Küche zu streamen. Stattdessen haben mein Bühnenpartner Philipp Kuhn und ich uns das Filmemachen und -schneiden richtig beigebracht. Wir haben während des Lockdowns also neue Skills gelernt.
Wie fühlte sich das Leben ohne Bühne und ohne Applaus an?
Hochkalorisch, dafür mit weniger Endorphinen.
David Bowie sagte einmal: «Alle meine grossen Fehler passieren, wenn ich versuche, einem Publikum zu gefallen. Meine Arbeit ist immer stärker, wenn ich sie nur für mich mache.» – Geht es Ihnen ähnlich?
Wenn man sich Künstlerin oder Künstler nennt, ist das schon fast eine Prämisse.
Der beste politische Witz?
Ich kann keine Witze erzählen.
Was ist Ihre erste Erinnerung an Politik?
Dass Frau Kopp in den Bundesrat gewählt worden ist.
Sie schrieben vor einem Jahr, Sie seien politisch ein Gutmensch ...
… damit ich privat ein Arschloch sein und das so kompensieren kann.
Sie verarschen ständig Menschen?
Nein.
Welcher politische Moment hat Sie geprägt – ausser die Neujahrsansprache 2000 des damaligen Bundespräsidenten Adolf Ogi neben einem Tannenbaum vor dem Lötschbergtunnel?
Mein Vater hat mich politisiert.
Welche politische Phrase möchten Sie am liebsten verbieten?
Keine. Ich bin gegen Sprachverbote.
Wann und warum haben Sie wegen Politik geweint?
Weinen ist ein Konzept, das bei mir nicht vorkommt, wenn es um Politik geht.
Könnten Sie jemanden küssen, der aus Ihrer Sicht falsch wählt?
Ja, denn sonst hätte ich noch nie jemanden geküsst.
Welche politische Ansichten Ihrer Eltern waren Ihnen als Kind peinlich?
Keine.
Waren Sie in Ihrer Schulzeit eher beliebt oder unbeliebt – und was haben Sie daraus gelernt?
Ich bin, wie die meisten Künstlerinnen und Künstler, ein typisches Mobbingopfer. Man muss ja einen Grund haben, warum man später auf die Bühne geht. Ich habe viel dafür gemacht, dass ich zum Mobbingopfer wurde. Man wird das ja nicht einfach so.
Was genau haben Sie unternommen?
Ich habe gezielt dafür gesorgt, dass man nicht alles gut findet, was ich mache.
Wann hatten Sie zum ersten Mal das Gefühl, mächtig zu sein?
Zum Glück habe ich das noch nie gehabt.
Und wann haben Sie sich das letzte Mal ohnmächtig gefühlt?
Im Umkehrschluss: eigentlich immer.
Sind Sie lieber dafür oder dagegen?
Dagegen sein macht meistens mehr Spass und setzt mehr Kreativität frei.
Was haben Sie anderen Menschen öfter geraten: A) sich zu trennen? B) sich nicht zu trennen?
Zu solchen Themen werde ich nur selten befragt.
Welches Gesetz haben Sie schon mehrmals gebrochen?
Ziemlich viele.
Wann zuletzt ein warmes Bad genommen?
Ich bade regelmässig in der Limmat – und je nachdem, ob sie die Schleusen oben bei der ABB kurz davor aufgemacht haben und das 45 Grad warme Kühlwasser abgelassen haben, ist es ein wärmeres oder kälteres Bad.
In diesem Sommer schon in die Limmat gesprungen?
Ja – also mehr reingeflogen.
Das müssen Sie erklären.
Ich stand heuer zum allerersten Mal auf einem Stand-up-Paddle, allerdings nicht sehr lange.
Werden Sie es nochmals versuchen?
Auf jeden Fall.
Was haben Sie gegen die Behauptung einzuwenden, der Aargau ist der am meisten unterschätzte Kanton der Schweiz?
Wir züchten regelmässig Bundesrätinnen heran und jetzt dann vielleicht einen Parteipräsidenten, der sogar das Buchstabenkürzel unseres Kantons in seinen Initialen trägt. Ich finde, das sind Leistungen, die andere zuerst einmal erreichen müssen.
Ihr Lieblingsort in Zeihen im Aargau, wo Sie aufgewachsen sind?
Nicht auf einem Obstbaum.
Wenn ein Tourist sich nach Zeihen verirren würde, was würden Sie ihm zeigen?
Einen Obstbaum.
Wie würden Sie einem Menschen, den Sie heute kennenlernen, Ihr Daheim beschreiben?
Mein Daheim würde ich keinem Menschen beschreiben.
Wenn wir uns mehr als fünf Jahre kennen würden: Würden Sie mir dann den Ort, wo der Aargau Ihrer Meinung nach am allerschönsten ist, verraten?
Wenn wir fünf Jahre bräuchten, um uns wirklich kennenzulernen, hätten Sie es nicht verdient, dass ich Ihnen das verraten würde.
Welches Gesicht hat das Böse?
Hm … eine gute Frage. Die meisten Menschen, die nie das Gefühl haben, sie seien ohnmächtig.
Dominic Deville oder Michael Elsener?
(Überlegt lange) Weiter.
Bernhard Russi oder Hausi Leutenegger?
Pfff … weiter (lacht).
Alain Berset oder Ueli Maurer?
Ueli Maurer.
Ein typisches Männerspiel, bei dem Sie unschlagbar sind?
Was ist ein typisches Männerspiel? Sackbillard vielleicht.
Ich habe Sie gefragt.
Im Stehen pinkeln kann ich. Und ich kann meinen Namen in den Schnee menstruieren. Darin bin ich absolut unschlagbar.
Ihr Ernst, dass Frauen sich über Männerfüdlis unterhalten?
Sie meinen also: über Arschlöcher?
Was hat Ihnen Ihre Mutter über Männer beigebracht?
Dafür muss ich doch nicht meine Mutter fragen, ich erlebe die Männer ja selber.
Und was Ihr Vater?
Warum muss man jemandem etwas über Männer beibringen? Jetzt weiss ich, wieso Sie so ein ekliger Siech sind, Herr Bötschi. Was mir meine Eltern zudem nicht beigebracht haben, ist, dass ich einmal von einem Mann interviewt werde, der so komische Fragen stellt.
Was bewundern Sie an Männern um die 20?
Bei zwanzigjährigen Menschen, egal welchen Geschlechts, bewundere ich, wenn sie eine eigene Meinung haben und nicht nur dem Konsum verfallen sind.
Was bewundern Sie an Seniorinnen und Senioren?
Etwa das Gleiche wie bei den Zwanzigjährigen.
So grundsätzlich: Haben es Frauen schwerer im Leben als Männer?
Ich nehme an – ohne das jedoch abschliessend beweisen zu können –, dass dem während einer Schwangerschaft und einer Geburt so sein wird.
Die bekannte Performancekünstlerin Marina Abramovic sagte kürzlich in einem «Spiegel»-Gespräch: «Es gibt so wenig grosse Künstlerinnen, weil Frauen zu viel wollen: Kinder und Familie und Liebe und Harmonie und Kunst und Erfolg.» – Wahr oder nicht?
Ich würde das Wort «wollen» in diesem Satz durch «müssen» ersetzen.
Sie sagten vor zwei Jahren im Magazin «Frauenland»: «Viele Frauen sind zu bescheiden und leben einen Teil ihrer Talente nicht. Ich möchte Frauen dazu animieren, mehr von sich zu zeigen und auf ihr Können zu vertrauen.»
Ich habe so einen Mist erzählt?
Wann waren Sie zuletzt bescheiden?
Ich weiss nicht, ob «bescheiden» in meinem Wortschatz vorkommt. Ich bin kein sehr bescheidener Mensch.
Demnach waren Sie auch noch nie zu bescheiden?
Nein.
Können Sie gut mit Kritik umgehen?
Nein.
Vor wenigen Tagen ist Ihr Traum von einem Nummer-1-Hit zerschellt. Zusammen mit Ihrem Bühnenpartner, dem Musiker Philippe Kuhn, lancierten Sie auf YouTube den Song «Das Ende vom Lied». Bis gestern haben das Video nur 882 Zuschauerinnen und Zuschauer angeschaut.
Was natürlich nicht stimmt, weil wir den Song vor allem auf Facebook veröffentlicht haben. Und sowieso: Ich habe noch nie von einem Nummer-1-Hit geträumt, sonst wäre ich Sängerin geworden.
Das kann ja noch werden.
Ich Sängerin? Ich glaube nicht, dass das jemand will.
Wahr, dass man jedes Jahr etwas Neues lernen sollte?
Wenn das nicht automatisch passiert, lebt man unter einem Stein.
Manchmal traurig darüber, dass Sie nicht ins Kloster gegangen sind?
Nein – ausser vielleicht wegen der Flagelantinnen. Das hätte schon seinen gewissen Reiz.
Darf Satire alles?
Sie muss.
Es wird behauptet, Sie seien die inoffizielle Frauenbeauftragte der Schweizer Comedyszene.
Das ist nicht wahr, sondern ein Zitat von mir, wobei ich eben gerade schreibe, dass ich das nicht sei.
Immerhin sind Sie die Frau, die die lustigen Frauen der Schweiz vor einem Jahr auf der Internetseite «Comedyfrauen – Humor braucht Eier» vernetzt haben. Wieso kam vor Ihnen nicht schon längst jemand auf die Idee, das zu tun?
Wahrscheinlich ist vor mir noch niemand so oft genervt worden mit der Frage: «Kennst du noch andere lustige Frauen in der Schweiz?» Mich nervte diese Frage irgendwann dermassen, dass ich fand, es sei es wert, mein Preisgeld vom Salzburger Stier in diese Internetseite zu investieren. So kann ich dereinst sagen, ich hätte wenigstens einmal etwas Wohltätiges für die Gemeinschaft getan.
Sie behaupten, Sie kennen etwa 200 Schweizer Kabarettistinnen, Moderatorinnen, Kolumnistinnen – und wie viele Schweizer Kabarettisten, Moderatoren und Kolumnisten kennen Sie?
Weiss ich nicht.
Warum sind auf der Seite nur etwas mehr als 150 Comedyfrauen zu finden. Wollen Sie Ihre absoluten Geheimtipps nicht verraten?
Die Geheimtipps bin ich noch am Züchten.
Was hat sich seit Ihrer privaten Initiative verändert? Gibt es nach wie vor zu viele «Schnäbis» und keine Diversität in den Shows?
Es gibt nicht zu viel «Schnäbis», aber es gibt tatsächlich nicht so viel Diversität, was die Geschlechter betrifft. Was hingegen die Herkunft, Hautfarbe und Religion betrifft, gibt es deutlich mehr Diversität in der Comedy – besonders in Mixedshows und am Fernsehen.
Brauchen wir gesetzliche Frauenquoten?
Bei was?
So grundsätzlich.
Diese Frage kann man nicht «so grundsätzlich» beantworten. Braucht es Frauenquoten bei Verwaltungsräten? Wahrscheinlich schon. Braucht es sie in der Politik? Dort sieht es so aus, als würde die selbstauferlegte Quote langsam fruchten. Braucht es in einem Labor gleichviel Physikprofessorinnen wie -Professoren, obwohl es noch nicht so viele Frauen in diesem Beruf gibt? Wohl kaum.
51 Prozent der Menschheit sind Frauen. Rein rechnerisch sind die Frauen also selber schuld, dass Sie in wichtigen Gremien nicht die Mehrheit stellen. Wahr oder nicht?
Rein von den Fragen her, sind Sie selber schuld, wenn ich irgendwann aufhöre zu antworten.
Braucht es den Muttertag?
Definitiv nicht.
Braucht es den Frauenstreik?
Offenbar – aber mir machen solche Veranstaltungen eher etwas Angst.
Warum getrauen sich offenbar nach wie vor viele Frauen erst im Kollektiv, ihre Bedürfnisse zu äussern?
Wenn Menschen erst in so einem grossen Verband das Gefühl haben von Stärke, gleicht dies einem Mob. Und mir machen, wie gesagt, solche Veranstaltungen Angst. Natürlich ist es schön, wenn Minderheiten auf die Strasse gehen und für ihre Rechte demonstrieren. Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass dies nicht allzu oft der Fall sein soll. Mich erstaunt eher, dass es sowas immer noch braucht.
Feministin – ja oder nein?
Frau und Egoistin ergibt am Schluss möglicherweise Feministin.
Abtreibung – ja oder nein?
Für die Frauen, die aus irgendeinem Grund eine Abtreibung wollen, ja.
Prostitution – ja oder nein?
Betroffene und Leute, die in diesem Gebiet geforscht haben, sagen, es wäre gut, wenn man das Freiertum statt der Prostitution verbieten würde.
Wo stehen Sie politisch: eher links oder rechts oder neutral in der Mitte?
Ich bin in einem dreidimensionalen Raum zu verorten, und deshalb ist Ihre Frage auf einer Skala von links nach rechts nicht zu beantworten. Zudem expandiere ich als dreidimensionaler Körper in ganz verschiedene Richtungen.
Sind Sie dafür, das Wahlalter bei uns herabzusetzen?
Man könnte es einmal probieren.
Welcher SPler gehört geschubst?
Jeder. Ich glaube, dieser Partei muss man einmal einen Gingg in den Arsch geben.
Welchem SVPler würden Sie gern einen Gingg in den Arsch geben?
Die brauchen keinen Gingg in den Arsch, denen muss man eher einmal die Handbremse etwas anziehen.
Ist die Schweiz so modern, wie wir gern glauben?
Auf der wirtschaftsliberalen Seite ja, ansonsten sind wir sehr konservativ. Und das ist auch gar nicht nur schlecht. Es verlangsamt die Entwicklung und erspart uns regelmässig Dinge, die wir erst gar nicht ausprobieren müssen.
Welche Person, die tot ist, möchten Sie wiedersehen?
Niemanden. Menschen, die tot sind, stinken meistens.
Ihr Lieblingssatz in der Bibel?
Am Anfang kam das Wort und dann kam Patti. Beim zweiten Teil des Satzes bin ich allerdings unsicher, ob der wirklich so in der Bibel steht.
In unserem Vorgespräch haben Sie den Vorschlag gemacht, dass Sie und nicht ich die Fragen stellen könnten. Ich schenke Ihnen deshalb die nächsten fünf Fragen. Was möchten Sie von mir wissen?
Ich habe vergessen, dass ich jemals so einen «Seich» gesagt habe.
Das ist jetzt eine billige Ausrede.
Okay, das ist meine erste Frage: Über was würden Sie gern mit mir reden?
Die Themenwahl überlasse ich Ihnen.
Machen Sie Ihren Beruf gern?
Sehr gern, wenn die Leute so nett und kurz antworten wie Sie.
Warum finden Sie, dass ich nett antworte? Nett ist die kleine Schwester von Scheisse.
Weil ich wusste: Sage ich «nett», werden Sie sicher das Wort «Scheisse» erwähnen.
Waren das jetzt zwei oder drei Fragen?
Drei.
In dem Fall sind es jetzt schon vier Fragen. Sie schreiben Ihre Fragen auf Hochdeutsch auf, stellen Sie jedoch auf Schweizerdeutsch. Warum?
Weil das Interview auf Bluewin.ch auf Hochdeutsch publiziert wird.
Und warum stellen Sie die Fragen dann nicht auf Hochdeutsch? Haben Sie einen derart schlechten Akzent?
Das geht eigentlich noch so.
Es ist nicht der Akzent, der Scheisse ist, sondern die Formulierung. «Das geht eigentlich noch so» würde ein Deutscher niemals sagen.
Ich bin ja auch nicht Deutscher, sondern Schweizer. Aber ich befrage gerade eine Sprachwissenschaftlerin, Lehrerin und Oberlehrerin – und da ist fast klar, dass mir, einem ehemaligen Legastheniker, hin und wieder die Knöpfe eingedrückt werden.
Es ist so wie beim Sex: Entweder haben beide Spass daran, oder es soll für beide scheisse sein. Es geht nicht an, dass der Sex nur für einen von beiden gut ist.
Und dieses Interview war jetzt was – für beide gut oder für beide scheisse?
Das Gespräch ist ja noch nicht fertig. Der Höhepunkt kommt meistens am Schluss. Oder sind wir schon beim Kuscheln danach?
Fast. – Ihre Frage an Viktor Giacobbo?
Die habe ich ihm schon gestellt.
Bitte stellen Sie sie nochmals?
Das geht Sie nichts an.
Ihre Frage an Hazel Brugger?
Auch die habe ich bereits gestellt. Aber ich könnte noch eine nachschieben.
Welche?
Ob Hazel auch so Fan ist von Ihnen, wie Sie von ihr?
Was denken Sie, wie wird die Antwort lauten?
Es ist fast nicht möglich, weil Sie offenbar extrem Fan sind von Hazel Brugger. Zu Recht übrigens.
Wann treten Sie zum nächsten Mal live auf?
Am 4. Juli im Casino Bern.
Wir sind fertig.
Das ging jetzt aber sehr schnell.
Es sind jetzt genau 33 Minuten und 14 Sekunden vergangen. Hazel Brugger war übrigens viel schneller, mit ihr schaffte ich das Interview in 25 Minuten und 21 Sekunden. In den restlichen Minuten haben wir dann noch etwas gekuschelt.
Hazel wollte das Interview einfach möglichst schnell hinter sich haben. In dieser Beziehung bin ich halt wirklich etwas netter als sie.
Und wie war jetzt dieses Interview: schön, schlimm, nett oder scheisse?
Schnell und mit kurzen Fragen, die auch kurze Antworten möglich gemacht haben.
Und auf einer Skala von eins bis zwölf?
Ich beantworte keine Skala-Fragen. Das sollten Sie während dieses Interviews gelernt haben, wenn Sie schon meinen, man sollte jedes Jahr etwas Neues lernen.
Ich bedanke mich für dieses Gespräch.
Ich bedanke mich ebenfalls für das doch relativ angenehme und schnelle Interview. Sie können froh sein, dass ich währenddessen noch halb geschlafen habe.
Warum?
Ich gebe gern im Halbschlaf Interviews. Erstens sind die Antworten dann relativ ehrlich und nicht so elaboriert, und ich bin dann auch nicht ganz so unangenehm.
Tickets für den ersten Auftritt von Patti Basler nach dem Lockdown gibt es hier.
Noch mehr «Bötschi fragt»-Gespräche finden Sie unter diesem Link.
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