«Parkhausmörderin»Ist Caroline H. wirklich die gefährlichste Frau der Schweiz?
Von Bruno Bötschi
15.1.2020
Caroline H. gilt als die gefährlichste Frau der Schweiz. Sie bekennt, zwei Frauen brutal ermordet zu haben. Es gibt keine Beweise, nur ihr Geständnis. «Republik»-Journalist Carlos Hanimann begab sich auf Spurensuche – und sät Zweifel.
Herr Hanimann, weshalb fingen Sie an zu recherchieren, ob Caroline H. die gefährlichste Frau der Schweiz ist?
Es fing an wie fast immer: Jemand hatte etwas gehört, erzählte es weiter, und irgendwann rief mich jemand an und erzählte mir davon. Ich hörte zu und fragte nach. In diesem Fall landete ich dann bei einem Informanten, den ich «Hugentobler» nenne. Er glaubt, Caroline H. ist nicht die Mörderin, für die sie alle halten. Diesem Verdacht bin ich in meiner Recherche nachgegangen.
Die Verbrechen liegen mehr als 20 Jahre zurück. In Ihrem Buch «Caroline H. – die gefährlichste Frau der Schweiz?» schreiben Sie, dass die verurteilte Täterin bis heute Rätsel aufgibt. Was denken Sie, warum wollte Caroline H. bisher nicht mit Ihnen persönlich reden?
Darüber kann ich nur spekulieren. Ich habe ihr zuerst, wie es üblich ist, einen Brief geschrieben und ihr erklärt, dass ich sie gern treffen möchte. Sie antwortete nicht. Dafür ihr Anwalt. Er fühlte sich offenbar übergangen, weil ich Caroline H. direkt angeschrieben hatte. Aber auch meine Versuche, über ihn Kontakt zu Caroline H. herzustellen, scheiterten. Warum? Der Anwalt richtete mir aus, Caroline H. wolle in der Öffentlichkeit nicht über die Taten reden, für die sie verurteilt wurde. Das muss ich akzeptieren.
Mit anderen Journalistinnen und Journalisten hat sie gesprochen, etwa 2018 mit einer Reporterin von der «SonntagsZeitung». Ihr schrieb Caroline H. im Vorfeld des Gespräches in einem Brief: «Ich werde mit Ihnen reden, vorausgesetzt, Sie interessieren sich für mich als Mensch und nicht als Story.» Sie sind, so scheint mir, auch am Menschen und nicht an der Story interessiert. Warum blockte bei Ihnen nicht nur Caroline H., sondern auch ihr Anwalt ab?
Beide Journalistinnen, die Caroline H. nach ihrer Verurteilung für offizielle Interviews haben treffen können, stimmten vorgängig einer sehr wichtigen Bedingung zu: Sie durften mit Caroline H. nicht über die Morde sprechen, für die sie verurteilt worden war. Genau darüber wollte ich aber mit ihr reden. Ich wollte von ihr erfahren, warum sie nach der Verurteilung von ihren Geständnissen Abstand nahm. Ich wollte wissen, was stimmte: Hatte sie in den 1990er Jahren zwei Frauen in Zürich getötet und eine dritte lebensgefährlich verletzt, wie sie vor Gericht gestand? Oder hatte sie falsche Geständnisse abgelegt? Und wenn ja: Warum?
Hat sich Caroline H. oder ihr Anwalt nach dem Erscheinen Ihres Buches nochmals bei Ihnen gemeldet?
Nach der Veröffentlichung haben sich verschiedene Leute bei mir gemeldet. Aber von Caroline H. und von ihrem Anwalt habe ich nichts mehr gehört, obwohl mir der Anwalt kurz vor der Publikation schrieb, es liefen «intensive Gespräche zu neueren Entwicklungen».
Sie erwähnen in Ihrem Buch einen Mann, den Sie «Hugentobler» nennen. Er glaubt, Caroline H. sei unschuldig – zumindest was die Morde betreffen. Was halten Sie persönlich von seiner Handwerker-Theorie?
Was ich persönlich von seinen Theorien halte, ist nicht entscheidend. Wichtig ist: Stimmen die Fakten, die er präsentiert? Und sind diese von öffentlichem Interesse? Beides kann ich mit Ja beantworten. «Hugentobler» hat in den 1990er Jahren einen Handwerker getroffen, der ihm ein fürchterliches Gewaltverbrechen ankündigte. Kurz darauf wurde am Zürichhorn beim Chinagarten die Leiche einer älteren Frau gefunden, die so getötet worden war, wie es dieser Handwerker zuvor «Hugentobler» beschrieben hatte. Steckt also der Handwerker hinter dem Mord beim Chinagarten – und nicht Caroline H., die den Mord gestand? Das kann ich nicht beurteilen. Auch «Hugentobler» weiss nicht mit Bestimmtheit, ob der Handwerker die Ankündigung wahrmachte – oder ob das alles nur ein Zufall ist.
Über «Hugentobler» kann ich öffentlich leider nur wenig verraten, um ihn nicht in Gefahr zu bringen. Nur so viel: Ich habe ihn vielfach zu Gesprächen getroffen, habe natürlich seinen Hintergrund, seine Biografie und seine Glaubwürdigkeit überprüft und halte ihn für eine sehr vertrauenswürdige Person. Dasselbe gilt für die Aussagen, die er mir gegenüber gemacht hat.
Wem glauben Sie mehr: Caroline H. oder «Hugentobler»?
Ich habe keinen Grund, an «Hugentoblers»Aussagen zu zweifeln. Caroline H. hingegen hat schon vor dem Mordprozess, also in einem früheren Verfahren wegen Brandstiftungen in Luzern falsche Geständnisse abgelegt für Taten, die sie gar nicht begangen hatte. Und die Mordgeständnisse hat sie ein paar Jahre später in Therapie widerrufen.
Sie als wahrheitsliebender Bürger: Hatten Sie während Ihren Recherchen nie Lust, die Unterlagen von Hugentobler und den Namen des Handwerkers, den er als Mörder beschuldigt, der Polizei weiterzuleiten respektive zu melden?
Nein, nie. Und das würde ich auch nicht tun. Ich bin als Journalist nicht der verlängerte Arm der Strafverfolgungsbehörden. Aber letztlich ist diese Frage auch hypothetisch. Denn der Handwerker hat mir ja gesagt, dass ihn die Polizei damals als Täter für zwei Morde verdächtigte, festnahm und befragte. Die Strafverfolger dürften seinen Namen also kennen.
In der «SonntagsZeitung» sagte Caroline H. unter anderem, die Leute sollten erfahren, «dass ich keine Gestörte bin, die in einem Loch wohnt». Was denken Sie: Ist Caroline H. gestört – und wenn ja, wie gestört?
Ich bin kein Psychiater und will mich nicht über ihren Gesundheitszustand äussern. Verschiedene psychiatrische Gutachten stellen aber unterschiedliche Persönlichkeitsstörungen fest, unter anderem eine Borderline-Störung. Und in dem von Ihnen erwähnten Text in der «SonntagsZeitung» sagt Caroline H. selber, dass sie allenfalls Asperger-Autismus hat.
Ausgerechnet Caroline H., die als «Frauenhasserin» bezeichnet wurde, lebt seit über zwei Jahrzehnten nur unter Frauen im Gefängnis Hindelbank – über 100 Insassinnen, zu drei Vierteln weibliches Personal. Was halten Sie davon?
Einen Grossteil dieser Zeit lebte sie in Isolationshaft, allein, ohne Kontakt zu anderen Gefangenen, in einem unwahrscheinlich harten Haftregime. Caroline H. lebte in dieser Zeit «wie lebendig begraben», so beschrieb meine «Republik»-Kollegin Brigitte Hürlimann einmal die Haftbedingungen.
Nach Ihren jahrelangen Recherchen: Was denken Sie, ist Caroline H. die gefährlichste Frau der Schweiz respektive ist sie eine Mörderin oder nicht?
Ich masse mir nicht an, diese Frage zu beantworten. Caroline H. wurde rechtskräftig verurteilt. Sie hat sich bisher nicht offiziell gegen dieses Urteil gewehrt. Aber ich glaube nach meinen Recherchen, dass es berechtigt ist, an dieser «prozessualen Wahrheit» zu zweifeln. Das Urteil ist nicht in Beton gegossen. Zu viele Fragen sind offen.
Die Rätsel und die Unklarheiten über den Fall sind bei mir nach der Lektüre Ihres Buches nicht kleiner geworden. Und wie ist es für Sie: Sehen Sie heute klarer im Fall Caroline H.?
Dann bin ich froh. Mit meinen Recherchen wollte ich genau das: Zweifel säen. Auch die Justiz macht hin und wieder Fehler. Ist wirklich alles eindeutig, wenn jemand ein Geständnis abgelegt hat? Falsche Geständnisse in Strafverfahren sind eine häufig unterschätzte Realität. Ich habe am Unerschütterbaren rütteln wollen. Vor meinen Recherchen war alles klar: Caroline H. schien eine gefährliche Mörderin zu sein. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. Der einzige Beweis für ihre Täterschaft waren ihre Geständnisse. Und an diesen kann man in meinen Augen mit Recht zweifeln.
Werden Sie den Fall Caroline H. weiterhin bearbeiten oder ist er für Sie mit dem Buch nun abgeschlossen?
Nach der Veröffentlichung haben sich ein paar neue Hinweise ergeben. Denen gehe ich nach. Aber letztlich müssen sich nun die Verfahrensbeteiligten bewegen. Ich würde gern wissen, wie Caroline H. heute denkt. Und von ihr hören, was sie von all dem hält.
Tödliches Gift: Der Wunderbaum (Ricinus communis) gilt mit seinen Früchten als giftigste Pflanze auf der Erde. Das Endosperm der Samen ist stark giftig, da es das toxische Eiweiss Rizin enthält. Rizin ist eines der potentesten natürlich vorkommenden Gifte überhaupt. Der Tod tritt unbehandelt durch Kreislaufversagen etwa 48 Stunden nach der Vergiftung ein. Der Wunderbaum ist in Ost- und Westafrika beheimatet, wird
Bild: iStock
Gross, grösser, am grössten: Der Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) im Westen der USA ist das massivste beziehungsweise voluminöseste bekannte Lebewesen der Welt. Der immergrüne Baum kann bis zu 95 Meter hoch und einen Stammdurchmesser von 17 Meter haben.
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Kletternder Parasit: Mit einem Durchmesser von über einem Meter bildet die Riesenrafflesie (Rafflesia amoldi) die grösste Einzelblüte. Allerdings existiert die gigantische Blüte der Kletterpflanze nur wenige Tage, dann zerfällt das rote, nach Aas riechende Organ. Zurück bleibt ein Haufen schwarzen Schleims.
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Blüte mit Heizung: Naht die Blütezeit, macht die Titanwurz eine erstaunliche Verwandlung durch: Bis zu zehn Zentimeter am Tag schiesst ihr gigantischer Blütenstand nach oben. Und um Insekten für die Befruchtung anzulocken, verströmt das Fortpflanzungsorgan einen Aasgeruch und heizt sich auf 36 Grad Celsius auf.
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Königin der Anden: Die Riesenbromelie (Puya raimondii) ist die weltweit grösste Bromelie, mit mehr als zehn Metern Höhe. Sie hat auch eine der grössten Blütenstände aller Pflanzen und ist eine vom Aussterben bedrohte Art, die in den Anden in Peru und Bolivien beheimatet ist.
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Ganz schön alt: Der Riesen-Eukalyptus (Eucalyptus regnans) wächst als immergrüner Baum, der ein Alter von etwa 400 Jahren erreichen kann. An bevorzugten Standorten kann er Wuchshöhen von 65 Metern in 50 Jahren erreichen. Er gilt als der höchste Laubbaum der Welt, möglicherweise sogar als der höchste Baum überhaupt. Bei einem 1872 gefällten Exemplar wurden 132 Meter an Höhe gemessen.
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Königlich stark: De Riesenseerose Victoria ist wohl eine der eindrucksvollsten Pflanzen auf dem blauen Planeten überhaupt. Mit bis zu drei Metern hat sie den grössten Blattdurchmesser. 1840 entdeckt vom Botaniker Richard Schomburgh, wurde sie benannt nach Queen Victoria. Viele Botanische Gärten bauten in der Folge eigene Victoria Häuser.
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Gefiederte Blätter: Die Raphia-Palme ist vorwiegend im tropischen Afrika beheimatet. Ihre Blätter gelten mit bis zu 25 Meter Länge als die grössten im Pflanzenreich. Sie sind nicht nur sehr gross, sondern auch gefiedert und bleiben nach dem Absterben an der Pflanze.
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Schweres Früchten: Der Jackfruchtbaum (Artocarpus heterophyllus) ist in Indien beheimatet. Er bekommt, wenn man von Zuchterfolgen wie Riesenkürbisse und dergleichen einmal absieht, die schwersten Früchte. Sie können mehr als 30 Kilogramm wiegen.
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Über 4000 Jahre alt: Im Patriarch Grove in den White Mountains in Kalifornien stehen 17 Exemplare der Langlebigen Kiefer (Pinus longaeva), die über 4000 Jahre alt sind. Ein Baum, dessen Alter von 4700 Jahren durch Auszählung der Jahresringe in einem kleinen Bohrkern bestimmt wurde, trägt den Namen «Methuselah». (Archivbild)
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Fast 10'000 Jahre alt: Über die älteste individuellen Lebewesen wird, je nach Definition, gestritten. Aber eine Pflanze ist es auf jeden Fall: Eine Gemeine Fichte (Picea abies) in Schweden, deren Stamm viel jünger ist, konkurriert mit den Langlebigen Kiefern. Sie geht aus Wurzelwerk hervor, das seit etwa 9600 Jahren existieren soll.
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Affen-Gesicht: Wer die Dracula simia ansieht, wundert sich wahrscheinlich nicht, warum sie den Beinamen Affen-Orchidee trägt. Viel Fantasie um das Gesicht eines Primaten zu erkennen, braucht es nicht. Die Pflanze wächst in 300 bis 600 Meter Höhe in Peru und Ecuador und duftet nach Orange.
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Klein, aber hübsch: Die Wurzellose Zwergwasserlinse (Wolffia arrhiza) gilt als kleinste Blütenpflanze über- überhaupt. Ihre Blüten sind für das menschliche Auge unsichtbar. Der Pflanzenkörper selbst ist maximal 1,5 Millimeter lang. Und übrigens: Sie ist als Aronstabgewächs mit der Titanwurz recht eng verwandt.
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