Kolumne Hohe Preise für tiefe Nummern – wer bezahlt das?

Marianne Siegenthaler

4.2.2019

Wurde zu einem Preis von 135'000 Franken ersteigert: «SG 1»
Wurde zu einem Preis von 135'000 Franken ersteigert: «SG 1»
Bild: Keystone

Je tiefer die Autonummer, desto höher der Preis. Warum bezahlen manche Menschen ein Vermögen für ein Stück Blech, fragt sich «Bluewin»-Kolumnistin Marianne Siegenthaler.

Mit 150‘000 Franken kann man allerhand anfangen. Ein Ferienhaus in der Toscana kaufen zum Beispiel. Oder zu zweit auf der Queen Mary II in der Balkon-Suite um die Welt schippern. Oder ein Krankenhaus in einem Entwicklungsland mit neuen medizinischen Geräten sowie Mobiliar ausrüsten. Oder ein Kontrollschild fürs Auto ersteigern. Für «ZH 987» hat kürzlich ein Mann oder eine Frau mit dem Pseudonym «beluqi» 152‘400 Franken hingeblättert.



Da fragt sich manch einer, was jemanden dazu treibt, so viel Geld für ein Stück Blech auszugeben. Vielleicht kann sich «beluqi» einfach keine Zahlen merken und ist drum froh um so eine simple Autonummer? Scherz beiseite. Tiefe Nummern sind Prestigeobjekte. Vergleichbar mit Markenuhren, teurem Schmuck oder Designerhandtaschen. Sie sind ein Symbol für viel Geld.

Warum? In der Schweiz gibt es keine Wunschnummer fürs Auto, wie das in anderen Ländern der Fall ist. Man bekommt einfach irgendeine. Die aber kann an die Kinder weitergegeben werden. Eine tiefe Nummer suggeriert also, dass schon der Grossvater oder Urgrossvater ein Auto besass. In Vor-Leasing-Zeiten war das definitiv ein Privileg der Reichen.

Erst der SUV, dann das Schild

Falls man aber keinen reichen, autofahrenden Vorfahren hat, ersteigert man halt eine entsprechend tiefe Nummer. Auch wenn man dafür tief in die Tasche greifen muss. Aber Statussymbole haben eben ihren Preis.

Dazu eine kleine Anekdote. Ich hatte mal eine Bekannte, die lebte an der Zürcher Goldküste und fuhr einen gewöhnlichen Kombi. Mit dem war sie aber gar nicht glücklich. Nicht weil der irgendwelche Mängel hatte. Nein, alle ihre Freundinnen fuhren SUVs. Eines Tages kreuzte sie dann auch mit einem grossen, schwarzen 4x4-BMW auf. Einziger Wehrmutstropfen: Die sechsstellige Nummer, die dran hing. Ein halbes Jahr später aber war ihr Glück komplett: Ihr Mann hatte für sie eine tiefe fünfstellige Autonummer ersteigert. Jetzt erst gehörte sie richtig dazu.

Die kantonalen Strassenverkehrsämter freut‘s. Denn ohne viel Aufwand kommt da einiges zusammen. Die 150‘000 Franken für «ZH 987» sind im Kanton Zürich Rekord. Im Kanton Zug blätterte jemand für das Kontrollschild «ZG 10» sage und schreibe 233‘000 Franken hin. «Queens007» hat offenbar viel Geld – und ein enormes Geltungsbedürfnis.

Für alle, die ihr Fahrzeug nicht mit tiefen Nummer bestücken können, ein kleiner Trost: Manche Autofahrer verbinden solche Nummern nicht mit Prestige, Statussymbol oder Reichtum. Sie sind schlicht überzeut, dass hier ein sehr betagter und womöglich etwas langsamer Automobilist vor ihnen herfährt – und setzen schon mal zum Überholmanöver an ...

«Die Kolumne»: Ihre Meinung ist gefragt

In der Rubrik «Die Kolumne» schreiben Redaktorinnen und Redaktoren von «Bluewin» regelmässig über Themen, die sie bewegen. Leserinnen und Leser, die Inputs haben oder Themenvorschläge einreichen möchten, schreiben bitte eine Mail an: redaktion2@swisscom.com

Veränderte Statussymbole: Haus und Auto waren gestern

Zurück zur Startseite