KolumneDie mobile Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie mal war
Herbie Schmidt
18.1.2019
Neulich an der CES in Las Vegas – die grosse Show scheitert an einem Wackelkontakt. Und: Kann man denn überhaupt glauben, was einem auf der grössten Technikmesse als künftige Errungenschaft angepriesen wird?
Da strömt das Publikum zu Tausenden in die Messehallen von Las Vegas, um die neuesten elektronischen Errungenschaften zu bestaunen. Da macht sich die Autoindustrie in einer eigenen Halle, teils auch mit separaten Pavillons, in der Welt der Konsumelektronik breit. Da sind TV-Stationen aus aller Welt mit Kamerateams angerückt, um abzufilmen, was die Autohersteller mitgebracht haben. Und dann das: Ein Konzern hat ein elektrisches Wundercabrio gebaut, das nun auf die Bühne im Convention Center rollen soll. Und Minuten vor der Weltpremiere gibt der Antrieb seinen Geist auf, das Showcar bleibt hinter der Bühne stecken.
Wie peinlich ist das denn?
Ein paar hundert Meter weiter ruft ein anderer renommierter Autobauer die angereisten Fachjournalisten zusammen, um sie mit Mikrofon auf dem teuren Hightech-Messestand herumzuführen, und dann geht der dem Guide umgehängte Kleinlautsprecher aus dem China-Fachmarkt kaputt. Kommunikation aus Spargründen unterbrochen. Na, macht nichts, denn eine der nicht minder aufwendigen Anlagen zur Vorführung des teilautonomen Fahrens per VR-Brille ist defekt und kann nicht genutzt werden.
Das nennt man dann den Demo-Effekt, aber Moment mal: Es kann doch wohl nicht angehen, dass man Monate und jede Menge Geld in die Vorbereitung des Messeauftritts steckt, und dann scheitert die grosse Show an einem Wackelkontakt. Im Beisein der Weltöffentlichkeit. Zum Glück sind die meisten Schaustücke hier nur Zukunftsvisionen, kann man sich trösten. Aber irgendwann klettert die ganze Elektronik aus der Utopie in die Realität und wird serienmässig. Was, wenn dann die Steckverbindung wieder nicht sauber ist, der Kontakt wieder wackelt? Und das zu möglicherweise stolzen Preisen?
Und noch etwas: Kann man denn überhaupt glauben, was einem da als künftige Errungenschaft angepriesen wird? Kommt das lenkrad- und pedallose Auto denn wirklich schon in den nächsten 20 Jahren?
Vielleicht im Einzelfall, und dann gibt es erst einmal Jahrzehnte des Mischverkehrs mit teilautonomen, unbemannten und fliegenden Gefährten, die dann von störenden Fahrzeugen umschwirrt werden, in denen noch Menschen sitzen, lenken, schalten und Pedale drücken.
Und wenn das nicht mehr nötig ist, also so 2060 oder 2080, dann bleibt wenigstens Zeit für einen Messebesuch in Vegas. Und bis dahin bauen Roboter die Demo-Objekte. Perfekt und ohne Wackelkontakt.
An dieser Stelle gibt es an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne –abwechselnd zu den Themen Mode, Essen, Digitales Leben und Mutter. Heute: Digitales Leben.
Herbie Schmidt, 57, leitet bei der NZZ den Bereich Mobilität und treibt sich privat auch noch auf Rennstrecken herum – meist am Steuer sitzend. In seiner Vita stehen sechs Jahre beim Sauber-F1-Team und 13 Jahre als Autojournalist.
Das koreanische Start-Up Monit hat eine smarte Windel entwickelt. Diese informiert Eltern automatisch darüber, ob ihr Kind gerade ein grosses oder ein kleines Geschäft erledigt hat. Die smarte Windel soll im April in den USA erhältlich sein, für knapp 260 Franken.
Bild: Monit
Für das Geschäft von Erwachsenen gibt es die smarte Toilette. Genau das ist die Numi 2.0 von Kohler. Der Abort hat Unterstützung für Amazon Alexa an Bord und kann auf Sprechbefehl Musik abspielen oder eine Lichtshow liefern. Kostenpunkt: Knapp 7000 Franken.
Bild: Kohler
Fehlen nur noch die Haustiere. Der LavvieBot ist eine selbstreinigende Katzentoilette. Herrchen oder Frauchen müssen nur alle zwei Wochen einen Beutel mit den Überresten entnehmen. Zudem kann der LavvieBot die Katzenbesitzer per App informieren, wenn er benutzt wurde. Er soll ab Mai für rund 400 Franken erhältlich sein.
Bild: PurrSong
Den passenden Schmuck zum Abenddress zu finden kann auch immer einige Zeit dauern. Mit iGlam lässt sich die Farbe des Rings einfach per App an das Outfit anpassen.
Bild: iGlam
Falls man im Winter mal wieder etwas an der Hüfte zulegt, der smarte Gürtel von Welt bemerkt es sofort. Neben dem Hüftumfang kann er auch Bewegungen erkennen und seinen Träger bei längerem Sitzen zum Aufstehen durch Vibration bewegen. Der Welt-Gürtel kostet rund 200 Franken.
Bild: Welt
Wem zweimal zwei Minuten Zähneputzen einfach zu viel sind, der kann sich die Y-Brush zulegen. Die Apparatur in Form einer Zahnspange muss einfach zehn Sekunden im Mund belassen werden und reinigt die Zähne durch Vibrationen. Ab April soll sie für knapp 120 Franken erhältlich sein.
Bild: Y-Brush
Statt noch einer Kaffeemaschine kann man sich ja auch eine Bierbraumaschine zulegen. Der LG Homebrew nutzt dazu das bewährte Kapselsystem. Anders als bei Heissgetränken muss man allerdings eine Weile warten. Je nach Biersorte dauert der Brauvorgang bis zu zwei Wochen. Preis und Verfügbarkeit sind noch nicht bekannt.
Bild: LG
Mit dem Verde-Laufband kann man beim Training auch noch was für die Umwelt tun. Beim Verde werden die Bewegungen nämlich in Strom umgewandelt. Ein Preis wurde nicht bekanntgegeben.
Bild: SportsArt
Wer ständig Angst um seine Onlineshopping-Pakete hat, kann sich diesen Tresor für die Veranda zulegen. In den Parcelguard könnte Lieferanten ihre Pakete ablegen, die Hausbesitzer öffnen ihn dann später per App. Auch ein Überwachungskamera ist eingebaut. Der Parcelguard soll knapp 350 Franken kosten.
Bild: Danby
Wäschefalten als Familienerlebnis: In den Foldimate muss Kleidung einfach eingeführt werden, das Falten übernimmt der Roboter. Er soll im Laufe dieses Jahres für rund 1000 Franken erhältlich sein
Bild: Foldimate
Der Elevate von Hyundai kann auf seinen vier Räder nicht nur rollen sondern auch gehen. Als Einsatzgebiet für das Fahrzeug stellt sich Hyundai etwa gebirgiges Gelände oder von Erdbeben zerstörte Städte vor. Rollstuhlnutzer könnten von dem Fahrzeug auch schwellenfrei vor der Haustür abgesetzt werden. Ob und wann Elevate serienreif wird, ist noch völlig unklar.