Winterschlaf-Hilfe fürs Stacheltier Das kannst du tun, wenn du einen Igel findest

Petra Esselmann, Teleschau

20.10.2024

Fressen, fressen, fressen und dann monatelang an einem warmen Plätzchen schlafen… Klingt gemütlich, ist es für den Igel heute aber immer seltener. Nahrungs- und Quartiersuche für den Winterschlaf werden schwieriger. Immer öfter muss der Mensch dem Igel helfen.
Fressen, fressen, fressen und dann monatelang an einem warmen Plätzchen schlafen… Klingt gemütlich, ist es für den Igel heute aber immer seltener. Nahrungs- und Quartiersuche für den Winterschlaf werden schwieriger. Immer öfter muss der Mensch dem Igel helfen.
Armin Weigel/dpa

Es ist Herbst, es wird kalt: Zeit für die Stacheltiere, sich einzuigeln. Wenn du jetzt draussen noch einem Igel begegnest, braucht er möglicherweise Unterstützung. So kannst du dem Tier durch den Winter helfen.

Petra Esselmann, Teleschau

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Igel können im Herbst Hilfe benötigen, wenn sie nicht genug Nahrung oder keinen geschützten Platz für den Winterschlaf gefunden haben.
  • Menschen können helfen, indem sie geeignete Winterquartiere wie Laub- oder Reisighaufen anbieten.
  • Igel, die unterernährt oder krank erscheinen, sollten auf Verletzungen überprüft und zu einer Igelstation gebracht werden.
  • Eine Aufnahme im Haus ist nur in Ausnahmefällen und unter bestimmten Bedingungen ratsam.

Eigentlich sollten Igel um diese Jahreszeit ordentlich an Gewicht zugelegt haben, um sich mit ausreichenden Reserven in ihr Winterquartier zu kuscheln und bis zum Frühjahr zu schlummern.

Triffst du nun tagsüber auf einen herumlaufenden Igel, kann es sein, dass er Hilfe braucht. Denn immer öfter kommt es vor, dass die Tiere nicht genügend Nahrung gefunden haben, um sich für den Winterschlaf zu rüsten.

Wenn der Igel bis Oktober oder November nicht ausreichend Futter für den Winterspeck entdeckt hat, hält er nicht schlummernd bis März oder April durch. Auch die Suche nach einem Schlafplatz kann heutzutage für ihn beschwerlich sein.

Menschen können einiges tun, um dem Igel sein Winterdasein zu erleichtern. Ihn ins Haus zu holen, sollte dabei die Ausnahme sein.

Knappes Nahrungsangebot

Igel ernähren sich vor allem von Schnecken, Würmern und Insekten. Auf den bewirtschafteten Flächen und in den gepflegten Gärten ihres Lebensraumes nimmt dieses Angebot ab, vor allem, wenn dem Powerfuttern im Herbst ein trockener Sommer vorangegangen ist. Finden die Igel aber nicht genug zu fressen, können sie sich das notwendige Wintergewicht nicht anfressen.

Geschützter Schlafplatz gesucht

Ebenfalls vergebens suchen Igel oft nach einem geschützten, warmen Plätzchen für ihr Winternest. Laub- oder Reisighaufen bieten sich an, eine wuchernde Hecke oder der Kompost. Wo im Herbst alles ordentlich gemacht, gestutzt und Gartenabfall gleich entsorgt wird, kann ein Igel buchstäblich nicht unterschlüpfen.

Verirrter Igel

Das bedeutet jedoch nicht, dass der Igel zum Haustier umgewidmet werden soll. Als Wildtier darf er gar nicht eingefangen werden und steht unter Naturschutz.

Anders verhält es sich, wenn ein Vertreter der Spezies noch im November draussen herumläuft. Dann kann es sein, dass er ohne menschliche Hilfe den Winter nicht übersteht. Das sollte in diesen Fällen überprüft werden.

Pflegebedarf checken

Was muss nach dem Auffinden eines Igels im kalten Herbst gecheckt werden? Ein entscheidender Faktor bei der Frage, ob er stark genug ist für den Winter im Freien, ist sein Ernährungszustand: Eine eher kugelige Körperform lässt auf ausreichende Reserven schliessen. Erscheint sie länglich und wirken die Flanken eingefallen, ist der Igel wahrscheinlich unterernährt.

Gewicht und Körpertemperatur überprüfen

Ausschlaggebend ist schliesslich, was die Waage anzeigt: Ein junger Igel sollte über 500 Gramm schwer sein, ein älteres Tier mehr als 1000 Gramm wiegen, um den Winter zu überleben.

Noch vor dem Gewicht sollte die Körpertemperatur des Igels gefühlt werden. Das funktioniert über die Handinnenfläche des Menschen: Fühlt diese sich wärmer an als der Bauch des Igels, muss er, vor allen anderen Massnahmen, gewärmt werden.

Wärmflasche für den Igel

  • Damit er sich aufwärmen kann, wird der Igel auf eine Wärmflasche gesetzt, die mit lauwarmem Wasser gefüllt ist.
  • Wickel  zuvor ein Tuch um die Wärmflasche und decke den Igel zusätzlich zu.
  • Es kann eine Weile dauern, bis seine Körpertemperatur in den zufriedenstellenden Bereich (um 35 bis 36 Grad Celsius) gestiegen ist. Deshalb muss das warme Wasser immer wieder ausgetauscht werden.

Körperliche Versehrtheit prüfen

Häufig sind aufgefundene Igel allgemein in keiner guten Verfassung. Prüfe, ob das Tier möglicherweise verletzt oder verschnupft ist oder andere Krankheitssymptome zeigt. Darüber hinaus dienen Igel verschiedenen Parasiten als Wirt. Meist müssen sie von Zecken und Flöhen, in schlimmeren Fällen auch von Fliegeneiern und Maden erlöst werden.

Für Kalorienzufuhr sorgen

Zu guter Letzt muss der Igel zu Kräften kommen und braucht Futter. Insekten oder Würmer haben die wenigsten Zweibeiner auf Lager, da nimmt der Igel auch mit Katzenfutter Vorlieb oder zum Beispiel einem Rührei – ohne Gewürze natürlich. Gib dem Igel auch immer etwas Wasser zu trinken. Milch verträgt er nicht!

Profis machen lassen

Ist der Igel gewärmt und gestärkt, sollte er von Igel-Experten untersucht werden, am besten bei einer Igelstation. Den Transport dahin übersteht das Tier gut in einem Eimer oder einer hohen Kiste mit Zeitungspapier.

Häufig benötigen die Findlinge eine Spritze gegen Lungenparasiten oder andere Medikamente. Ausserdem können die Profis Finderinnen und Finder beraten, was weiterhin zu tun ist.

Artgerecht überwintern

Im Idealfall sollte ein Igel dort ein Winterquartier haben, wo er herkommt. Ob er alleine zum Überwintern in der Lage ist oder ob er von einem Menschen aufgenommen werden muss, kann bei Igelstationen und Igelberatungsstellen abgeklärt werden. Zur Aufnahme im Haus wird nur geraten, wenn der Igel unterernährt, krank oder verletzt ist, ausserdem bei sehr jungen und verwaisten Tieren.

Aufnahme und Winterschlaf im Haus

In der Regel sollten die Finderinnen und Finder auch diejenigen sein, die den Igel bei sich aufnehmen. Vorausgesetzt, sie verfügen über ausreichend Platz (am besten einen eigenen, ungestörten Raum, wohltemperiert um die 20 Grad Celsius) und sind bereit, die Kosten und Mühen einer artgerechten Igelpflege auf sich zu nehmen. Denn die ist nicht ohne.

Igel in der Box

  • Zwar braucht der Igel einen geschützten Raum, aber auch ein wenig Auslauf. Ein grosser Karton mit mindestens einem Quadratmeter Fläche wäre eine gute Herberge.
  • Ziehen mehr als ein Exemplar vorübergehend bei dir zu Hause ein, sollte jedes seine eigene Schachtel bekommen, denn die Tiere sind Einzelgänger.
  • Im Kisten-Gehege muss es eine weitere kleine Schachtel, etwa einen Schuhkarton, mit Eingang geben, in dem der Igel sich ein Schlafnest einrichten kann. Stell ihm dafür ausreichend Schnipsel aus Zeitungspapier zur Verfügung. Katzenstreu oder Sägespäne sind keine geeignete Alternative für den Igel, denn daran könnte er sich verletzen.
  • Als Igel-Hotelier kann man nie genug Zeitungspapier im Haus haben. Du solltest seine gesamte Box damit auslegen und es so gut wie täglich wechseln, um diese sauber zu halten.

Das Igel-Menü

  • Das bereits erwähnte Katzenfutter, egal ob trocken oder feucht, versorgt auch Igel gut mit Proteinen.
  • Es bekommt ihm ausserdem, wenn er bekocht wird. Rührei oder durchgebratenes, aber ungewürztes Rinderhackfleisch dürfen ihm serviert werden.
  • Vergiss auch nicht, dem Igel Wasser zu trinken zu geben. Tabu für Igel sind neben Milch ausserdem Obst, Nüsse und Abfälle.

Es kann passieren, dass der Igel auch in der Obhut eines Menschen irgendwann das Fressen einstellt und sich in den Winterschlaf begibt. Dann kann er an einen geschützten, aber kühleren Ort umziehen, zum Beispiel auf den Balkon oder in die Garage. Versorg ihn bei Bedarf dort weiterhin mit Trockenfutter und Wasser.

Päppeln bis zum Auswildern

Wird es im Frühjahr Zeit, den stacheligen Gast wieder an die frische Luft zu setzen, lass dich erneut bei der Igelstation zur Auswilderung beraten. Auf jeden Fall sollte der Igel wieder in das ihm bekannte Revier gebracht werden, wo er aufgefunden wurde.

Draussen ist es am besten

Selbst wenn ein Igel einen Riesenkarton im Keller zur Verfügung gestellt und täglich Hackfleisch mit Ei bekommt, so wird er die freie Wildbahn doch immer der Gefangenschaft vorziehen, die für ihn Stress bedeutet.

Igel eignen sich nicht als Haustiere, wollen weder kuscheln noch spielen – auch wenn sie vielleicht so aussehen. Deshalb sollte die häusliche Pflege die Ausnahme-Lösung sein.

Der Mensch kann auch im Freien viel dafür tun, dass der Igel findet, was er zum selbstständigen Überwintern in der Natur braucht.

Der NABU (Naturschutzbund Deutschland e.V.) gibt Igelfreundinnen und -freunden Tipps für die entsprechende Gartengestaltung. Sie macht nicht viel Arbeit, im Gegenteil: Hecke wachsen und Laub liegen lassen und möglichst keine Chemie verteilen, lauten etwa die Empfehlungen.

Aufräumen unerwünscht

Wer es besonders gut meint, richtet im Herbst Haufen aus Reisig oder Laub für den Igel an, in denen er es im Winter kuschelig haben kann, und lässt diese bis zum Frühjahr stehen und liegen.

Eigene Igel-Bude

Besonderen Komfort bieten dem Stacheltier während der kalten Jahreszeit eigene Igelhäuschen, die man sich in den Garten stellen kann. Ein Blätterhaufen oben drüber hält die Behausung zusätzlich warm.

Füttern erlaubt

Bevor es Zeit für den Winterschlaf wird, kann der Mensch den Igel dabei unterstützen, ordentlich an Gewicht zuzulegen, und ihn füttern. Eigens für den Zweck konstruierte Häuschen machen es möglich, draussen nur für den Igel anzurichten und nicht zugleich Katzen oder andere ungeliebte Gäste anzufüttern. Das Igel-Menu wird abends angerichtet, dazu wird Wasser gereicht – und die Schüsseln täglich gereinigt.

Mit diesen tipps kann der Mensch einer für beide Seiten strapaziösen Aufnahme des Igels im Haus vorbeugen und dem Tier dabei helfen, artgerechten Winterschlaf in seinem natürlichen Lebensraum halten zu können. Träum süss, Igel!


Mehr Videos aus dem Ressort

Panda-Bschiss: Zoo will mit angemalten Hunden Besucher anlocken

Panda-Bschiss: Zoo will mit angemalten Hunden Besucher anlocken

Ob es in diesem Panda-Gehege jemals Bären gab? Ein chinesischer Zoo stellte flauschige Chow-Chows aus, deren Fell schwarz-weiss gefärbt war. Besucher fühlen sich von den «Panda-Hunden» betrogen und wollen ihr Geld zurück.

24.09.2024