KolumneDarum hasse ich Autofahren und mag es gleichzeitig
Von Michelle de Oliveira
12.3.2023
Seit die Kolumnistin in Portugal lebt, ist sie täglich mit dem Auto unterwegs. Sie hasst Raser und Aufsitzer, drückt aber selbst gern mal aufs Gaspedal.
Von Michelle de Oliveira
12.03.2023, 00:00
13.03.2023, 11:09
Michelle de Oliveira
Autofahren und ich – das ist irgendwie eine seltsame Beziehung. Eine Hass-Liebe, diese Bezeichnung ist wahrscheinlich am treffendsten.
Meinen Fahrausweis hatte ich mit 18 Jahren gemacht und bin seither regelmässig Auto gefahren, aber nie richtig viel und bis vor Kurzem hatte ich nie ein eigenes Auto besessen.
Seit ich aber in Portugal lebe, bin ich fast täglich mit dem Auto unterwegs.
Ich musste mich daran gewöhnen, dass nicht alle sieben Minuten ein Tram oder ein Bus vor der Haustür hält, dass ich immer mit dem Auto zum Einkaufen fahre, dass ich mit den Kindern täglich eine Viertelstunde unterwegs bin, bis sie im Kindergarten sind – mit dem Auto.
Es muss fahren, der Rest ist egal
Das Auto wurde also auf einmal sehr wichtig in meinem Leben. Also nicht das Auto selbst, denn dazu pflege ich rein gar keine Beziehung: Es muss fahren und Platz haben, der Rest ist mir egal.
Aber wenn es um das Fahren geht, kommen viele Emotionen ins Spiel und das ambivalente Verhältnis wird deutlich.
Zur Autorin: Michelle de Oliveira
Bild: zVg
Michelle de Oliveira ist Journalistin, Yogalehrerin, Mutter und immer auf der Suche nach Balance – nicht nur auf der Yogamatte. Ausserdem hat sie ein Faible für alles Spirituelle. In ihrer Kolumne berichtet sie über ihre Erfahrungen mit dem Unfassbaren, aber auch aus ihrem ganz realen Leben mit all seinen Freuden und Herausforderungen. Sie lebt sie mit ihrer Familie in Portugal.
Einerseits finde ich es super praktisch, schnell und unabhängig überall hinzukommen. Gleichzeitig nervt mich die Abhängigkeit. Wenn der Chlapf mal nicht fährt, bin ich aufgeschmissen.
Was mir übrigens schmerzlich bewusst wurde, als ich allein mit den Kindern unterwegs war und mir wegen eines Schlaglochs der Pneu geplatzt war und ich irgendwo im Nirgendwo gestrandet bin. Immerhin weiss ich jetzt, wie man einen Reifen wechselt.
Was bist du für ein Affe hinter mir?
Aber es ist ja nicht nur die Abhängigkeit, sondern das Fahren an sich. Das Verhalten der Menschen, sobald sie in ihren Autos sitzen. Ich finde echauffierte Autofahrer*innen peinlich, rege mich aber selbst sehr oft sehr fest auf am Steuer.
Etwa wenn mir jemand nah auffährt, obwohl ich die offizielle Höchstgeschwindigkeit fahre, die in Portugal meist eher Richtlinie als Regel ist. Ich schaue dann immer wieder in den Rückspiegel, glaube zu sehen, wie die Person hinter mir die Augen verdreht, während sie immer wieder so weit wie möglich links fährt, um mich bei nächstmöglicher Gelegenheit zu überholen.
Ich komme in einen innerlichen Stress, meine Augen gehen von der Strasse zum Tacho, um mich zu vergewissern, dass ich tatsächlich nicht im Schneckentempo unterwegs bin, dann wieder in den Rückspiegel, in der Hoffnung, das Auto hinter mir sei mittlerweile abgebogen. Und dazwischen beantworte ich meinen Kindern die Fragen danach, wer denn nun die Welt erfunden hat und ob das ganze Universum auf einmal sterben könnte und warum es eigentlich Tiere gibt?
Ich stammle irgendeine Antwort über den Urknall und das Tierreich und frage mich derweil selbst: Was bist du für ein Affe hinter mir?
Denn die gefährlichen Überholmanöver machen mich unfassbar wütend und sind für mich einfach nicht nachvollziehbar, aber leider erlebe ich sie hier fast täglich. Oft bin ich emotional regelrecht erschöpft, wenn ich am Ziel ankomme.
Man könnte nun denken, mich nervten vor allem jene Autofahrenden, die zu schnell unterwegs sind und Autofahren sei mir generell eine Last. Aber wie gesagt, mein Verhältnis ist ambivalent.
Bin ich allein unterwegs und fahre über eine Landstrasse, drehe ich die Musik auf, und singe lauthals bei offenem Fenster mit – und fahre durchaus auch mal etwas schneller. Und geniesse dann das Autofahren sehr.
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