ÜberreaktionWenn das eigene Immunsystem zum Feind wird
Von Runa Reinecke
3.4.2020
Wer mit dem neuartigen Coronavirus infiziert wird, hofft auf eine starke Immunabwehr. Doch ein überaktives Immunsystem kann im Falle einer Covid-19-Erkrankung zur Bedrohung werden.
Bei Angriffen durch Mikroorganismen wie Bakterien oder Erreger wie Viren sorgt ein normal funktionierendes Immunsystem dafür, dass wir bestenfalls gesund bleiben. Während das neuartige Coronavirus Älteren und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen gefährlich werden kann, kommen jüngere Kerngesunde in der Regel mit milden Symptomen davon.
Manchmal wird aus dem Freund, der uns beschützt, der Feind, der uns angreift. Ein Phänomen, das Ärzte immer wieder auf Intensivstationen bei Covid-19-Patienten beobachten, die einen schweren Verlauf durchmachen. Diese Patienten entwickeln während einer späteren Phase der Erkrankung eine schwere Lungenentzündung, die auf eine Überreaktion des Immunsystems zurückzuführen ist.
Doch wie kommt es zu diesen starken Entzündungsreaktionen, bei denen die Zellen der Lunge schweren Schaden nehmen können? «Während sich die Viren in den Zellen vervielfältigen, werden im weiteren Verlauf T-Zellen aktiviert. Es bilden sich vermehrt Zytokine», weiss Prof. Beda Stadler, emeritierter Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern.
Studie in der Schweiz
Zytokine sind Proteine, die als Botenstoffe zwischen anderen Immunzellen wie Neutrophile oder Makrophagen fungieren, wie der Immunologe und Biologe weiter im Gespräch mit «Bluewin» ausführt: «Auch diese Zellen werden dazu angeregt, vermehrt Zytokine zu produzieren. Dadurch kann es zu einem regelrechten Zytokinsturm kommen, der eine starke Entzündung zufolge hat.»
Um diesen überbordenden Immunreaktionen bei schweren Covid-19-Verläufen zuvorzukommen, versucht man das Immunsystem «herunterzufahren». Mittel der Wahl sind sogenannte Immunsuppressiva. Auch Kortison (Steroide) gehört dazu.
Weltweit laufen Tests mit unterschiedlichen Mitteln, die immunmodulatorisch wirken, darunter das Krebsmedikament Ruxolitinib, das bei schubförmiger multipler Sklerose eingesetzte Fingolimod oder die Rheumatherapeutika Sarilumab sowie Tocilizumab.
Ob und wie diese Therapien wirken, hänge nicht nur vom Wirkungsmechanismus ab. Wichtig sei, so Beda Stadler, das Medikament zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen. «Gibt man es zu spät, kann sich der Verlauf sogar verschlimmern.»
Immunsuppression als Vorteil?
Könnten chronisch Kranke, die aufgrund einer Autoimmun- oder Krebserkrankung oder nach einer Organtransplantation dauerhaft mit Immunsuppressiva behandelt werden, nicht sogar von ihrer Basistherapie profitieren, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben?
Eine in diesem Zusammenhang interessante Beobachtung bei Organtransplantationspatienten mit Covid-19 machten Wissenschaftler aus dem italienischen Bergamo. Entgegen der Annahme, die Betroffenen würden einen schweren Verlauf durchmachen, zeigten diese Patienten keine besorgniserregenden Symptome.
Keinem Infektionsrisiko aussetzen
Für Beda Stadler ein zweischneidiges Schwert: «Ist man schon während der Infektion immunsupprimiert, wird die Immunantwort und dadurch die Produktion von Antikörpern unterdrückt. Dann kann sich das Virus ungehindert ausbreiten.»
Wer wegen einer Grunderkrankung Immunsuppressiva erhält, sollte sich also weiterhin keinem erhöhten Infektionsrisiko aussetzen und zu Hause bleiben.
Ob sich die Therapie mit diesen Medikamenten bei Patienten bewährt, die nur während einer Covid-19-Erkrankung im Spital mit Immunsuppressiva behandelt werden? Eine Aussage dazu wird sich treffen lassen, sobald Resultate der laufenden Studien vorliegen.
Etwa die Hälfte aller Erkältungen werden von Rhinoviren ausgelöst. Eine Untersuchung der University of Virginia (USA) in Hotelzimmern zeigte, dass die Erreger auf unterschiedlichen Gegenständen wie Türklinken, TV-Fernbedienung oder Lichtschalter noch mindestens einen Tag später aktiv, also infektiös waren.
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Laut der britischen Gesundheitsbehörde NHS sind Rhinoviren – abhängig von Faktoren wie Oberflächenstruktur, Luftfeuchtigkeit und Temperatur – sogar bis zu sieben Tage ausserhalb des Körpers ansteckend.
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Eine grössere Ansammlung von Grippeviren des Stamms Influenza-A kann auf einer Banknote bis zu 17 Tage auf ein neues, potenzielles Opfer lauern. Das geht aus einer Untersuchung einer Forschungsgruppe um den Virologen Yves Thomas von der Universitätsklinik Genf hervor. Eine Analyse aus dem «Journal of Infectious Disease» prognostiziert den Erregern auf glatten Kunststoffoberflächen eine «Überlebenszeit» von etwa 48 Stunden.
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Mit einer wissenschaftlichen Übersichtsarbeit legten Forscher der Universität Greifswald und der Ruhr-Universität Bochum nahe, dass das neuartige Coronavirus 2019-nCoV bis zu neun Tage ausserhalb des menschlichen Körpers ansteckend sein kann.
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Herpes-Simplex-Viren sind – unter anderem – für lästige Fieberbläschen an den Lippen verantwortlich. Übertragen werden die Erreger durchs Küssen oder eine Schmierinfektion (zum Beispiel über die Hände). Anstecken kann man sich aber auch durch gemeinsam benutzte Hand- oder Geschirrtücher.
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Forscher des internationalen Textilforschungszentrums Hohenstein im deutschen Bönnigheim fanden heraus, dass Herpes-Simplex-Viren auf einem Stofflappen mitunter 48 Stunden infektiös bleiben. Frühere Untersuchungen zeigten, dass die Erreger bis zu acht Wochen auf harten Oberflächen ausharren und eine Infektion auslösen können. Sogar eine 40-°C-Wäsche sollen sie mühelos überstehen.
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Folgt auf ein unangenehmes Grummeln im Magen starke Übelkeit mit Erbrechen, begleitet von starkem Durchfall, hat man sich unter Umständen eine Norovirus-Infektion eingehandelt.
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Infiziert wird man immer über den Mund, das heisst, die Viren werden via Schmierinfektion oder durch kontaminiertes Wasser oder Speisen übertragen, wie in einer Publikation des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zu lesen ist. Anstecken kann man sich über einen Gegenstand, der mehrere Tage zuvor von einer infizierten Person kontaminiert wurde.
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Auch Rotaviren verursachen schwere Durchfälle und sind besonders für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich. Ähnlich wie die Noroviren gehören sie zu den besonders anpassungsfähigen Erregern: Selbst nach mehreren Wochen in der Umwelt bleiben sie infektiös.
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