Überfordert Burnout – wenn das Privatleben zu viel wird

Bernadette Winter, dpa

5.2.2019

Druck und Stress im Privatleben: Der gefürchtete Burnout trifft nicht nur überforderte Arbeitnehmer.
Druck und Stress im Privatleben: Der gefürchtete Burnout trifft nicht nur überforderte Arbeitnehmer.
Source: Getty Images

Beim Begriff Burnout denken viele zuerst an Stress im Job. Doch auch private Probleme können überfordern und schliesslich krank machen – Trennungen genau so wie Todesfälle.

Überforderung, keine Perspektive auf Besserung und keine Wertschätzung aus dem Umfeld: Was im Berufsleben einen Burnout verursacht, gibt es genauso oft auch im Privatleben – und damit auch die Erschöpfung, die zur Krankheit wird.

«Auch nicht erholsamer Schlaf und Dauerstress führen zu Überlastung», sagt Psychiaterin Christa Roth-Sackenheim. Auslöser sind zum Beispiel plötzliche Erkrankungen in der Familie, eine Trennung oder ein plötzlicher Todesfall.

Selbst dauerhaft schwelende unlösbare Konflikte mit Nachbarn tragen zur Erschöpfung bei, sagt Sven Steffes-Holländer, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Chefarzt an der Heiligenfeld Klinik Berlin.

Das private Burnout-Syndrom

Was auch immer der Grund ist – der Mechanismus hinter der Erschöpfung ist oft derselbe: Die Betroffenen versuchen, etwas zu erfüllen, was sie nicht sind, und erschöpften sich daran, sagt Mirriam Priess.

Häufig führen die Burnout-Opfer konfliktreiche Beziehungen oder haben keine sozialen Kontakte mehr. «Vor allem haben sie die Beziehung zu sich selbst verloren», erklärt Priess, die auch als Führungskräftecoach arbeitet und das Buch «Finde zu Dir selbst zurück: Wirksame Wege aus dem Burnout» geschrieben hat.

Grundsätzlich zieht sich das private Burnout-Syndrom durch alle Schichten und betrifft beide Geschlechter. Alleinerziehende und pflegende Angehörige sind aber etwas häufiger betroffen, so Roth-Sackenheim. Auch Arbeitslosigkeit, soziale und finanzielle Probleme seien Risikofaktoren.

Symptome ernst nehmen

«Diejenigen, die ein Burnout-Syndrom haben, sind die Leistungsträger, die bis zum bitteren Ende die Fassade aufrecht erhalten», erklärt Priess. Deshalb wachen die meisten Betroffenen erst auf, wenn es schon zu spät ist und der Körper deutliche Erschöpfungssignale sendet.

Die beginnen mit leichter Unruhe, Gereiztheit und Antriebslosigkeit. Dazu kommen Konzentrationsstörungen, Kopf- und Magenschmerzen, Schwindel, Ohrgeräusche, hoher Blutdruck und Herz-Kreislaufprobleme oder gar Bandscheibenvorfälle. Priess rät, diese Symptome ernst zu nehmen – insbesondere, wenn sie sich über einen Zeitraum von drei Monaten hartnäckig halten. Für ein erstes Gespräch sei dann der Hausarzt die richtige Adresse.

«Er stellt fest, ob es eine körperliche oder psychosomatische Ursache gibt», sagt Facharzt Steffes-Holländer. Je nach Schwere des Falls könne er zudem Medikamente verschreiben und so die Zeit bis zum Therapiebeginn überbrücken. Darüber hinaus verordnet der Hausarzt eine stationäre oder teilstationäre Behandlung.

Aber auch die Betroffenen selbst können tätig werden. Der allererste Schritt dabei, so Priess: Annehmen, was ist, und sich nicht in den Widerstand begeben. Also sich das einzugestehen, was man im Grunde weiss. Das kann zum Beispiel heissen, konfliktreiche Beziehungen zu erkennen - und zu beenden.

Sich nicht zurückziehen

Betroffene sollten ansonsten versuchen, sich nicht zurückzuziehen, sondern den Kontakt zu Freunden oder der Familie suchen. Manch einer geht vielleicht auch gerne in die Natur oder findet mit Kunst, Musik oder Sport wieder zu sich. Gerade Hobbys und Entspannung seien wertvoll, um aus den negativen Gefühlen herauszukommen, erklärt Priess. Hilfreich sind auch schon kleine Dinge wie Pausen, Spaziergänge oder bewusstes Atmen.

«Man sollte es ernst nehmen, wenn das Umfeld einem sagt: Ich erkenne dich nicht wieder, ich glaube, das ist alles zu viel für dich», sagt Roth-Sackenheim. Diese Hinweise von Freunden oder dem Partner sollten Betroffene nicht als Anklage oder Vorwurf verstehen – sondern als Fürsorge. «Freunde können nicht den Therapeuten ersetzen, aber das Ich stärken», sagt Priess.

Auf keinen Fall darf das Umfeld jedoch weiteren Druck ausüben, warnt Steffes-Holländer. «Freunde und Familie können versuchen, denjenigen zu verstehen und lieber keine Ratschläge erteilen.» Und falls sich der Betroffene doch zurückzieht, sollten sie das nicht persönlich nehmen.

Literatur: Finde zu Dir selbst zurück: Wirksame Wege aus dem Burnout, Mirriam Priess, Südwest Verlag, 208 Seiten, ISBN: 978-3-517092492, ca. 19.90 Fr.

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