Die Queen wäre glücklich gewesen William und Harry in Trauer vereint

Von Larissa Schwedes, dpa

11.9.2022 - 18:50

Überraschender Auftritt von Harry, Meghan, William und Kate

Überraschender Auftritt von Harry, Meghan, William und Kate

STORY: Überraschung für die vor dem Schloss Windsor Anteil nehmenden Menschen am Samstag. Prinz Harry und seine Frau Meghan traten zusammen mit Prinz William und seiner Frau Kate vor die Tore. Sie waren aus demselben Fahrzeug ausgestiegen. Derart gemeinsam waren die vier nicht mehr gesehen worden, seit Harry und Meghan ihre königlichen Titel aufgegeben haben, um in die Vereinigten Staaten zu ziehen – ein Schritt, der auch die Beziehung der beiden Söhnen des neuen Königs Charles belastete. Die Einladung zum Spaziergang kam von William. Etwa 40 Minuten lang sahen sie sich die niedergelegten Sträusse an, lasen Trauerbotschaften und schüttelten später Hände. Und obwohl die beiden Paare dabei nicht viel miteinander interagierten, war vielen die Bedeutung des Moments bewusst. «Ich denke, dass dies wirklich einen Schlussstrich unter das Geschene zieht und ein starkes Gefühl der Zusammengehörigkeit der königlichen Familie vermittelt. Der Anblick der beiden Paare weckt die Hoffnung, dass sie nach dem Tod ihrer Grossmutter alte Streitigkeiten beigelegt haben.

11.09.2022

Könnten William und Harry unter dem Eindruck des Todes ihrer Grossmutter wieder zusammenfinden? Ein gemeinsamer Auftritt nährt solche Hoffnungen. Doch Königshaus-Beobachter warnen vor einer Überbewertung.

Am Samstag wurde Charles offiziell zum König ausgerufen, doch das Bild des Tages war für die britischen Medien ein anderes: Die zerstrittenen Brüder William und Harry und ihre Frauen Kate und Meghan schlendern die Auffahrt zu Schloss Windsor herunter und schütteln ausgiebig Hände. William und Kate übernehmen die eine Seite, Harry und Meghan die andere. Royale Aufgabenteilung wie zu den Zeiten, als alles noch in bester Ordnung war. Kate sagte zu einer Familie hinter der Absperrung: «In Zeiten wie diesen muss man zusammenstehen.»

Die Queen wäre glücklich gewesen!

«The Fab Four reunited» – die Fantastischen Vier wiedervereinigt, war eine Schlagzeile. Der allgemeine Tenor in den Medien: Die Queen wäre glücklich gewesen! Dies ging allerdings vielfach mit der Warnung einher, dass man die Geste nicht überbewerten dürfe. «Das ist keine Versöhnung», kommentierte der Royalty-Experte des Fernsehsenders ITV, Chris Ship. Es habe sich bei dem gemeinsamen Auftritt um eine spontane Idee von William gehandelt: «Er hat es für seine Grossmutter und seinen Vater getan.»

Es steht wohl ausser Frage, dass sich Elizabeth sehr über diese Szene gefreut hätte. Das dürfte auch der entscheidende Impuls bei Harry gewesen sein, denn zu einer letzten Umarmung auf dem Sterbebett war es am Donnerstag nicht mehr gekommen: Als der Enkel auf Schloss Balmoral eintraf, war Elizabeth schon tot.

Als Harry kam, war Elizabeth schon tot

Als letzter kam Harry in Balmoral an, als erster brach er am Morgen danach wieder auf. Meghan blieb dem schottischen Landsitz gleich ganz fern. Dies habe das Paar entschieden, weil auch Herzogin Kate wegen der Kinder zu Hause geblieben war, hiess es aus Insider-Kreisen des Paares. Andere munkeln, Meghan sei explizit nicht erwünscht gewesen, wie etwa die «Daily Mail» berichtete.

Immerhin: Charles nutzte als König seine erste Rede an die Nation explizit, um seine «Liebe zu Harry und Meghan zum Ausdruck zu bringen, die sich weiterhin ein Leben in Übersee aufbauen». Gleichzeitig machte er allerdings auch Kate zur «Prinzessin von Wales» – ein klares Bekenntnis zur Familie von Thronfolger William, mit der Harry und Meghan, die in Kalifornien leben, ein besonders kompliziertes Verhältnis haben. Unter dem Titel «Prinzessin von Wales» war zuletzt Diana, die Mutter von Harry und William, bekannt.

Das Interview bei Oprah Winfrey

«Granny» Elizabeth hatte in Harrys Herz einen besonderen Platz. Während der Royal über die Queen und auch Prinz Philip liebevoll Anekdoten teilte, warf Harry seinem Vater Charles in einem weltweit beachteten Fernsehinterview mit US-Talkmasterin Oprah Winfrey im vergangenen Jahr vor, ihn finanziell abgeschnitten zu haben und seine Anrufe nicht zu beantworten.

In dem legendären Gespräch mit Winfrey unterstellten Meghan und Harry dem Königshaus ausserdem Rassismus und mangelnde Unterstützung – und nahmen im Nachhinein die Queen aus der Schusslinie. Sie sei auf keinen Fall der «Racist Royal», den sie namentlich nicht konkret benennen wollten. Vater Charles bekam von seinem Sohn keinen solchen Freifahrtschein.

Prinz Harry und seine Frau Meghan, Herzogin von Sussex (beide l), im Gespräch mit der US-Moderatorin Oprah Winfrey.
Prinz Harry und seine Frau Meghan, Herzogin von Sussex (beide l), im Gespräch mit der US-Moderatorin Oprah Winfrey.
Joe Pugliese/Harpo Productions/AP/dpa

Queen war Harrys geliebte Grossmutter

Dass die Queen Harrys geliebte Grossmutter gewesen sei, sei allgemein akzeptiert, sagte ein royaler Insider dem «Telegraph». «Aber sie war eben auch die Chefin der Institution, über die er hergezogen hat.» Andere Quellen streuten in der «Times» kurz vor ihrem Tod, die Königin sei es leid gewesen, «auf glühenden Kohlen zu sitzen und darauf zu warten, wann die nächste Bombe hochgeht».

In den vergangenen Monaten setzten Meghan und Harry ihre Spitzen gegen die Royal Family nur noch wohlpointiert und in sparsamen Dosen – genug, um das Interesse aufrechtzuerhalten, das gut fürs Geschäft sei, wie die «Times» kürzlich spekulierte. Aufreger wechselten sich ab mit glamourösen Auftritten wie zum Thronjubiläum der Queen, die eher nach vorsichtiger Annäherung aussahen.

Harrys Memoiren noch in diesem Jahr

Geht es um den Herzog und die Herzogin von Sussex, wie Harry und Meghan mit offiziellem Titel immer noch heissen, braucht die britische Boulevardpresse allerdings auch nicht viel, um scharfe Geschütze aufzufahren. Eine Homestory mit Meghan in ihrer kalifornischen Villa in einem US-amerikanischen Lifestyle-Magazin wird zum «Bombshell Interview», obwohl die schlagzeilenträchtigste Aussage darin ist, dass Meghan ausserhalb des Königshauses nun niemand mehr den Mund verbieten kann und sie wieder aktiv auf Instagram werden will.

Wie eine dunkle Wolke am Horizont schwebt bereits seit Monaten die Aussicht auf Harrys Memoiren, die dieser noch in diesem Jahr veröffentlichen wollte, über dem Londoner Buckingham-Palast. Ob sich dieser Plan nach dem Tod der Monarchin aus Rücksicht auf das trauernde Königreich ändern wird, ist offen. Die Aussicht, dass das Paar ohne die geliebte «Granny» an der Spitze noch schärfer schiessen wird, gilt ebenfalls als möglich. Sollte sich dieses Szenario bestätigen, wird man später im Rückblick vielleicht sagen, dass Harrys endgültiger Bruch mit der Familie durch den Tod der Queen erst möglich geworden ist.

Von Larissa Schwedes, dpa