Emotionales Video Kate bricht mit uralten Prinzipien der Royals

Von Danica Kirka, AP

13.9.2024 - 00:00

Kate hatte ihre Erkrankung im März öffentlich gemacht.
Kate hatte ihre Erkrankung im März öffentlich gemacht.
Will Warr/Kensington Palace/PA Wire/dpa

Seit Jahrhunderten galt bei den Royals der Grundsatz der «stiff upper lip» – sich nichts anmerken zu lassen, hatte oberste Priorität. Das ändert sich mit Kates emotionalem Video zum Abschluss ihrer Chemotherapie.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit ihrem emotionalen Video hat Prinzessin Kate mit einer jahrhundertealten Tradition der britischen Royals gebrochen.
  • Zuvor war die Königsfamilie bekannt dafür gewesen, stets Haltung zu bewahren, es galt der «niemals beschweren, niemals erklären»- Ethos der verstorbenen Königin Elizabeth II.
  • «Es ist ein richtiger Bruch», sagt etwa George Gross, Experte für die Geschichte des Königshauses am King's College in London.
  • Jahrhundertelang hat die britische Königsfamilie Nachrichten über Krankheiten zurückgehalten – aus Angst, dass dies ihre Autorität schwächen könnte.

Öffentliche Liebesbekundungen in einem Video der britischen Royals? Was bisher undenkbar war, ist nun Realität: Als die Prinzessin von Wales in einem Instagram-tauglichen Video mitteilte, dass sie ihre Chemotherapie abgeschlossen habe, wagte sie sich in für die Königsfamilie bisher unbekannte Gefilde vor: Hier nutzte die beliebteste der Royals, die normalerweise nur als Kate bekannt ist, die Werkzeuge der sozialen Medien samt Weichzeichner, um mitzuteilen, dass ihr Leben durch eine Krebserkrankung aus den Fugen geraten war, genauso wie das von Millionen anderen Menschen.

Zuvor war die Königsfamilie bekannt dafür gewesen, stets Haltung zu bewahren, es galt der «niemals beschweren, niemals erklären» – Ethos der verstorbenen Königin Elizabeth II.

«Das ist, was eine Familie tut»

Aber interessant an Kates Video ist nicht nur, was sie sagt, sondern auch, wie sie es sagt. Im Gegensatz zu früheren Mitteilungen zu Kates Gesundheit, die sich wie Nachrichtenstücke anhörten, hatte dies einen ganz anderen Ton. Der am Montag veröffentlichte, raffiniert produzierte Mini-Film zeigt die Prinzessin, wie sie Prinz William und ihre drei kleinen Kinder umarmt und persönliche Momente zuhause mit ihren Eltern teilt. Es gibt sogar einen züchtigen Kuss auf ihre Wange.

«Es ist ein richtiger Bruch», sagt George Gross, Experte für die Geschichte des Königshauses am King's College in London. «Aber die Leute werden es nicht unbedingt erkennen. Sie werden denken: Das ist genau richtig, das ist normal. Das ist, was eine Familie tut.»

Kates Video ist das jüngste Experiment der königlichen Familie mit mehr Offenheit, seit König Charles III. 2022 den Thron bestieg. Diese Offenheit wurde in diesem Jahr wiederholt auf die Probe gestellt, seit sowohl Charles als auch Kate wegen ernsthafter gesundheitlicher Probleme behandelt wurden und später bekannt gaben, dass sie sich einer Krebsbehandlung unterziehen.

Prinzessin Kate beendet Chemotherapie

Prinzessin Kate beendet Chemotherapie

Prinzessin Kate hat in einer Videobotschaft auf Social Media ein Gesundheitsupdate gegeben. Sie zeigte sich in einer persönlichen Botschaft erleichtert. Die Chemotherapie sei abgeschlossen, der Fokus liege bei der kompletten Genesung.

10.09.2024

Jahrhundertelang hat die britische Königsfamilie Nachrichten über Krankheiten zurückgehalten – aus Angst, dass dies ihre Autorität schwächen könnte. Diese Verschwiegenheit und Geheimniskrämerei hielt sich auch dann noch, als die Royals zu verfassungsrechtlichen Repräsentationsfiguren wurden.

1952 erfuhr die britische Öffentlichkeit erst nach dem Tod von König George VI., dass dieser an Lungenkrebs gelitten hatte. Als er im Alter von 56 Jahren starb, hiess es in der offiziellen Todesnachricht lediglich, der König sei «friedlich im Schlaf dahingeschieden».

Todeszeitpunkt manipuliert

König George V. starb 1936, nachdem er an einer Herz-Lungen-Krankheit gelitten hatte. Anstatt offen über den Gesundheitszustand des todkranken Königs zu sprechen, manipulierten die Palastbeamten den Todeszeitpunkt für eine günstigere Berichterstattung: 50 Jahre später veröffentlichte Tagebuchauszüge enthüllten, dass sein Leibarzt ihm Morphium und Kokain gespritzt hatte, um seinen Tod zu beschleunigen – auch, um ihn in den Morgenzeitungen zu verkünden, «anstatt in den weniger geeigneten Abendzeitungen».

Charles will sich bewusst offener zeigen als seine Mutter Elizabeth, die nach Angaben des Buckingham-Palastes in den Monaten vor ihrem Tod an «Mobilitätsproblemen» litt.

Im Januar teilte der Palast mit, dass Charles sich zur Behandlung einer vergrösserten Prostata in ein Londoner Krankenhaus begeben würde. Ein paar Wochen später hiess es, der König werde sich von öffentlichen Aufgaben zurückziehen, während er sich wegen einer nicht näher bezeichneten Krebsart behandeln lasse. Dies wurde jedoch in sachlichen Erklärungen vom Pressebüro des Palasts herausgegeben.

Doch Kate und William, beide 42 Jahre alt, gehören einer neuen Generation an, der es leichter fällt, persönliche Themen in sozialen Medien zu teilen. Kates Video wurde von William Warr gedreht, Kreativdirektor von Detail Films. Es kombiniert ihm zufolge Techniken der Filmproduktion mit strategischem Marketing, um «wunderschöne Markenfilme» zu schaffen. «Wir helfen Marken, Geschichten zu erzählen, um ihr Publikum anzusprechen», heisst es auf der Website des Unternehmens.

In dem Video beschreibt Kate, wie schwierig die vergangenen neun Monate für ihre Familie waren und drückt ihre Erleichterung über den Abschluss ihrer Chemotherapie aus. «Das Leben, wie man es kennt, kann sich in einem einzigen Moment verändern», sagt sie in dem Video, das in einem Waldgebiet nahe dem Sommersitz der Familie in Norfolk gedreht wurde.

«Es ist eine Liebesgeschichte»

Einige sehen den Film als Ausdruck einer Familie, die in der Krise zusammenhält. «Es ist eine Liebesgeschichte», sagt der ehemalige BBC-Korrespondent für das Königshaus, Michael Cole, gegenüber TalkTV. «Man sieht, was es für eine Familie bedeutet.»

Mark Borkowski, Berater für Öffentlichkeitsarbeit und Krisenkommunikation, beschreibt den Film als «tektonische Verschiebung in der Art und Weise, wie die Königsfamilie ihr Image kontrolliert»: «Kates Reise ist tiefgreifend und zutiefst persönlich, doch sie haben gelernt, dass Emotionen in kleinen starken Dosen kontrolliert – und als Waffen eingesetzt – werden können», sagt er. «Indem sie dies mit einem ausgefeilten Film tun, behalten sie ihre Würde und Kontrolle und wirken dennoch sympathisch.»

Dass die britischen Royals im Zeitalter von TikTok und Instagram neue Techniken für die Steuerung ihrer Geschichten brauchen, wurde spätestens dann deutlich, als der Palast im Januar von einer Bauchoperation Kates berichtete. Während der Palast nur wenige Details über ihren Zustand herausgab, waren die sozialen Medien voll von Spekulationen. Kate zog sich zurück, um sich auf ihre Genesung zu konzentrieren.

Rückkehr in die Öffentlichkeit

Als die Prinzessin zwei Monate später bekannt gab, dass sie an Krebs erkrankt war, wandte sie sich in einem bedrückenden Video direkt an die Öffentlichkeit und bat um «Zeit, Raum und Privatsphäre» für die Zeit der Behandlung. Im Juni veröffentlichte sie ein Video-Update, in dem sie sagte, sie habe gute und schlechte Tage. Sie hielt sich von den meisten öffentlichen Aufgaben fern und hatte seither nur zwei Auftritte – bei der Geburtstagsparade des Königs «Trooping the Colour» im Juni und während des Tennis-Endspiels der Männer in Wimbledon im Juli, wo sie mit Standing Ovations bedacht wurde.

Nach Abschluss der Chemotherapie will Kate nun langsam in die Öffentlichkeit zurückkehren und in den kommenden Monaten «noch ein paar weitere öffentliche Auftritte absolvieren». Doch in dem Video sagte sie, der Weg zur vollständigen Genesung sei lang und sie würde «jeden Tag nehmen, wie er kommt».

Das Video müsse als Teil der Bemühungen des Königs gesehen werden, die Royals offener zu präsentieren, um Unterstützung für die Monarchie zu erhalten, so Gross. «Es ist eine Operation – von der ganzen Firma zusammen», sagt er.

Von Danica Kirka, AP