Porträt einer skrupellosen Drogenbaronin«Griselda» – darum ist es die schlechteste Netflix-Serie aller Zeiten
Von Bruno Bötschi
3.2.2024
Sofía Vergara zu «Griselda»: «Es war schwierig, mich hässlich zu machen»
Kaum wiederzuerkennen dank falscher Nase: Schauspielerin Sofia Vergara als unbarmherzige Drogenbaronin Griselda Blanco in der Netflix-Serie «Griselda».
Bild: Netflix
Wie wird eine alleinerziehende Mutter zur Schlächterin? «Ich habe selber viel erlebt», so Vergara im Interview. «Ich weiss, dass Menschen brutal sein können, dass sie sich in etwas verändern können, dass man nie für möglich gehalten hätte.»
Bild: Netflix
«Ich sag’s nicht gern, aber ein Teil von mir bewundert Griseldas Drive», gibt Sofía Vergara zu. «Sie hat sich lange an der Spitze gehalten und wenn sie es gewollt hätte, hätte sie auch Präsidentin von Kolumbien werden können.»
Bild: Netflix
Miami Money Machine: Sofia Vergara und Emilio Estefan an der Premiere von «Griselda» in Miami.
Bild: Netflix
Als Co-Stars hat sich Sofía Vergara ganz besondere – und besonders vertraute – Talente ausgesucht: ihre Cousine, die Schauspielerin Paulina Dávila (rechts) und Reggaeton-Superstar Karol G (Mitte).
Bild: Netflix
Die echte Griselda Blanco starb am 3. September 2012 in Medellín auf die gleiche Weise, wie sie ihre Opfer töten liess: Durch zwei Todesschützen auf Motorrädern, den sogenannten «Cocaine Cowboys».
Bild: imago/ZUMA Press
Sofía Vergara zu «Griselda»: «Es war schwierig, mich hässlich zu machen»
Kaum wiederzuerkennen dank falscher Nase: Schauspielerin Sofia Vergara als unbarmherzige Drogenbaronin Griselda Blanco in der Netflix-Serie «Griselda».
Bild: Netflix
Wie wird eine alleinerziehende Mutter zur Schlächterin? «Ich habe selber viel erlebt», so Vergara im Interview. «Ich weiss, dass Menschen brutal sein können, dass sie sich in etwas verändern können, dass man nie für möglich gehalten hätte.»
Bild: Netflix
«Ich sag’s nicht gern, aber ein Teil von mir bewundert Griseldas Drive», gibt Sofía Vergara zu. «Sie hat sich lange an der Spitze gehalten und wenn sie es gewollt hätte, hätte sie auch Präsidentin von Kolumbien werden können.»
Bild: Netflix
Miami Money Machine: Sofia Vergara und Emilio Estefan an der Premiere von «Griselda» in Miami.
Bild: Netflix
Als Co-Stars hat sich Sofía Vergara ganz besondere – und besonders vertraute – Talente ausgesucht: ihre Cousine, die Schauspielerin Paulina Dávila (rechts) und Reggaeton-Superstar Karol G (Mitte).
Bild: Netflix
Die echte Griselda Blanco starb am 3. September 2012 in Medellín auf die gleiche Weise, wie sie ihre Opfer töten liess: Durch zwei Todesschützen auf Motorrädern, den sogenannten «Cocaine Cowboys».
Bild: imago/ZUMA Press
Griselda Blanco war eine gewalttätige kolumbianische Drogenbossin. Netflix hat ihr Leben verfilmt. Leider gleicht die Serie einem drögen Musical: Die Macher schrecken vor dem Kaltblütigen und Bösen zurück.
Von Bruno Bötschi
03.02.2024, 20:20
Bruno Bötschi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Brutalität und Grausamkeit der kolumbianischen Drogenbossin Griselda Blanco (1943 bis 2012) ist legendär.
«Der einzige Mann, vor dem ich mich je gefürchtet habe, war eine Frau namens Griselda Blanco», soll Pablo Escobar (1949 bis 1993) über die «Königin des Kokains» gesagt haben.
Netflix hat das Leben der Drogenbossin verfilmt. Leider wird die Miniserie «Griselda» der Aggression und dem Zorn nicht gerecht, welche Blanco durch ihr Leben begleiteten.
«Sieht so die brutalste Drogenkriegerin der Geschichte aus? Hochgearbeitet aus der Prostitution, drei Kinder, bevor sie 21 war, gefürchtet von Pablo Escobar?», fragt die Filmkritikerin im «Tages-Anzeiger», nachdem sie sich die Netflix-Serie «Griselda» angeschaut hat.
Antwort: Nein, sicher nicht.
Grausamkeit, Hass und viele Morde bringen Griselda Blanco ab Mitte der 70er-Jahre aus einem Armenviertel in der kolumbianischen Stadt Medellín an die Spitze des Kokaingeschäftes in Miami.
Die Frau gilt als die mächtigste und reichste Drogenbossin ihrer Epoche. Ihr Leben wurde bereits mehrmals verfilmt. Nun knöpfte sich der US-Streamingdienst Netflix die Drogenbaronin vor – und versagt kläglich.
Die sechsteilige Miniserie «Griselda» gleicht einer drögen Musicalverfilmung. Fehlt nur noch, dass die Darsteller*innen während des Tanzens in den Nachtclubs anfangen, zu singen.
Escobar liess Hunderte von Menschen ermorden
Aber ich fange besser von vorne: Pablo Emilio Escobar Gaviria (auch «El Doctor», «El Patrón» oder «Don Pablo» genannt) lebte von 1949 bis 1993.
Sein Verhalten zeichnet sich durch Grausamkeit und Skrupellosigkeit aus, die ihn an die Spitze des kolumbianischen Medellín-Kartells bringen. Der Drogenboss lässt Hunderte von Menschen umbringen.
Durch gross angelegten und erstmals in der Kriminalgeschichte auch industrialisierten Kokainhandel wird er ab Mitte der 70er-Jahre zu einem der reichsten Menschen der Welt. Escobar gilt bis heute als einer der mächtigsten und brutalsten Drogenbarone.
Netflix verfilmte das Leben von Escobar in der viel gelobten Serie «Narcos». Die drei Staffeln à zwölf Folgen handeln von den zwei Agenten der US-Drogenvollzugsbehörde und deren Verfolgungsjagd auf Escobar.
Blancos Sexappetit war so gross wie der Hang zur Gewalt
Ana Griselda Blanco Restrepo (auch «Reina de la Cocaina», «Viuda Negra» oder «La Madrina» genannt) lebte von 1943 bis 2012.
Verfolgt von den Männern ihrer alkoholkranken und gewalttätigen Mutter, verbringt sie die Kindheit grösstenteils auf der Strasse. Im Alter von elf Jahren entführt Griselda mit ihrer Bande ein Kind, um Lösegeld zu erpressen. Als die Eltern nicht zahlen, tötet sie den Buben mit einem Schuss zwischen die Augen.
In der Folge führt sie ein Leben eines gesetzlosen und frühreifen Pin-up-Girls. Es heisst, ihr Appetit auf Sex sei so gross gewesen sein wie ihr Hang zur Gewalttätigkeit. Ihre drei Ehemänner bezahlen später die Liebe zu ihr mit dem Tod.
Netflix verfilmte das Leben von Blanco in der sechsteiligen Miniserie «Griselda».
Blanco und Escobar – brutal, kaltblütig und mörderisch
Und ist dir etwas aufgefallen? Die Lebensgeschichten von Griselda Blanco und Pablo Emilio Escobar klingen ähnlich – genau: brutal, kaltblütig und mörderisch.
«Der einzige Mann, vor dem ich mich je gefürchtet habe, war eine Frau namens Griselda Blanco.» So soll Pablo Escobar die «Königin des Kokains» beschrieben haben. Mit diesem Zitat eröffnet auch die Netflix-Serie «Griselda».
Komisch nur, dass der US-Streamingdienst das Leben der Serienmörderin Blanco musicalhaft und in aller Kürze verfilmt hat, dagegen das Leben des mordenden Escobars äusserst detailreich und blutig begleitet.
Das finde ich ungerecht. Und möglicherweise ist es sogar frauenfeindlich. Warum scheuen sich die Netflix-Verantwortlichen davor, den körperlichen Zerfall von Blanco zu zeigen?
Grosse Drogenbosse koksen selber nicht
Ja, ich weiss, es gibt oft den Einwand, dass TV-Serien wie «Narcos» den Drogenhandel beschönigen und den Konsum von bewusstseinserweiternden Substanzen verherrlichen würden.
Dazu musst du wissen: Im Unterschied zu Kinofilmen wie «Scarface» koksen grosse Drogenbosse meist nicht, das galt auch für Escobar. Wenn es einer trotzdem tut, dann handelt es sich oft um einen Mörder – oder um Griselda Blanco.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere leitete Blanco in Miami ein milliardenschweres Drogenschmuggelimperium. Sie war dafür bekannt, dass sie massgeschneiderte Unterwäsche mit Geheimfächern konstruierte, um darin Kokain zu verstecken.
Auch in die Geschichte des Verbrechens ging die Blanco ein. Ihre tödliche Innovation: Exekution vom Motorrad aus. Diese Art, zu morden, ist bis heute ebenso populär wie die Exekution per Autobombe, welche einst die italienische Mafia entwickelt hat.
Die schrecklich traurige Lebensbilanz von Blanco: In den USA sollen mehr als 200 Menschenleben auf ihr Konto gehen, viele davon hat die «Königin des Kokains» eigenhändig erschossen.
«Die Serie schreckt vor dem Bösen in der Figur zurück»
Meine Frage bleibt offen: Warum wird Netflix-Serie «Griselda» dem Zorn und der Aggression, welche Blanco durch ihr Leben begleiteten, nicht gerecht?
Einige Kritiker*in schreiben, eins zu eins wäre die brutale Biografie der Drogenbossin nicht verfilmbar gewesen.
«Die Serie schreckt vor dem Bösen, Abgebrühten in der Figur zurück», notiert der «Tages-Anzeiger». Und weiter: Sofía Vergara, welche Blanco in der Netflix-Serie darstellt, verleihe ihr eine Sanftheit, die mit den zunehmend irrwitzigen Taten schwer zusammengeht.
Kokain, Crack und Medikamente dürften zum körperlichen Verfall von Griselda Blanco und final auch zu ihrer diagnostizierten Schizophrenie beigetragen haben. In der Netflix-Serie ist davon nichts zu sehen.
Griselda Blanco wurde zunehmend paranoid
In Miami eskaliert Anfang der 80er-Jahren die Gewalt zwischen konkurrierenden Drogenbanden immer mehr. Derweil Griselda Blanco wegen ihres exzessiven Drogenkonsums zunehmend paranoid wird. Sie vertraut fast niemandem mehr.
In der Folge gibt sie den Auftrag, einen ihrer langjährigen Auftragsmörder umzubringen. Der Mann hat sich vorher mit dem ältesten der vier Söhne von Blanco gestritten. Beim Mordversuch auf offener Strasse trifft der Schütze jedoch dessen zweijährigen Sohn.
In Realität soll Griselda Blanco – im Gegensatz zur Netflix-Serie, in der sie weinend einen Zusammenbruch erleidet – gelacht haben, als sie vom Mord an dem Kleinkind erfährt.
1985 wird die Drogenbossin verhaftet und wegen der Herstellung, Einfuhr und dem Vertrieb von Kokain angeklagt. Bereits nach sechs Jahren im Gefängnis wird sie nach Kolumbien abgeschoben, wo sie auf freien Fuss kommt.
Acht Jahre, nachdem Blanco in ihr Heimatland zurückgekehrt war, wird die 69-Jährige beim Verlassen einer Metzgerei in Medellín von Killern auf einem Motorrad erschossen.
Wie war das nochmals?
Wie war das nochmals? Die Serie «Griselda» beginnt mit dem Zitat von Pablo Escobar: «Der einzige Mann, vor dem ich jemals Angst hatte, war eine Frau namens Griselda Blanco.»
Mir machte das gehörig Eindruck und löste Furcht gegenüber der kolumbianischen Drogenbossin aus. Heute weiss ich: Die Netflix-Produktion löst dies in keiner Weise ein. Schade.
Und deshalb mein Fazit: «Griselda» – die schlechteste Netflix-Serie aller Zeiten.
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