Neues Comedy-Format auf SRF Herr Vetter, lassen Sie mehr die Sau raus!

Von Lukas Rüttimann

25.9.2023

Noch nicht alles Gold, was glänzt – aber die Richtung stimmt: Gabriel Vetter als Comedyshow-Host.
Noch nicht alles Gold, was glänzt – aber die Richtung stimmt: Gabriel Vetter als Comedyshow-Host.
Screenshot SRF

War das konsequente Gendern der Moderator*innen das Lustigste an der neuen SRF-Late-Night-Show «Die Sendung des Monats»? Fest steht: Die Premiere hatte viel Licht, aber auch Schatten zu bieten.

Von Lukas Rüttimann

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das neue Comedy-Format «Die Sendung des Monats» feierte Premiere auf SRF eins.
  • Gabriel Vetter und seine Sidekicks Fabienne Hadorn und Sven Ivanic setzen auf Live-Pointen und Film-Einspieler.
  • Nicht jeder Gag war ein Treffer, doch das Potenzial für eine lustige Zukunft ist vorhanden.
  • Unser Tipp für die kommenden Shows: Weniger ans Skript klammern, mehr die Sau rauslassen.

Tatsächlich dürfte das wiederholte ge-«innen» für einen Teil des Publikums schon das Lustigste an der ersten Ausgabe des neuen SRF-Comedy-Formats «Die Sendung des Monats» gewesen sein.

All jene, die eine Satireshow im Schweizer Fernsehen per se überflüssig finden, werden sich auch durch Gabriel Vetter nicht vom Gegenteil überzeugen lassen.

Dabei machte der neue Late-Night-Host bei seiner Premiere vieles richtig. Der ehemalige Slam-Poetry-Champion wirkte erstaunlich wenig nervös und führte nahezu ohne Versprecher durch die gut 30 Minuten Sprüche und vorproduzierten Filmbeiträge.

Souveräner Auftritt: Gabriel Vetter.
Souveräner Auftritt: Gabriel Vetter.
Bild: SRF/Gian Vaitl

Auch seine beiden Sidekicks Fabienne Hadorn und Sven Ivanic machten ihre Sache gut, man merkte dem Trio die reichlich vorhandene Bühnenerfahrung an.

Comedy-Trio muss den Groove noch finden

Dass die Premiere trotzdem nicht rundum überzeugte, liegt in der Natur der Sache. Ein neues Comedy-Team kann noch so gut sein. Bis es sich gefunden und – ähnlich einer Band – seinen Groove gefunden hat, braucht es Zeit.

Wer sich an die harzigen ersten «Deville»-Shows und deren Entwicklung in den folgenden Jahren erinnert, kennt das. Timing-Probleme und viele etwas holprige Übergänge waren denn auch klassische Anzeichen dafür, dass sich das neue Moderations-Trio noch finden muss.

Grooven noch nicht richtig zusammen: das Comedy-Trio Vetter, Hadorn und Ivanic (von rechts nach links).
Grooven noch nicht richtig zusammen: das Comedy-Trio Vetter, Hadorn und Ivanic (von rechts nach links).
Bild: SRF/Gian Vaitl

Und die Gags? Sagen wir es so: Nicht jeder ein Treffer. Bundesrat Ignazio Cassis als News-Verweigerer bot eine dankbare Angriffsfläche, die SVP mit ihrem «We are Family»-Songklau auch.

Auf der anderen Seite schoss man beim drohenden Fleischverbot und Bildern von im Hintern über die Grenze geschmuggelten Würsten (Hadorn: «Wurstfleisch im Rindsdarm im Darm von Menschen – eine Fleisch-Matrioshka!») ein wenig übers Ziel hinaus. Und der mehrfach bemühte Witz mit der Würstchen-Polizei – na ja.

«Polit-Meteo» als Höhepunkt

Bezeichnenderweise waren die vorproduzierten Filmbeiträge deutlich besser als viele Pointen aus der Aufzeichnung vor Live-Publikum aus dem Zürcher Plaza-Club.

Die Outdoor-Reportage von Julia Kubik bei den Schweizermeisterschaften im Wettpflügen etwa war herrlich lakonisch. «Welche Frisur wäre dieser Acker», fragte sie einen Teilnehmer, der die Allegorie zwischen Furchen und Strähnen offensichtlich nicht verstand und sich entschied, die Frage einfach zu ignorieren. Auch Kubiks Selbstversuch auf dem Traktor endete in einem durchaus unterhaltsamen Fiasko.

Welche Frisur wäre dein Acker? Gelungene Aussen-Repo von Julia Kubik.
Welche Frisur wäre dein Acker? Gelungene Aussen-Repo von Julia Kubik.
Bild: Screenshot SRF

Höhepunkt indes war das «Polit-Meteo», bei dem Gabriel Vetter und sein Team die SRF-Wettervorhersagen auf politische Parteien ummünzten.

Ivanic als FDP-Wetterfrosch präsentierte die Temperaturen als Börsenkurse, eine GLP-Moderatorin betonte die Wirtschaftlichkeit im Klimawandel, und Vetter als SVP-Bucheli im Edelweiss-Hemd suchte (und fand) die Schuldigen für das miese Wetter bei den üblichen Verdächtigen: «Wolken aus dem Ausland – es kommen zu viele, und es kommen die falschen». Sehr schön.

Auch die Idee, einen «Gebührenzahler des Monats» die 300 Franken Serafe-Gebühr verpulvern zu lassen und ihn am Ende in die Kamera sagen zu lassen: «Dafür zahle ich gerne Serafe-Gebühr», war ziemlich lustig – und wunderbar ironisch.

Loslassen, dann kommt's gut

Solche Momente zeigen, dass das Potenzial der neuen Show auf jeden Fall vorhanden ist. Doch es bräuchte künftig mehr Mut, sich nicht so stark ans Skript zu klammern.

«Es kommen zu viele, und es kommen die Falschen»: Die politische Meteo-Satire war ein Höhepunkt.
«Es kommen zu viele, und es kommen die Falschen»: Die politische Meteo-Satire war ein Höhepunkt.
Bild: Screenshot SRF

Statt Hadorn und Ivanic auswendig gelernte Pointen ellenlang als getarnte «Regio-News» aufsagen zu lassen, möchte man das Team ermutigen, ihrem zweifellos vorhandenen schwarzen Humor ähnlich freien Lauf zu lassen, wie das Vorgänger Deville am Schluss seiner SRF-Zeit getan hat.

«Off script» gehen, sich gegenseitig hochnehmen und auch mal spontan einen Spruch raushauen – das würde und wird der «Sendung des Monats» guttun.

Im Gegenzug darf es dafür künftig auch ein oder zwei der mittlerweile etwas abgestanden wirkenden SVP- und Katholen-Bashings weniger sein.


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