Body-Horror «The Substance»Demi Moore ist besessen von einem jüngeren, besseren Ich
Von Gianluca Izzo
20.9.2024
«The Substance» verleiht der Hollywood-Ikone Demi Moore ein spektakuläres Leinwand-Comeback. Die provokante Body-Horror-Komödie behandelt wichtige Themen wie Selbstakzeptanz, Schönheitswahn und Misogynie.
Gianluca Izzo
20.09.2024, 18:11
Fabian Tschamper
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
In «The Substance» gerät eine ehemalige Hollywoodschauspielerin an ein geheimes, neues Medikament, das ihr ein jüngeres, besseres Ich verleiht.
Die einzigartige Body-Horror-Komödie ist mit seiner Thematik brandaktuell, provokant, wuchtig und stylisch inszeniert, wird jedoch im Verlauf auch grenzenlos ekelerregend und sollte von zartbesaiteten Gemütern gemieden werden.
Demi Moore feiert nach Jahrzehnten ohne prägende Filmauftritte ein verblüffend gutes Leinwand-Comeback mit einer Hauptrolle, die ihr wie auf den Leib geschrieben ist.
Mit Filmen wie «Enthüllung», «Striptease» oder «Die Akte Jane» hat sich Demi Moore in den 90er-Jahren als eine der gefragtesten Hollywoodstars etabliert und erreichte damit den heutigen Status als Schauspielikone.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist es deutlich ruhiger geworden um den einst so erfolgreichen Superstar und es schien, als würde sich ihre Karriere so langsam dem Ende neigen. Sie selbst gab sogar kürzlich in einem Interview zu verstehen, dass sie in Erwägung zog, mit der Schauspielerei aufzuhören.
Zum guten Glück ist jedoch alles anders gekommen. Die französische Regisseurin Coralie Fargeat, die bereits mit ihrem brutalen Rache-Actionthriller «Revenge» für grosses Aufsehen sorgte, verleiht Demi Moore nun ein geradezu fulminantes Comeback auf der Kinoleinwand.
Ein Spiegel für Demi Moores Realität
In Fargeats neuem Werk «The Substance» übernimmt Moore die Hauptrolle und besticht mit einer mutigen, physisch anspruchsvollen und mitreissenden Darstellung. Die Rolle scheint ihr wie auf den Leib geschrieben zu sein, weil sie sich selbst wohl gut mit der Figur identifizieren kann. Demi Moore spielt Elisabeth Sparkle, eine ehemals erfolgreiche Hollywoodschauspielerin, die sich ihren Lebensunterhalt mittlerweile als Fitnessinstruktorin in Fernsehshows verdient. Doch auch bei diesem Job scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis sie durch eine jüngere, «knackigere» Variante ersetzt wird.
Dies erfährt sie zunächst nur durch Zufall, als sie den Chef der Fernsehstation beim Telefongespräch belauscht, während er in der Toilette nebenan gerade uriniert.
Nicht zufällig heisst dieser Chef «Harvey» und wird von Dennis Quaid herrlich überspitzt dargestellt als Paradebeispiel eines misogynen Schweinehundes. Völlig unverhofft gerät Elisabeth an ein geheimes Medikament, das all ihre Probleme lösen könnte. «The Substance» verleiht ihr ein jüngeres, hübscheres und besseres Ich!
Doch ganz so einfach funktioniert es nicht, denn es gelten dabei einige Regeln.
Der gesellschaftliche Schönheitswahn
Die Substanz darf nur in bestimmter Menge und Häufigkeit eingenommen werden. So wird Elisabeth jeweils abwechselnd für eine Woche lang zur atemberaubenden jungen Schönheit Sue und muss daraufhin wieder für eine Woche in ihren alten Körper zurückschlüpfen. Dies klappt für eine Weile gut, doch bald entwickelt Elisabeth eine Besessenheit für ihr neues fabelhaftes Ich. Als sie beginnt, die Regeln zu missachten, wird sie mit grauenhaften Überraschungen konfrontiert.
Coralie Fargeat trifft mit der Geschichte ihrer meisterhaft inszenierten Body-Horror-Satire den Nerv der Zeit und spricht diverse aktuell dringliche Themen auf clevere Weise an. Sie übt Kritik an Hollywood und der Fernsehindustrie, welche Frauen ab einem gewissen Alter keine oder deutlich weniger Rollen in Filmen geben und verweist auf das gesellschaftliche Problem des Schönheitswahns, der den Menschen bis hin zur völligen Obsession aufgezwungen wird.
Zudem beleuchtet sie die Frage der Selbstakzeptanz auf hochspannende Weise. Die Hauptfigur in «The Substance» gerät in einen unerbittlichen Kampf mit sich selbst, weil sie ihr wahres Ich nicht mehr akzeptieren kann.
Der Film ist ein provokantes Statement – erfrischend ehrlich und schonungslos direkt. Mit viel schwarzem Humor wird in «The Substance» alles völlig überspitzt dargestellt, doch die Aussagen, die dabei gemacht werden, sind von enormer Bedeutung und sehr pointiert.
Dies äussert sich nicht nur in der Erzählung selbst, sondern auch in der cleveren und detailgetreuen Bildsprache. In der allerersten Einstellung des Films wird ein Spiegelei aus der Vogelperspektive dargestellt, welches es sich langsam entzweit. Die folgende Einstellung zeigt einen Hollywoodstern am Boden, der mit Essensresten beschmutzt und verschmiert wird. Die Bilder sind erste Hinweise darauf, was in der Folge erzählt wird.
Was heiter, knallig bunt und sexy beginnt mit den Fitness-Tanz-Videos, entwickelt sich hin zu ekelerregenden Bildern von deformierten und verunstalteten menschlichen Körpern. Der krankhafte Schönheitswahn führt zur grenzenlosen Hässlichkeit. Dabei sind dem Body-Horror wirklich keine Grenzen gesetzt und lassen das Publikum zweifeln, ob es nun schreien oder lachen soll. «The Substance» bietet wahrhaftig ein einzigartiges filmisches Erlebnis, das nie mehr in Vergessenheit gerät.
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