Erfolg wichtiger als IntegritätEx-Mitarbeitende erheben neue Vorwürfe gegen DJ Bobo
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28.4.2024
DJ Bobo ist einer der erfolgreichsten Schweizer Musiker. Ehemalige Mitarbeitende erheben in einer Schweizer Tageszeitung schwere Vorwürfe gegen ihn. Erfolg sei ihm wichtiger als Integrität.
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28.04.2024, 09:08
29.04.2024, 06:58
Carlotta Henggeler
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
DJ Bobo alias René Baumann zählt zu den erfolgreichsten Musikern der Schweiz. Hits wie «Somebody Dance With Me» oder «Chihuahua« gehen auf sein Konto.
Erst kürzlich erhoben Künstlerin Lori Glori und Emel Vorwürfe gegen ihn (blue News berichtete). Es geht um Verträge und Songrechte.
Jetzt erheben Ex-Mitarbeitende neue Vorwürfe gegen DJ Bobo. Sie sagen, Erfolg sei ihm wichtiger als Integrität.
DJ Bobo ist das Sackmesser unter den Schweizer Musikern – der helvetische Exportschlager auf der ganzen Welt.
Seine Karriere? Einzigartig und steil wie die Steigung einer Achterbahn. Auf das Konto des gelernten Bäcker-Konditors gehen 150 Gold-, 29 Platin- und 2 Diamantauszeichnungen. 5 Millionen Konzertbesucher*innen haben seine Shows gesehen, 21 Mal füllt er das Zürcher Hallenstadion. Sein Vermögen? 25 Millionen Franken.
Erst kürzlich erhoben die Sängerinnen Lori Glori und Emel Vorwürfe gegen den 56-jährigen Musikstar (blue News berichtete): Die amerikanische Sängerin Lori Glori (64) hat in den 1990ern einen Vertrag unterschrieben, bei welchem sie unwissentlich ihre Rechte an der eigenen Stimme abtritt.
Sängerin Emel hat mit 16 Jahren den ersten Hit von DJ Bobo «Somebody Dance With Me» gesungen. DJ Bobo sagte damals Emel, dass er kein Geld habe. Sie vereinbarten eine Beteiligung, falls der Song erfolgreich werde. Ein befreundeter Produzent hat Emel damals geholfen. Man stellte ihr einen Top-Anwalt zur Seite.
Jetzt erheben ehemalige Mitarbeitende neue Vorwürfe gegen DJ Bobo und kratzen damit an seinem Saubermann-Image. Die Liste von Hintergangenen ist lang. Mehr als einmal war René Baumann der Erfolg wichtiger als Integrität, schreibt «blick.ch» am Sonntag.
Aus dem Buch «Die vergessenen Jahre»: «Er war ein sehr guter DJ, aber er hatte keine Ahnung vom Musikbusiness»
Im Buch «Die vergessenen Jahre» kommen Leute zu Wort, die den Erfolg von DJ Bobo erklären können – es sind kritische Stimmen zu seinen ersten Schritten im Musikbusiness.
«Er war ein sehr guter DJ, aber er hatte keine Ahnung vom Musikbusiness. Er verfolgte jede unserer Aktivitäten sehr genau, machte Notizen, schrieb alles schön auf», sagt sein erster Produzent gemäss «Blick» über DJ Bobos Startphase im Musikbiz.
DJ Bobo hat den richtigen Riecher. Die Plattenverkäufe sinken in den Nullerjahren in den Keller, die Industrie muss umdenken. Einer, der das von Anfang an kapiert hat, ist eben DJ Bobo. Künstler*innen machen ihr Geld mit ihren Shows und immer mehr mit Merchandising und Kooperationen.
So tourt DJ Bobo im Zweijahresrhythmus in grossen Hallen mit massentauglichen Shows und lässt sich einiges fürs Merchandising einfallen: vom USB-Stick bis zum Plüschtiger.
Erfolg ist wichtiger als Integrität
Erfolg sei DJ Bobo wichtiger als Integrität, schreibt «Blick». So sei der Refrain seines ersten Hits geklaut. Nach einem Vergleich müsse er für jede Platte Tantiemen in den USA bezahlen. Später habe sein Berater für eine Auszeichnung bei den Verkaufszahlen getrickst.
Zu den Vorwürfen von Lori Glori und Emel kommen neue dazu. Im Buch «Die vergessenen Jahre» kommt laut «Blick» eine dritte Sängerin zu Wort, Jennifer. Sängerin Jennifer musste ebenfalls via Anwalt drum kämpfen, am Verkauf beteiligt zu werden.
Auch Tourtänzerin meldet sich
Auch Tanja Geuder richtete Vorwürfe an die Adresse des Hitproduzenten. Sie war von 1994 bis 1997 Sängerin und Tänzerin bei DJ Bobo.
Geuder (62) stürzt während einer Show in ein Loch, weil die Bühne kurz vor Konzertbeginn verändert worden sei, behauptet sie. Die Folge: Ihre Schulter ist zertrümmert. Die junge Mutter kann nicht mehr auftreten und hat somit kein Einkommen mehr.
Eine Entschädigung soll sie nie gesehen haben. Ein Anwalt rät ihr davon ab, zu klagen – aus finanziellen Gründen.
Produzent des ersten Albums redet von einer unseriösen Praktik
«Blick» holt weiter aus. Auch Gutze Gautschi (75) fühle sich hintergangen. Mark Wyss und Gautschi haben 1992 René Baumann (DJ Bobo) 1992 unter Vertrag genommen und sein erstes Album produziert. Sie hätten ihm zum Erfolg verholfen. DJ Bobo habe sich nie dankbar gezeigt. In Bobos Biografie seien Gautschi und Wyss nur als «die Jungs von Fresh Music» erwähnt.
Als DJ Bobo das Label wechselt, soll er alle Songs neu aufgenommen haben, mit neuen Sängerinnen – oft sei das seine Frau Nancy gewesen. So soll er sich die Tantiemen an die früheren Rechteinhaber und die beiden Produzenten ersparen. Diese neuen Aufnahmen soll er nie sauber als ebensolche deklariert haben.
Gautschi sagt weiter aus, dass Lori Gloris Fall schon früher in den 90ern als Abzocke gegolten habe: «Gibt jemand die Stimme für einen Hit, beteiligt man sie oder ihn mit einem Prozentsatz. Das machen seriöse Labels so.»
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