«Gut abgeschirmt»Darum gibt es von Taylor Swift keine Schweizer Schnappschüsse
Bruno Bötschi
12.7.2024
Thomas Dürr ist einer der bedeutendsten Konzertveranstalter der Schweiz. Im Gespräch spricht er über die Trends im Musikgeschäft, die Vorbereitungen für Taylor Swifts Konzerte in der Schweiz – und erklärt, warum vom US-Popstar kaum Paparazzi-Bilder zu sehen sind.
Bruno Bötschi
12.07.2024, 14:20
14.07.2024, 12:01
Bruno Bötschi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Thomas Dürr ist mit seiner Firma Act Entertainment einer der grössten Konzertveranstalter der Schweiz.
Der Partner von Jetset-Lady Irina Beller hat in den letzten 32 Jahren weit über 5000 Shows auf die Bühne gebracht.
«Wenn du so wie Taylor Swift während jedem Konzert mehr als drei Stunden auf der Bühne stehst, musst du schon sehr fit sein. Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll ist da nicht unbedingt empfehlenswert», sagt er im Gespräch mit blue News.
Thomas Dürr, Sie sind seit Jahren als Konzertveranstalter in der Schweiz tätig. Welches war das bisher grösste Konzert, das Sie hierzulande organisiert haben?
Meine bisher grössten Konzerte waren die beiden Auftritte der britischen Popband Coldplay im Letzigrund in Zürich im Jahr 2016.
War der Auftritt von Beyoncé nicht noch grösser?
Ihr Konzert fand ebenfalls im Letzigrund statt, aber es war nicht ganz ausverkauft.
Hat der Gigantismus mit Shows, die an einem Abend mehr Strom verbrauchen als eine Kleinstadt pro Jahr, überhaupt noch Zukunft?
Beyoncé kam mit über 100 Lastwagen angefahren. So etwas ist tatsächlich fragwürdig. Im Moment sieht es jedoch so aus, als wären diese Megashows ein Teil des Musikgeschäfts hierzulande. Immer öfter werden diese grossen Shows – so wie jetzt auch bei Taylor Swift – gleich zweimal nacheinander gespielt.
Was zudem auffällt, sind die stark steigenden Konzertpreise.
Das stimmt. Während die Preise für Musicals in den letzten 20 Jahren mehr oder weniger stabil geblieben sind, werden Konzerttickets immer teurer. Eine Folge dieser Erhöhung ist, dass unheimlich viel Geld aus dem Markt abgezogen wird – was nicht zuletzt die einheimischen Künstler*innen in der Schweiz zu spüren bekommen.
Taylor Swift spielte im zweimal ausverkauften Letzigrund in Zürich vor 50'000 Menschen. Waren Sie auch da?
Ja, ich war am zweiten Konzert dabei.
Wie hat Ihnen der Auftritt von Taylor Swift gefallen?
Ihr Konzert erinnerte mich an die Bühnenshow von Helene Fischer. Taylor Swift bot eine perfekt inszenierte, US-amerikanische Bühnenshow – mir fehlte nur etwas der Überraschungseffekt. Deshalb bin ich nach dem Konzert auch nicht komplett euphorisch nach Hause gegangen – im Gegensatz zu den meisten anderen Swifties.
2004 starteten Sie mit Konzerten in Schweizer Fussballstadien: Herbert Grönemeyer trat damals im Basler Joggeli vor über 40’000 Zuschauer*innen auf. Wer brachte Sie auf diese Idee?
Wir fanden es interessant, ein Konzert im Freien zu organisieren – ganz besonders in einem Fussballstadion. Früher gab es in der Schweiz maximal ein solches Megakonzert pro Jahr, heute werden allein schon im Letzigrund in Zürich vier pro Sommer organisiert.
Worauf müssen Sie als Veranstalter von so einem Megakonzert besonders achten?
Wer so ein Konzert organisiert, kann sich keine Fehler leisten. Es ist ein bisschen so, als würdest du ein Team für die Fussball-EM zusammenstellen: Du brauchst auf jeder Position den besten Spieler.
Sind die Zeiten von Sex, Drugs and Rock 'n' Roll im Backstage eigentlich vorbei?
Na gut, wenn du so wie Taylor Swift während jedem Konzert mehr als drei Stunden auf der Bühne stehst, musst du schon sehr fit sein. Ich denke, Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll sind da nicht unbedingt empfehlenswert. Obwohl die Rolling Stones das früher ja auch geschafft haben … (lacht)
Was mich überrascht hat bei Taylor Swift: Die Sängerin ist ein absoluter Weltstar und trotzdem erschienen während ihres Aufenthaltes in der Schweiz ausschliesslich Konzertfotos von ihr.
Ich denke, Taylor Swift hat es geschafft, ihr Privatleben sehr gut abzuschirmen. Was möglicherweise auch damit zu tun hat, dass sie sich nach ihren langen Auftritten auch einmal ausruhen muss und keine Lust auf Shoppen oder Partymachen hat. Das ginge körperlich irgendwann wahrscheinlich auch nicht mehr auf.
Wie schirmt man als Veranstalter Megastars wie eine Taylor Swift ab?
Ich bin nicht der Veranstalter der Taylor-Swift-Konzerte und kenne deshalb nicht alle Details. In der Regel ist es aber so, dass mit so einem Weltstar das immer gleiche Team unterwegs ist, welches alles so organisiert und abschirmt, wie die Künstlerin oder der Künstler es wünscht.
Es gab Jahre, da stemmten Sie in einer Saison mehrere Stadionshows. Heute ist das anders: Wieso sucht man das Logo Ihrer Firma «Act Entertainment» vergebens bei diesen Megakonzerten?
Wir haben uns aus diesem Bereich zurückgezogen und gehen back to the roots.
Was heisst das konkret?
Wir organisieren vermehrt kleinere Konzerte. Es gibt weltweit zwei grosse Trends im Bereich Konzerte: Da sind einerseits die grossen Stadionkonzerte und andererseits die kleinen, feinen Veranstaltungen. Ich nenne sie Boutiquekonzerte. Dort steht die Musik im Vordergrund – so wie bei unserem Waterfront Festival, das wir dieser Tage zum ersten Mal im Kongresshaus in Zürich veranstalten.
Das heisst, als Besucher*in von solch kleinen Konzerten komme ich den Stars viel näher als bei einem Megakonzert?
So ist es. Die Atmosphäre von Boutiquekonzerten ist intimer und zudem kosten die Tickets deutlich weniger.
Das Waterfront Festival findet noch bis am 20. Juli im Kongresshaus Zürich auf. Es treten unter anderem Stephan Eicher und Katie Melua auf.
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