Gestern wurden die Chefs der Social-Media-Konzerne mal wieder vor den US-Kongress gezogen. Anwesend bei einer öffentlichen Anhörung des Senatsjustizausschusses waren die CEOs vom Videodienst Tiktok, dem ehemaliger Twitter X, dem Fotomessenger Snap, dem Chatdienst Discord sowie von Facebook- und Instagram-Betreiberin Meta. Und dessen CEO Mark Zuckerberg bekam das mit Abstand meiste Feuer der Senator*innen zu spüren.
Der Ton wurde direkt in den Stellungnahmen der Senator*innen zu Beginn der Sitzung gesetzt. «Sie haben Blut an Ihren Händen», sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende, der Republikaner Lindsey Graham, in Richtung der CEOs, erwähnte dabei allerdings nur Zuckerberg beim Namen. Sein Produkt würde «Menschen töten», so Graham.
'You have a product that's killing people', Senator Lindsey Graham told Meta CEO Mark Zuckerberg as the chief executive of the social media company faced tough questions at a US Senate hearing on his efforts to combat online child sexual exploitation https://t.co/awDTztjEETpic.twitter.com/tPti32YdNb
Nominell ging es bei der Anhörung um die Verbreitung von Kindesmissbrauchsmaterialien über soziale Medien, aber wie üblich im US-Kongress nutzten die Politiker*innen die Gelegenheit, die CEOs wegen einer ganzen Reihe von Missständen an den Pranger zu stellen. Im Publikum waren auch Eltern, deren Kinder Opfer von Social Media wurden, weil sie nach Online-Mobbing Suizid verübten oder über die Plattformen kontaminierte Drogen kauften.
Im Laufe der Anhörung wurde es nicht besser für Zuckerberg. Ihm wurden interne E-Mails vorgehalten, aus denen hervorgeht, dass ihn seine eigenen Führungskräfte gewarnt haben, dass Meta die selbst gesteckten Ziele bei der Verhinderung von Mobbing verfehle. Dennoch hatte er es abgelehnt, für diesen Zweck 45 neue, spezialisierte Mitarbeiter*innen einzustellen.
Der dramatischste Moment der Anhörung kam, als Zuckerberg vom republikanischen Senator Josh Hawley aufgefordert wurde, sich bei den in Saal anwesenden Eltern zu entschuldigen. Nach mehrfacher Nachfrage stand Zuckerberg auf und drehte sich in Richtung Publikum.
Hawley just called on Zuckerberg to apologize directly to the the families in the audience of victims who were impacted by child sexual exploitation on Meta platforms.
«Es tut mir leid, was Sie alles erleben mussten», so Zuckerberg in der Passivform zu den Eltern. Danach sprach er dann auch schon von den «branchenführenden» Anstrengungen, die Meta unternehme, um Familien zu schützen.
In seinem Eingangsstatement hatte Zuckerberg zuvor abgestritten, dass Meta-Produkte Kindern schaden würden. Denn die Wissenschaft habe «keine kausale Verbindung» zwischen der Nutzung von sozialen Medien und schlechterer psychischer Gesundheit von Jugendlichen nachweisen können.
Eigentlich sind solche Anhörungen dafür gedacht, neue Gesetze vorzubereiten. Doch vorherige Tech-Skandale, an denen Meta recht oft beteiligt war, führten zu nichts. Die US-Abgeordneten gaben sich öffentlich empört, Gesetzesänderungen gab es dann aber nicht. Vom völlig zerstrittenen US-Kongress ist daher, auch wenn sich Republikaner und Demokraten in dieser Sache eigentlich weitgehend einig sind, auch dieses Mal wenig zu erwarten, wenn es darum geht, sich auf ein konkretes Gesetz mit all seinen Details zu einigen.
Zahlreiche Bundesstaaten haben zwar diverse Gesetze erlassen, die Jugendliche schützen sollen, etwa durch Altersverifikation. In Florida läuft gerade ein Gesetzesentwurf durchs Parlament, der Social-Media-Nutzung unter 16 Jahren ganz verbietet. Einige republikanische Bundesstaaten haben auch gleich Tiktok als Ganzes verboten. Doch diese Gesetze wurden grösstenteils von den Gerichten für null und nichtig erklärt, eben, weil die Regulierung des Internets eigentlich Bundeskompetenz ist.
Zuckerberg schiebt Verantwortung auf Apple und Google ab
Zuckerberg sagt sogar, er würde ein Bundesgesetz für eine verpflichtende Altersüberprüfung unterstützen, allerdings mit einigem wichtigen Haken. Diese Überprüfung sollen doch bitte Google und Apple in ihren App Stores übernehmen.
Das wäre natürlich praktisch für Meta, weil es dann selbst nichts leisten muss und für Fehler bei der Altersverifikation nicht in der Verantwortung steht. Da sich aber etwa Facebook und Instagram auch auf dem Desktop über den Browser aufrufen lassen, ist unklar, wieso diese Methode einen sicheren Jugendschutz darstellen soll.