Analyse Wie Huawei Apple nacheifert

Von Henning Steier, Dongguan

9.8.2019

Um Apple Paroli zu bieten, muss Huawei mehr Entwickler begeistern.
Um Apple Paroli zu bieten, muss Huawei mehr Entwickler begeistern.
Symbolbild: PD

Die Chinesen möchten offenbar wie der iPhone-Hersteller Hardware, Software und Dienster aus einer Hand anbieten. Der Weg zu diesem Ziel ist steinig – eine Analyse.

Zhang Ping'an, President Cloud Service, Huawei Consumer Business Group, war sichtlich bemüht, die Stärke des Huawei-Ökosystems hervorzuheben. Beispielsweise zähle man mittlerweile 910'000 registrierte Entwickler, vor einem Jahr seien es erst 450'000 gewesen. Der eigene App Store, App Gallery genannt, habe 370 Milllionen monatlich aktive Nutzer, vor einem Jahr seien es 190 Millionen gewesen. Es fänden sich in diesem bereits «11'000 populäre nicht-chinesische Apps», sagte Ping'an in seiner Keynote zum Auftakt der Huawei-Entwicklerkonferenz HDC 2019 im chinesischen Dongguan.

Laut dem Huawei-Manager ist die App Gallery schneller, sichererer und besser kuratiert als Google Play. Beispielsweise werden sogenannte Fast Apps innert drei Tagen zugelassen. Bis Ende Jahr soll es eine neues Bildungsangebot in der App Gallery geben, vorerst allerdings nur in China. Zur Erinnerung: Google-Dienste, also auch das App-Angebot Play, sind im Reich der Mitte nicht verfügbar.

Huawei Music gibt es bereits in 35 Ländern. Mit 35 Millionen Songs ist das Angebot gegenüber Spotify und Apple Music allerdings ausbaufähig. Immerhin: Bis Ende 2019 soll Huaweis Musicstreamingdienst in 60 weiteren Ländern verfügbar sein. 

Auch der Streamingservice Huawei Video wird gemäss Zhang Ping'an stetig mit weiteren Partner ausgebaut. Man biete state-of-the-Art-Technologie wie den Codec WiseVideo. Dieser soll die Bildqualität um 60 Prozent verbessern und trotzdem soll der Clip dann nicht mehr Bandbreite brauchen. Bei gleicher Bildqualität soll der Datenverbrauch um 20 Prozent gesenkt werden. 

Das E-Book-Angebot Huawei Reader habe eine Million Titel zu bieten, sagte Pingan Zhang. Ab Ende 2019 soll es auch ausserhalb Chinas verfügbar sein. 

In der Summe erinnert Huaweis Strategie stark an Apples: Das chinesische Unternehmen möchte nicht nur Hardware verkaufen, sondern mit Diensten, natürlich hat man etwa auch Cloud-Speicher im Angebot, Hardware-Kunden zu Geld machen. Apple hat gezeigt wie das geht und bei der Vorlage der jüngsten Quartalszahlen erneut dargelegt, dass die Zeit der wachsenden Geldbringergeräteabsatzzahlen, ergo iPhone-Verkäufe, wohl erst einmal vorbei sei. Nun gehe es darum, das Geschäft mit den Services, etwa Apple Music, Apps oder dem neuen Film- und Serienstreamingdienst  Apple TV+ voranzutreiben. 

Im Kern geht es also um die Frage, ob Huawei ausserhalb Chinas den Status erreichen kann, den das Unternehmen im Reich der Mitte hat.

Huawei ist natürlich noch nicht in Apples Liga, was unter anderem an der deutlich geringeren Zahl an Entwicklern liegt; Apple zählt über 20 Millionen. Zudem sind die Chinesen, was ihre Dienste anbelangt, vor allem in ihrem Heimatland eine Macht. Nicht ohne Grund fielen in den heutigen Keynotes mehrmals Abkürzungen wie GDPR: Huawei muss bei westlichen Kunden noch viel Vertrauen gewinnen; Stichwort: Datenschutz. 

Nicht zuletzt ist die App Gallery natürlich kein Ersatz für Google Play. Der Ausbau ist auch damit zu begründen, dass Huawei nicht nur mit dem eigenen Betriebssystem HarmonyOS  gewappnet sein will, falls der Streit zwischen den USA und China nicht beigelegt wird und die Chinesen auf Android und Googles Dienste werden verzichten müssen. Dass Mobilfunkgiganten aber nicht ohne Weiteres eine Alternative zu den seit Jahren das Geschäft dominierenden Angeboten aus dem Boden stampfen können, hat vor geraumer Zeit schon Samsung mit Tizen erfahren müssen. 

Dahinter steckt das Huhn-Ei-Probleme: Ohne grosses App-Angebot sind neue Betriebssysteme nicht attraktiv und ohne viele Nutzer ziehen die Plattformen kaum Entwickler an. Insofern ist es auch kein Zufall, dass die hauseigene Huawei-Programmiererkonferenz HDC 2019 in diesem Jahr mit 5000 Teilnehmenden so gross ist wie nie zuvor. 

Update 22 Uhr: Wie US-Präsident Donald Trump im Weissen Haus erklärte, sei keine Einigung auf ein Handelsabkommen absehbar. Die nächste Verhandlungsrunde der beiden Länder ist für Anfang September in Washington geplant. Trump betonte, bis zu einer etwaigen Einigung werde man keine Geschäft mit Huawei abschliessen.

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