Sicherheitsrisiko SBB sind russische Software bald los

Martin Abgottspon

22.8.2024

Die SBB können russische Software nun schrittweise mit ihrer eigenen ersetzen.
Die SBB können russische Software nun schrittweise mit ihrer eigenen ersetzen.
Keystone

Wegen möglicher Cyberangriffe und Ausfallbefürchtungen arbeiten die SBB seit zwei Jahren an einer neuen Software, um ihre russische zu ersetzen. Das kostete mehr Mühe und Geld als erwartet.

Martin Abgottspon

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  • Die SBB haben Ende 2022 beschlossen, die von der russischen Firma Infotrans gelieferten Gleismesssysteme zu ersetzen.
  • Damit will der Betrieb potenzielle Sicherheitsrisiken und Abhängigkeiten minimieren, insbesondere im Kontext der Russland-Sanktionen.
  • Die Umstellung auf ein eigenes System war aufgrund fehlender Kompetenzen in der Schweiz komplex und teurer als geplant.

Mit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine rückte die Bedrohung durch mögliche Cyberangriffe aus Russland verstärkt in den Fokus westlicher Staaten. Diese Befürchtungen wurden jüngst durch eine Welle von Hackerangriffen aus Russland im Vorfeld der Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock untermauert. Vor diesem Hintergrund wächst die Sorge um die Abhängigkeit von russischen Technologien auch in der Schweiz.

Bereits vor über zwei Jahren äusserte der Bund Besorgnis über den Einsatz russischer Software bei der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB). Der Bahnkonzern nutzte damals Systeme des russischen Unternehmens Infotrans, die für die Gleismessung und die Identifikation von Fehlern an den Schienen unerlässlich sind. Diese Abhängigkeit brachte potenzielle Risiken mit sich, wie die NZZ damals berichtete: Zum einen könnten durch die Zusammenarbeit mit einem russischen Lieferanten die Leistungen eingeschränkt werden, zum anderen bestehe die Gefahr einer Infiltration durch Cyberangriffe.

Ausnahmebewilligung vom Seco war nötig

Die SBB haben als Folge dieser Diskussion Schritte eingeleitet, um sich von der russischen Software zu trennen. Ein Sprecher des Unternehmens bestätigte gegenüber Blick, dass bereits Ende 2022 entschieden wurde, sämtliche Systeme von Infotrans zu ersetzen. Dieser Entschluss habe aber nichts mit der medialen Berichterstattung zu tun.

Obwohl keine Daten, die von den Systemen erfasst werden, auf russische Server gelangten, sahen die SBB dennoch Risiken, insbesondere was die Ausfallsicherheit betrifft. Durch die Ablösung der russischen Software soll dieses Risiko minimiert werden.

Der Entschluss, die russische Software zu ersetzen, erfolgte im Zuge der Sanktionen, die die Schweiz im Frühjahr 2022 von der Europäischen Union übernommen hatte. Um die Infotrans-Systeme bis zur Umstellung weiterhin nutzen zu können, benötigten die SBB sogar eine Ausnahmebewilligung vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Mehrkosten von knapp einer Million

Die Ablösung der russischen Software erwies sich jedoch als komplexer und kostspieliger als ursprünglich angenommen. Da es in der Schweiz an den notwendigen Kompetenzen fehlt, ist das von Infotrans gelieferte System das technologisch fortschrittlichste auf dem Markt. Um ein eigenes, ebenso funktionales System zu entwickeln, mussten die SBB erhebliche Anstrengungen unternehmen. Dieses neue System ist nun einsatzbereit und soll schrittweise die Infotrans-Lösungen ersetzen.

Die ursprünglich veranschlagten Kosten für das Projekt beliefen sich auf etwa zwei Millionen Franken. Aufgrund fehlender Erfahrung und Fachwissen zu Beginn des Projekts ist nun jedoch mit zusätzlichen Kosten von rund 900'000 Franken zu rechnen.

Trotz der finanziellen Mehrbelastung versichern die SBB, dass sich die Kosten für das eigene System innerhalb der nächsten fünf Jahre amortisieren werden. Denn unabhängig von den aktuellen Entwicklungen hätten die Positionierungssysteme ohnehin ersetzt werden müssen. Langfristig erwartet der Bahnkonzern sogar Einsparungen.