iPhone-Funktion als ProtestmittelChinesische Dissidenten nutzen AirDrop für Anti-Xi-Nachrichten
Dirk Jacquemien
20.10.2022
Durch die «Great Firewall of China» kommt fast kein kritisches Wort. Doch nun haben findige Dissident*innen ein Schlupfloch gefunden: AirDrop auf iPhones.
Dirk Jacquemien
20.10.2022, 17:26
Dirk Jacquemien
Ein Passagier der Shanghaier U-Bahn hatte plötzlich die Benachrichtigung auf seinem Smartphone, dass «Xi Jinpings iPhone» ein Bild mit ihm über AirDrop teilen wolle. Als er die Anfrage annahm, bekam er ein Bild mit dem Slogan «Gegen Diktatur, gegen Totalitarismus, gegen Autokratie» zu sehen, wie «Vice» berichtet.
Die Absender*innen haben damit offenbar eine neue Methode gefunden, um die in China allgegenwärtige Zensur zu umgehen. AirDrop ist ein Apple-exklusives Feature, bei der ohne kompliziertes Einrichten einer Verbindung Bilder und Dateien zwischen zwei Geräten ausgetauscht werden können. Es ist auf iPhones standardmässig aktiviert. Ausgerechnet Apple, das ansonsten komplett mit der chinesischen Zensur kollaboriert, liefert damit unfreiwillig ein neues Protestmittel.
AirDrop erzeugt auch im Westen gelegentlich Schlagzeilen, wenn mal wieder ein meistens männlicher iPhone-Besitzer es für nötig befindet, in Flugzeugen oder anderen dicht besuchten Örtlichkeiten Fotografien seines Intimbereichs an Fremde zu versenden.
Den Empfänger*innen wird bei der Anfrage zur Annahme der Datei als einzige Info der Name des Sendegeräts angezeigt. Da Nutzer*innen allerdings den Namen ihres iPhones selbst festlegen können, gibt es keine Möglichkeit, die tatsächlichen Absender*innen zu identifizieren.
Im Rahmen des derzeit stattfindenden Parteitags der Kommunistischen Partei sind erstmals seit langer Zeit wieder öffentliche Proteste gegen die Staats- und Parteiführung bekannt geworden. An einer Brücke über einer Schnellstrasse in Peking wurden etwa zwei grossformatige Banner angebracht.
«Setzt den verräterischen Diktator Xi Jinping ab!», stand auf einem der Banner. Die chinesische Zensur lief daraufhin zur Hochform auf, zeitweise war selbst der Suchbegriff «Peking» in den sozialen Netzwerk blockiert.