Widerstand gegen Trump China könnte TikTok-Verkauf torpedieren

dj

31.8.2020

Am ByteDance-Hauptquartier in Peking sind Fotografen und Donald Trump nicht gern gesehen.
Am ByteDance-Hauptquartier in Peking sind Fotografen und Donald Trump nicht gern gesehen.
Keystone

Ohne uns geht gar nicht, sagte die chinesische Regierung und macht einen Verkauf von TikTok von ihrem Einverständnis abhängig.

Nachdem US-Präsident Donald Trump einen Verkauf des US-Geschäfts von TikTok anordnete, hat sich nun auch die chinesische Regierung eingeschaltet. Sie hat neue Export-Beschränkungen für Technologie festgelegt.

Die Ministerien für Handel sowie Wissenschaft fügten erstmals seit 2008 neue Technologien hinzu, für deren Export es nun einer staatlichen Lizenz bedarf. Dazu zählt etwa «Datenanalyse für personalisierte Empfehlungen». Das ist ziemlich genau das, was TikTok zum weltweiten Erfolg machte — nämlich sein Algorithmus, der Nutzer die Videos empfiehlt.

Falls dabei irgendjemand an Zufall glaubte, machten die Staatsmedien mit Zitaten von regierungstreuen Analysten schnell klar, dass die neuen Regeln natürlich infolge des TikTok-Dramas erlassen wurden. Ein Handels-Professor sagte der Nachrichtenagentur Xinhua, er empfehle TikTok-Eigentümer ByteDance «ernsthaft zu prüfen», ob die Verhandlungen über einen Verkauf pausiert werden sollten.

ByteDance will Regeln «strikt befolgen»

Schon bevor Trump am 6. August mit der ersten von zwei präsidentiellen Verordnungen gegen TikTok vorging, gab es Gespräche über eines Verkaufs von mindestens dem US-Teil der populären App. Diese Gespräche dauern weiter an. Nach derzeitigem Stand sind Oracle, Microsoft (neu im Team mit Supermarkt-Gigant Walmart) sowie Konkurrenz-Dienst Triller an TikTok interessiert.

ByteDance selbst äusserte sich auf Chinesisch auf seinem Account in der ebenfalls in seinem Besitz befindlichen Nachrichten-Plattform Toutiao und sagte, dass man die neuen Exportregelungen «strikt befolgen» werde, was auch immer das in der Praxis bedeutet. Ohne die die App antreibende Technologie ist TikTok quasi wertlos. Selbst wenn es einem Käufer irgendwann gelingen würde, den TikTok-Algorithmus zu replizieren, kann das unmöglich innert von den wenigen Wochen passieren, die nach dem Trump-Ultimatum noch bleiben.



Absicht von China nicht ganz klar

Was Chinas ultimatives Ziel mit den neuen Export-Regeln ist, ist noch nicht ganz klar. Das Trumpsche Verhalten wird zweifellos als Demütigung aufgefasst, dies einfach so hinzunehmen wäre mit der Staatsräson kaum vereinbar. Dass ByteDance und seinen Investoren dann die geschätzten 20 bis 30 Milliarden Dollar Verkaufserlös entgehen, wäre ein notwendiges Übel zur Gesichtswahrung von Partei und Staat.

Schon als ByteDance-Chef Zhang Yiming vor einigen Wochen verlauten liess, sich der Verkaufsanordnung von Trump fügen zu wollen, kam ihm massiver Gegenwind entgehen. Auf der Social-Media-Plattform Weibo musste er sich Beschimpfungen wie «Volksverräter» gefallen lassen. Auch wurde er negativ mit Huawei-Chef Ren Zhengfei kontrastiert, der deutlich offensiver gegen das US-Vorgehen gegen seine Firma agitiert.

Hoffen auf Biden?

Andererseits könnte China aber auch auf Zeit spielen und die Präsidentschaftswahl abwarten und hoffen, dass ein allfälliger Präsident Joe Biden weniger stark auf Konfrontation aus ist. Dass Biden aber direkt zu Beginn seiner Amtszeit politisches Kapital zum Wohle chinesischer Unternehmen ausgibt, dürfte auch eher unwahrscheinlich sein.

Auf jeden Fall müsste zunächst Trump nachgeben und seine erste Verordnung zu TikTok nicht wie geplant am 21. September Inkrafttreten lassen. Diese verbietet Geschäfte zwischen US-Unternehmen und TikTok und würde einen Weiterbetrieb von TikTok in den USA de facto unmöglich machen, da die App dann vermutlich aus den App Stores von Apple und Google gelöscht werden müsste und keine US-Firma Werbung auf TikTok kaufen dürfe.

Die Kalkulation wäre hier, dass Trump sich nicht trauen werde, mitten in der Hochphase des Wahlkampfes Millionen von jungen TikTok-Nutzern ergo Wählern noch stärker zu vergraulen. Gegen diese Verordnung hat TikTok allerdings auch bereits geklagt, sodass mit viel Glück die US-Gerichte hier dem Unternehmen mehr Zeit verschaffen könnten.



Zurück zur Startseite