Chinas Coup schockt Industrie-Welt «Das ist ein wahr gewordener Albtraum»

Nvidia-Kurssturz einmalig in der Wall-Street-Historie

Der Kurssturz des Chip-Herstellers Nvidia am Montag um 17 Prozent bedeutet zugleich den grössten Tagesverlust, den je ein Unternehmen an der Wall Street hat hinnehmen müssen. Der Börsenwert des exorbitant hoch bewerteten US-Konzerns fiel um rund 600 Milliarden US-Dollar auf immerhin noch 2,9 Billionen – nie waren es dem Datenanbieter LSEG zufolge mehr bei einem Unternehmen an einem Tag. Ausgelöst wurde der Kursrutsch, der auch zahlreiche andere Chipwerte erfasste, durch die Nachricht, dass der KI-Assistent des chinesischen Startups DeepSeek, der etwa mit ChatGPT konkurriert, robuste Ergebnisse bringt – obwohl er mutmasslich deutlich kostengünstiger entwickelt wurde und Chips mit geringerer Leistung nutzt.

28.01.2025

Chinas DeepSeek mischt nicht nur die US-Börse auf, sondern alarmiert Experten auch wegen der vielen Informationen, die die KI abgreift. Pekings Innovationssprung dürfte unfreiwillig von Joe Biden befördert worden sein.

Philipp Dahm

28.01.2025, 11:58

Philipp Dahm

Der chinesischen Video-Plattform TikTok droht nach wie vor die Abschaltung, doch bald könnte Microsoft das Ruder dort übernehmen, sagt zumindest Donald Trump. Auf die Frage, ob der amerikanische Technik-Riese TikTok kaufen will, antwortete der US-Präsident mit: «Ich würde Ja sagen. Es gibt grosses Interesse an TikTok.»

Ausgerechnet in dieser Situation hat China die Welt mit einer neuen Künstlichen Intelligenz (KI) überrascht. «Und wer immer noch denkt, dass TikTok böse ist: Das ist so viel schlimmer», schreibt das US-Magazin «Forbes» und warnt: «DeepSeek ist ein chinesischer Sicherheitsalbtraum, der wahr geworden ist».

Mega-Erfolg aus dem NichtsDieses chinesische KI-Modell lässt die US-Tech-Riesen zittern

Die neue KI habe nicht nur die Geschäftspläne der grossen amerikanischen Techfirmen durch ihren preisgünstigen, softwarebasierten Ansatz «mit einem Vorschlaghammer» zerschlagen, so Forbes. Sie übe auch eine «unverhohlene China-freundliche Zensur» aus und hebe vor allem das Sammeln privater Daten «auf ein ganz neues Niveau».

Daten horten für ein «ein nahtloses Login-Erlebnis»

DeepSeek verheimlicht das auch nicht: In der entsprechenden Erklärung heisst es, dass Daten auf Servern in China gespeichert werden können. Das betrifft nicht nur die Angaben, die bei der Anmeldung gemacht werden müssen, sondern auch alle Eingaben, die in Form von Text, Audio oder Video auf der Plattform genutzt werden.

Börsenbeben vernichtet 1 Billion DollarTrump sieht in Chinas KI-App DeepSeek «Weckruf» für USA +++ Nvidia mit grösstem Tagesverlust in Wall-Street-Geschichte

Auch die IP-Adresse, Details zur Netzwerkverbindung und Informationen über das Gerät werden erhoben, was natürlich auch für Handys gilt. So wollen die Anbieter «ein nahtloses Login-Erlebnis ermöglichen». Zudem diene das «Sicherheitszwecken». Die meisten dieser Daten würden für die reibungslose Benutzung von DeepSeek aber gar nicht nötig sein, weiss «Forbes».

Alle Informationen könnten in China landen, so die Warnung: «Und wenn diese einmal weg sind, sind sie weg.» Das Problem: Chinesische Firmen sind gesetzlich verpflichtet, Peking auf Anfrage Zugriff auf sämtliche Daten zu gewähren. «Forbes» befürchtet jedoch, dass sich Userinnen und User der neuen KI nicht entziehen können – und dabei Sicherheit und Privatsphäre vernachlässigen.

Eigengoal der USA?

Frappant ist, dass sowohl «Forbes» als auch die «New York Times» vermuten, dass die USA selbst für den chinesischen Innovationssprung gesorgt haben könnten. Der Hintergrund: Ex-Präsident Joe Biden hatte den Export von Computerchips nach China beschränkt, um den USA Vorteile im KI-Rennen zu verschaffen. 

Das habe dafür gesorgt, dass sich Peking etwas Neues ausgedacht hat – und nun kommt DeepSeek offenbar auf dieselben Ergebnisse wie die neuesten amerikanischen KI-Produkte, während nur ein Zehntel der Rechenleistung benötigt wird.

Das ist ein Erfolg für China – doch die «KI-Titanen» aus den USA werden dennoch wieder aufstehen, ist sich das «Wall Street Journal» sicher: Die Panik, die an der US-Börse ausgebrochen ist, sei übertreiben, meint die US-Zeitung.

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