Energie-Expertin Kirchner «Es wäre unseriös, in der Schweiz mit neuen AKWs zu planen»

SDA/sob

30.12.2022 - 05:05

Kernkraft wird in der Energiewende mittelfristig keine Alternative sein. «Praktisch überall verzögert sich der Bau neuer Kernkraftwerke, es gibt riesige Kostenüberschreitungen – und viele davon laufen nicht richtig», sagte Expertin Almut Kirchner. (Archivbild)
Kernkraft wird in der Energiewende mittelfristig keine Alternative sein. «Praktisch überall verzögert sich der Bau neuer Kernkraftwerke, es gibt riesige Kostenüberschreitungen – und viele davon laufen nicht richtig», sagte Expertin Almut Kirchner. (Archivbild)
Prognos AG

Atomkraft ist in der Energiewende mittelfristig keine Alternative: «Praktisch überall verzögert sich der Bau neuer Kernkraftwerke, es gibt riesige Kostenüberschreitungen – und viele davon laufen nicht richtig», sagt die Expertin Almut Kirchner. Und sie zeigt der Schweiz den Weg auf, um bis 2050 klimaneutral zu werden.

Die Physikerin und Energie-Expertin Almut Kirchner hält es für keine gute Idee, wenn die die Schweiz mit neuen Atomkraftwerken planen würde. Überall auf der Welt verzögere sich der Bau, und fragwürdige, riesige Kostenüberschreitungen seien das Ergebnis.

Dazu stiegen die Gestehungskosten für Energie bei Atomkraftwerken, während sie bei den erneuerbaren Energien sänken, so die Prognostikerin und Mitautorin der «Energieperspektiven 2050» in einem Interview der «Neuen Zürcher Zeitung». Die neue AKW-Reaktoren-Generation existiere dazu erst auf dem Papier, kleine modulare Reaktoren gebe es noch nicht im kommerziellen Betrieb. «Es wäre nicht seriös, damit zu planen.»

Wenn der Anteil von Sonnen- und Windenergie steigt, könne die Kernkraft sich sogar als Hindernis erweisen. «Ihre Bandlast ist dann zu gross und macht das System unflexibel», sagte Kirchner. Die promovierte Physikerin ist Direktorin und Partnerin bei Prognos AG in Basel, die Analysen für Unternehmen, Verbände, Stiftungen und öffentliche Auftraggeber erarbeitet.

Um die Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, müsste rund ein Fünftel der Schweizer Dächer mit Solarmodulen bestückt werden. Dazu brauche es noch Photovoltaik auf einigen Fassaden und einem Teil der Infrastruktur. «Beim Wind rechnen wir wegen der Akzeptanzprobleme bis 2050 bloss mit einem Zubau von vier Terawattstunden, also nur etwa einen Achtel so viel wie bei der Photovoltaik», so Kirchner.

Die Prognostikerin rechnet mit Investitionen in der Höhe von 109 Milliarden Franken für die Energiewende. «Das ist nicht besonders viel. Das sind im Mittel rund 8 Prozent der Investitionen, die derzeit ohnehin ins Energiesystem gesteckt werden.» Demgegenüber stünden Einsparungen von 50 bis 100 Milliarden Franken. Dank Effizienzsteigerungen werde die gesamte Energienachfrage zudem um gut 35 Prozent zurückgehen.

SDA/sob