Mona Vetsch verrät «Jetzt habe ich das Land, in das ich auswandern würde»

Carlotta Henggeler

14.11.2024

Was bewegt Schweizer dazu, ein neues Leben am anderen Ende der Welt zu wagen? Mona Vetsch hat sich mit «Auf und davon» auf die Spuren dieser Abenteuerlust begeben – und ist selbst verzaubert zurückgekehrt.

Carlotta Henggeler

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Neuseeland zieht viele Schweizer an, einige wandern dauerhaft aus. In einer Spezialsendung von «Auf und davon» besucht Mona Vetsch Schweizer Auswanderer, die vor kurzem oder schon vor 60 Jahren ins Land der Kiwis gezogen sind.
  • Mona Vetsch verspürte nach ihrem Aufenthalt in Neuseeland erstmals den Wunsch auszuwandern, inspiriert durch die Offenheit und Sehnsucht vieler Schweizer Auswanderer vor Ort.
  • Die hohen Lebenshaltungskosten in Neuseeland schrecken nicht ab, da viele Auswanderer nicht wegen der Finanzen, sondern wegen der Lebensqualität und Selbstverwirklichung dorthin ziehen.
  • «Auf und davon Neuseeland – Neues Leben auf der anderen Seite der Welt» läuft am Samstag, 16. November 2024, um 20.10 Uhr auf SRF1.

Für das «Auf und davon»-Spezial hast du drei Wochen lang Schweizer Auswanderer in Neuseeland besucht. Mit welchem Gefühl bist du zurückgekommen?

Mona Vetsch: Mit dem speziellen Gefühl: Jetzt habe ich das Land gefunden, in das es mich ziehen würde, wenn ich auswandern wollte.

Das ist eine Kehrtwende. Im Speed-Date-Interview mit blue News im Mai 2023 hast du uns noch gesagt, dass du niemals im Leben auswandern würdest. Warum hast du jetzt deine Meinung geändert?

Ich bin nach Hause gekommen und habe meiner Familie gesagt, dass ich es mir zum ersten Mal vorstellen könnte. Einerseits liegt das an den Begegnungen vor Ort, aber auch am Lebensstil und der Landschaft von Neuseeland. Viele, die schon einmal dort waren, verspüren danach eine tiefe Sehnsucht. Sie sagen: Neuseeland, das ist es. Das verstehe ich jetzt.

Drei Wochen weg – wie schwer oder einfach war das?

Es hilft, dass ich in diesen drei Wochen so viel zu tun habe, dass ich gar nicht gross zum Nachdenken komme. Und ich weiss, daheim geht das Leben ganz normal weiter. Wir teilen uns die Kinderbetreuung, den Arbeitsalltag und den Haushalt sowieso immer auf. Wir sind ein sehr gut eingespieltes Team.

Viele Auswanderer plagt das Heimweh. Kennst du das auch?

Dank Facetime kann ich Erlebnisse mit meiner Familie teilen, was ich toll finde, auch wenn die Zeitverschiebung in Neuseeland schwierig ist. Einmal videotelefonierte ich bei einem Morgenspaziergang mit meinem Mann, da tauchte ein Neuseeländer neben mir auf und plauderte mit uns über Rugby und warum es besser als Fussball sei. Die Menschen sind sehr offen und nahbar, aber nicht aufdringlich.

Am Anfang von «Auf und davon» sagst du, dass Neuseeland für viele Schweizer*innen ein Sehnsuchtsland ist. Warum?

Neuseeland ist der Schweiz irgendwie ähnlich, aber eben auch ganz anders.

Wie meinst du das?

Es bietet auf kleinstem Raum eine beeindruckende Vielfalt an Landschaften – und dazu viel Platz: Es ist siebenmal grösser als die Schweiz, aber mit nur halb so vielen Einwohner*innen. Als «junges» Land bietet Neuseeland noch viele Möglichkeiten, selbst etwas aufzubauen. Mit seiner Einwanderungsgeschichte ist es sehr offen und zugänglich, und viele Menschen haben einen Bezug zu Europa, was das Ankommen erleichtert.

Willst du nach Neuseeland auswandern? Das musst du beachten

  • Schweizerische Staatsangehörige benötigen für einen Aufenthalt von bis zu drei Monaten kein Touristen- oder Geschäftsvisum für Neuseeland, aber eine elektronische Einreiseerlaubnis – eine sog. New Zealand Electronic Travel Authority (NZeta). Auf der Webseite von NZ Immigration findest du die entsprechenden Informationen. Für die Einreise werden ein gültiger Reisepass, ein Rück- oder Weiterreiseticket sowie ein Nachweis über ausreichende Geldmittel für den Aufenthalt benötigt.
  • Personen, die sich länger als drei Monate in Neuseeland aufhalten (bis max. 9 Monate), benötigen ein Besuchervisum (Visitor’s Visa). Solange dieses gültig ist, kann auch ein Statuswechsel vorgenommen werden. Wer eine Arbeitsstelle gefunden hat oder ein Studium beginnt, kann vor Ort bei der nächsten Zweigstelle von Immigration Neuseeland ein Studenten- oder Arbeitsvisum beantragen.
  • Personen, die nicht als Investor oder im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Neuseeland einwandern, müssen eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis als qualifizierte Fachkraft (Skilled Migrant) beantragen. Quelle: Eidgenössisches Departement fürauswärtige Angelegenheiten EDA.

Neuseeland hat ähnlich hohe Lebenskosten wie die Schweiz. Warum zieht es trotzdem so viele Auswanderer an?

Wer nach Neuseeland auswandert, sucht nicht das günstige Leben. Man geht wegen der Lebensqualität und der Chancen, etwas Eigenes aufzubauen. Land und Immobilien sind günstiger als in der Schweiz, doch die Lebenshaltungskosten bleiben hoch, und die Löhne sind niedriger. In Neuseeland lassen sich gewisse Träume eher verwirklichen – wie etwa eine kleine Schaffarm, wie sie die Zwillingsschwestern Susan und Sabin Imhasly aus dem Wallis aufgebaut haben.

Diese Begegnungen haben dich getragen. Gab es Geschichten, die dich besonders berührt haben?

Ja, die Geschichte von Hanni Padrutt aus der Nähe von Winterthur, die vor 60 Jahren per Schiff auswanderte. Sie erzählte mir, wie sie ihren Mann über eine Anzeige kennenlernte, in der er eine «Freundin» für Neuseeland suchte. Sie kannte weder ihn noch Neuseeland – aber drei Monate später machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Heute lebt die dritte Generation ihrer Familie dort. Ihre Herzlichkeit hat mich sehr berührt.

Unglaublich.

Ja, auch Sibilles und Joshs Geschichte hat mich beeindruckt. Sie, Onkologie-Pflegefachfrau aus der Schweiz, lernte Josh im Flugzeug kennen, als er nach Australien zu einer Krebsbehandlung flog. Obwohl er krank war und bei seinen Eltern lebte, entschied sie sich, für ihn in ein ungewisses Leben in Neuseeland zu ziehen. Heute haben sie eine kleine Tochter, was medizinisch fast ein Wunder ist. Solche mutigen Entscheidungen zu sehen, die sich auszahlen, berührt mich sehr.

Du warst mit Josh Komen eisbaden. Hast du damit angefangen?

Vor kaltem Wasser habe ich keine Angst. Ich war danach im Tessin, und ich muss sagen, das Tessin kommt Neuseeland in vielerlei Hinsicht nahe. In Tälern wie dem Centovalli kann man in kalte Bäche springen – das geht dort genauso gut wie in Neuseeland. Ich habe meine Familie motiviert, mit ins eiskalte Wasser zu springen, und Josh ein Foto davon geschickt.

Du bist bei SRF die Auswanderer-Spezialistin. Kannst du verstehen, weshalb viele Schweizer*innen ihr Glück im Ausland suchen?

Für viele Menschen im Ausland ist das tatsächlich kaum nachvollziehbar. Die sagen: «In der Schweiz ist alles perfekt, warum wollt ihr weg?!» Es ist oft die Abenteuerlust oder der Wunsch, etwas Eigenes aufzubauen. So wie Familie Bätjer aus dem Goms, die ihren Traum in Neuseeland wagte, ohne je dort gewesen zu sein. Man muss es einfach ausprobieren, um es zu wissen.

Ist so eine Produktion ein Traumjob?

Wer beruflich reist, weiss, dass es anstrengend ist. Solche Produktionen bedeuten lange, intensive Tage ohne Freizeit. Trotzdem ist es ein Traumjob – unglaublich interessant und vielfältig. Ich bin sehr dankbar, dass ich solche Projekte machen darf. Normalerweise bin ich viel in der Schweiz unterwegs, aber bei Produktionen wie in Neuseeland stehen wir alle unter Druck: wenig Zeit, Abhängigkeit vom Wetter und die Hoffnung, dass niemand krank wird und alles funktioniert. Man kann nicht einfach abbrechen und später zurückkommen.

Musstet ihr schon einmal eure Drehpläne ändern?

Tatsächlich wollten wir schon einmal los, aber dann kam Covid. Die Sendung war geplant, alles war organisiert. Dann hat Neuseeland als eines der ersten Länder die Grenzen dichtgemacht –  einen Tag, bevor unser Flug gehen sollte. Zwei Tage später wurden dann in der Schweiz die Schulen geschlossen. Jetzt, endlich, hat es geklappt, und zum Glück hat dieses Mal alles reibungslos funktioniert.

Was macht das Format deiner Meinung nach so erfolgreich? Könnte es daran liegen, dass viele Schweizer*innen insgeheim den Wunsch haben auszuwandern?

Ja, das spielt sicher eine Rolle. Aber ich glaube, es gibt auch viele Schweizer*innen, die sehr gerne hier leben und sich trotzdem für das Schicksal der Auswanderer interessieren. Es ist faszinierend zu sehen, was Menschen antreibt, quasi «unvernünftig» zu sein und alles hinter sich zu lassen. Beim Auswandern begegnet man so vielen unerwarteten Herausforderungen – das ist der Stoff, aus dem gute Geschichten gemacht sind. Man startet mit grossen Träumen, doch dann kommen Hindernisse, die man überwinden muss. Das ist die klassische Heldenreise.

Ein Volltreffer für dich und für SRF: «Auf und davon» erzielt stets hohe Einschaltquoten.

Ja, was ich besonders schätze: Unser Publikum fiebert mit, es freut sich, wenn jemand erfolgreich ist. Im Gegensatz zu anderen Auswanderer-Formaten, bei denen man manchmal das Gefühl hat, es wird darauf spekuliert, dass Leute scheitern, damit man sich darüber lustig machen kann. Wir bekommen sehr wohlwollendes Feedback – die Zuschauer drücken den Auswandernden die Daumen. Ich finde es wichtig, zu zeigen, dass man allen Widrigkeiten zum Trotz erfolgreich sein kann. In unserer heutigen Zeit sind das genau die Geschichten, die guttun und ans Herz wachsen.

Gibt es Länder, in die du besonders gerne reisen würdest, um Auswanderer-Geschichten zu erleben?

Albanien fände ich spannend, jemanden kennenzulernen, der dorthin ausgewandert ist. Ich war einmal ganz kurz dort, und das Land hat mich beeindruckt. Auch Rumänien steht weit oben auf meiner Reiseliste. Ich finde diese Länder faszinierend, aber es gibt kaum Schweizer, die dorthin auswandern.


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