Abschlussbericht zum Kapitolsturm: Trump ist die Ursache
Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol hat kurz vor Weihnachten seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag hat das Gremium eine strafrechtliche Verfolgung des Ex-Präsidenten empfohlen.
Der Untersuchungsausschuss arbeitete die Geschehnisse rund um den Sturm auf das US-Kapitol auf. Der Abschlussbericht macht einen einzelnen Mann zum Hauptverantwortlichen des beispiellosen Angriffs.
«Die zentrale Ursache des 6. Januar war ein Mann, der ehemalige Präsident Donald Trump.» Der Schlussbericht des Untersuchungsausschusses zum Sturm auf das US-Kapitol lässt keinen Zweifel an seinen Schlussfolgerungen offen.
In dem mehr als 800 Seiten langen Dokument wird Trump unter anderem eine mehrteilige Verschwörung vorgeworfen, um das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 aufzuheben. Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag hatte das Gremium bereits eine strafrechtliche Verfolgung Trumps in vier Anklagepunkten empfohlen.
«Die Arbeit des Untersuchungsausschusses unterstreicht, dass unsere demokratischen Institutionen nur so stark sind wie das Engagement derjenigen, die mit deren Aufsicht betraut sind», schrieb die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in einem Vorwort zu dem Bericht. Dessen Ergebnisse müssten ein Aufruf an alle US-Amerikaner sein, «unsere Demokratie wachsam zu bewahren und unsere Stimme nur denjenigen zu geben, die unsere Verfassung pflichtbewusst verteidigen».
Ausschuss fordert Amtsverbot für Donald Trump
Der Ausschuss hat zudem elf Empfehlungen abgegeben, wie solche Angriffe in Zukunft verhindert oder zumindest erschwert werden können. Eine davon ist ein Amtsverbot für Ex-Präsident Trump. Jemand, der einen Eid auf die Verfassung geschworen habe, sich dann aber an einem Aufstand gegen diese Verfassung beteiligt oder Feinde der Verfassung unterstützt habe, könne laut 14. Verfassungszusatz künftig von der Ausübung eines öffentlichen Amtes ausgeschlossen werden, heisst es in dem Dokument.
Weitere Vorschläge sind stärkere Sicherheitsvorkehrungen bei wichtigen Veranstaltungen im Kongress und die Überarbeitung der Aufsicht über die Kapitol-Polizei, welche für die Sicherheit im US-Parlamentsgebäude verantwortlich ist. Auch sollen Drohungen gegen Wahlhelfer*innen härter bestraft werden.
Vorwurf: «Verschwörung gegen die US-Regierung»
Am 6. Januar 2021 hatten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses gestürmt, in dem die Wahlniederlage des Republikaners gegen Joe Biden beglaubigt werden sollte. Eine von Trump aufgestachelte Menge drang gewaltsam in das Gebäude ein, fünf Menschen starben. In den vergangenen knapp 18 Monaten hatte der Ausschuss den Vorfall untersucht. Das Gremium inszenierte die öffentlichen Anhörungen als TV-Spektakel, das von vielen Menschen verfolgt wurde.
Am Montag hatte der Untersuchungsausschuss bei seiner letzten öffentlichen Anhörung dem Justizministerium einstimmig empfohlen, strafrechtliche Schritte gegen Trump und andere Beteiligte einzuleiten. Ob und wann es dazu kommt, ist offen, denn die Entscheidung ist rechtlich nicht bindend. Dennoch ist der Schritt ein deutliches Signal, und eine Strafverfolgung Trumps, der bei der Präsidentenwahl 2024 erneut als Kandidat der Republikaner antreten will, ist wahrscheinlicher geworden.
Cassidy Hutchinson fühlte sich unter Druck gesetzt.
Anhänger von US-Präsident Donald Trump stürmten das US-Kapitol.
Abschlussbericht zur Kapitol-Attacke: «Ursache war ein Mann» - Gallery
Cassidy Hutchinson fühlte sich unter Druck gesetzt.
Anhänger von US-Präsident Donald Trump stürmten das US-Kapitol.
Die Anschuldigungen gegen den Ex-Präsidenten wiegen schwer: Das Gremium wirft ihm unter anderem vor, die Menge zum Aufruhr angestiftet zu haben. Vorgeworfen werden Trump und weiteren Beteiligten wie seinem ehemaligen Rechtsberater John Eastman auch die Behinderung eines öffentlichen Verfahrens, Verschwörung gegen die US-Regierung und Falschbehauptung gegenüber dem Staat.
Trump: «Was mich nicht umbringt, macht mich stärker»
Trump selbst wehrt sich seit jeher gegen die Anschuldigungen und wetterte mehrfach gegen die Arbeit des Komitees. Jegliche Vorwürfe tat er als politisch motiviert ab. Nach der Anhörung am Montag griff der Ex-Präsident erneut den Ausschuss an und wiederholte seine Lüge vom Wahlbetrug. «Was mich nicht umbringt, macht mich stärker», schrieb er auf der von ihm mitgegründeten Plattform Truth Social.
Das Justizministerium muss nun prüfen, ob es genügend Beweise für die weiteren Schritte gegen den Republikaner hat: Am Ende könnte Trump angeklagt werden. Der seltene Straftatbestand Aufruhr ist dabei der schwerwiegendste: Er ist dem US-Gesetz zufolge erfüllt, wenn zum Aufstand gegen die Autorität des Staates oder der Gesetze angestiftet oder sich daran beteiligt wird. Dies wird mit einer Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu zehn Jahren oder mit beidem bestraft. Sollte Trump wegen Aufruhrs verurteilt werden, dürfte er kein politisches Amt mehr ausüben.
Zeugin: «Trump war sich über mögliche Gewalt im Klaren»
Eine ehemalige Mitarbeiterin des Weissen Hauses hat dem Umfeld von Ex-US-Präsident Donald Trump vorgeworfen, sie vor ihrer Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zur Kapitol-Attacke unter Druck gesetzt haben. Das Gremium veröffentlichte Mitschriften von Cassidy Hutchinsons Aussagen vor dem Ausschuss.
Hutchinson war im Sommer als spektakuläre Überraschungszeugin bei einer öffentlichen Anhörung des Gremiums aufgetreten. Aus den Mitschriften ihrer Aussagen hinter verschlossenen Türen geht nun hervor, dass Trumps Team versucht haben soll, sie zu beeinflussen.
Hutchinson sagte im Sommer unter anderem öffentlich aus, dass Trump sich vorab über mögliche Gewalt am 6. Januar 2021 im Klaren gewesen sei. Sie schilderte ausserdem detailreich die Ereignisse an diesem Tag im Weissen Haus. Trump wies die Vorwürfe zurück und beleidigte Hutchinson öffentlich.
«Sie werden mein Leben ruinieren, Mom»
Ihre Aussage war eine der aufsehenerregendsten Zeugenaussagen während der öffentlichen Anhörungen. Der Ausschuss des US-Repräsentantenhauses untersuchte gut anderthalb Jahren lang die Geschehnisse rund um die Kapitol-Attacke. Bei seiner letzten öffentlichen Anhörung am Montag empfahl das Gremium dem Justizministerium, strafrechtliche Schritte gegen Trump und andere Beteiligte einzuleiten.
Hutchinson hat den nun veröffentlichten Mitschriften zufolge dem Gremium im September geschildert, dass Trumps Umfeld ihr Jobs und finanzielle Unterstützung angeboten habe – auch für hohe Anwaltskosten. Gleichzeitig sei sie dazu gedrängt worden, ihre Rolle im Weissen Haus herunterzuspielen und loyal zu bleiben. «Je weniger Sie sich erinnern, desto besser», soll ein Trump-Vertrauter ihr gesagt haben.
Hutchinson arbeitete für den damaligen Stabschef des Weissen Hauses, Mark Meadows. «Sie werden mein Leben ruinieren, Mom, wenn ich etwas tue, was sie nicht wollen», hatte Hutchinson laut Mitschrift eigenen Angaben zufolge ihrer Mutter gesagt.
DPA, smi