Trump in Not Fakten, die vernichten

Von Philipp Dahm

12.8.2022

Versteckte Trump Unterlagen zu Atomwaffen zu Hause?

Versteckte Trump Unterlagen zu Atomwaffen zu Hause?

Einem Bericht zufolge war das FBI bei der Durchsuchung des Anwesens von Donald Trump in Florida auch auf der Suche nach Geheim-Unterlagen zu Atomwaffen, die der Ex-US-Präsident nach dem Ausscheiden aus dem Weissen Haus mitgenommen haben könnte.

12.08.2022

Eine Razzia als politisches Beben: Hatte das FBI das Recht, Donald Trumps Anwesen zu durchsuchen? Während sich die Republikaner in Empörung üben, zeichnet sich ab, dass sich Trumps Fehlverhalten vielfach belegen lässt.

Von Philipp Dahm

Normalerweise hält sich Uncle Sam zurück. Wenn er vom Volk Auskünfte oder Dokumente verlangt, fordert er per Subpoena Bürger*innen auf, diese beizubringen. Sollten Agenten ausrücken, um diese einzuholen, ist das eine juristische Eskalation. Und wenn die Zielperson der 45. US-Präsident ist, muss man sich fragen, was da los ist.

Kein Wunder, dass Donald Trump schäumt, nachdem das FBI am 8. August in seinem Luxus-Club Mar-a-Lago in Palm Beach, Florida, einfällt. «Diese unangekündigte Razzia war weder notwendig noch angemessen», zetert der 76-Jährige und wittert «politische Verfolgung» der «radikal linken Demokraten».

Seine Familie und seine Partei stehen dem Republikaner bei – von Sohn Eric, der bei «Fox News» bekundet, es sei sogar der Safe aufgebrochen worden, obwohl dort rein gar nichts drin gelagert worden sei, bis zu Mitch McConnell. Der republikanische Spitzen-Politiker, der notabene im Justizausschuss sitzt, widerspricht auf «Fox News» nicht, als der Moderator fabuliert, das FBI könnte dem New Yorker Beweise untergeschoben haben.

«Keine Familie hat mehr Pfeile in den Rücken bekommen» sagt Eric Trump bei «Fox News».

Sogar Mike Pence, den Trump dem Mob vom 6. Januar zum Frass vorgeworfen hätte, stellt sich hinter seinen Ex-Boss. Auf Twitter trendet kurzfristig der Hashtag #civilwar, also Bürgerkrieg. Republikanische Abgeordnete unterstellen dem FBI «kommunistische Stasi-Polizeistaat-Methoden» – und der demokratische Justizminister Gerrick Marland habe von allem gewusst: Das Ganze sei politisch, lautet der Vorwurf.

Morddrohungen gegen Richter

Schwere Anschuldigungen stehen im Raum – und was macht Garland? Der bestätigt umgehend, in den Vorgang involviert gewesen zu sein. Das ist Teil des juristischen Procederes: Der Staatsanwalt muss überzeugende und dringende Anhaltspunkte haben, um einen Durchsuchungsbefehl zu beantragen. Wenn die Zielperson ein früherer Präsident ist, wäre es fahrlässig, den Justizminister nicht miteinzubeziehen.

Wenn der Justizminister, der in den USA theoretisch von der Regierung unabhängig ist, grünes Licht gibt, schaut sich die Judikative die Sache an. Der Richter, der die Stichhaltigkeit der Argumente prüft, ist ausgerechnet von Donald Trump berufen worden. Und weil Bruce Reinhart die Durchsuchung absegnet, wird er nun antisemitisch beschimpft und erhält Morddrohungen.

Unangekündigt war der FBI-Besuch auch nicht – das wäre Selbstmord. Natürlich muss sich die Behörde mit dem Secret Service absprechen, um nicht unter die Räder zu kommen. Demokrat Marland dreht den Spiess deshalb nun um: Er hat beim Richter beantragt, den genauen Wortlaut des Durchsuchungsbefehls veröffentlichen zu dürfen. Dasselbe gilt für die «Quittungen; über die beschlagnahmten Gegenstände.

Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?

Durch Transparenz will sich das Justizministerium vor dem Vorwurf schützen, parteipolitisch zu handeln. Die Fakten sollen für sich sprechen. Ob Donald Trump dem zustimmen wird? Zuletzt zeigt er sich einsilbig, wenn er Offizielles über sich berichten soll. So wie bei seiner Aussage vor einer New Yorker Staatsanwältin: Die verweigert er, als er über das Gebaren seiner Trump Organization Auskunft geben soll.

Trump beruft sich bei seinem Schweigen auf den 5. Zusatzartikel zur Verfassung, nach dem eine Aussage gegen sich selbst verweigert werden kann. Immer wieder blockt er Frage mit einem simplen «the Fifth» ab. Und flugs tauchen Geister aus der Vergangenheit auf: «Warum berufst du dich auf den 5. Zusatzartikel, wenn du unschuldig bist?», hat er früher noch gefragt.

Schlecht altert auch Trumps Kreuzzug gegen Hillary Clinton von 2018. Als das FBI gegen seine demokratische Intimfeindin ermittelt, weil die offizielle E-Mails von einem privaten Account geschrieben hat, wird die Behörde von den Republikanern noch gefeiert. Medienwirksam erhöht der damalige Präsident daraufhin die Strafe für Schlamperei mit staatlichen Daten von maximal fünf Jahren Gefängnis statt zwölf Monaten.

Maulwurf in Trumps Umfeld?

Ironie der Geschichte: Diese Strafe könnte ihm nun selbst blühen. Wie sich inzwischen herausstellt, war die Durchsuchung gar nicht so überraschend. Schon im Frühling hat die National Archives and Records Administration via Subpoena Trump aufgefordert, fehlende Dokumente zurückzubringen, die per Presidential Record Acts zurück in staatliche Hand gehören.

Zweierlei Maass bei «Fox News»: Die Kommentare über das FBI und Hillary Clinton von 2018 unterlegt mit den aktuellen Bildern der Razzia im Mar-a-Lago.

Nun holt sich Uncle Sam, was ihm zusteht. Medienberichten zufolge handelt es sich dabei um Papiere über das Nuklear-Arsenal der USA. «Es ist wie so vieles bei Trump beispiellos», ordnet Martin Thunert, Politikwissenschaftler am Heidelberg Center for American Studies (HCA), das Geschehen bei blue News ein. «Meines Wissens ist es noch nicht vorgekommen, dass die Privaträume eines ehemaligen Präsidenten vom FBI durchsucht wurden.»

Laut «Wall Street Journal» gibt es noch einen weiteren Grund für das Einschreiten des FBI. Demnach hat die Behörde aus Trumps engstem Umfeld einen Tipp erhalten, wo welche Dokumente zu finden seien. «Wir wissen, dass es in Mar-a-Lago einen FBI-Informanten gab», zitiert «Newseeerk» Rechtsaussen Marjorie Taylor Greene, die sich wundert, wie viele «Verräter» es noch in Trumps Umfeld gibt.

Star-Anwalt für Georgia-Untersuchung

Für Trump, der sich gerade noch auf der CPAC von den Konservativen feiern liess, wird die Luft dünner. Nach dem FBI-Besuch soll der passionierte Golfer mindestens einen Besucher gefragt haben, ob der verkabelt sei, berichtet «Rolling Stone». Zumal es ja nicht bei diesem Fall – und den Ermittlungen gegen die Trump Organization – bleibt.

Ein Satire-Clip der «Late Show with Steven Colbert».

Dass die Untersuchung wegen möglicher Beeinflussung der Präsidentschaftswahl 2020 im US-Staat Georgia ein Problem für ihn werden könnte, zeigt die Tatsache, dass sich der Multimillionär einen prominenten Anwalt genommen hat. Telefonmitschnitte belegen, dass der Ex-Präsident den damaligen Wahlbeauftragten des Bundesstaates genötigt hat, Stimmen zu «finden».

Nun hat Trump prominente Verteidiger: Die Kanzlei von Drew Findling ist damit beauftragt worden, ihn zu repräsentieren. Findling firmiert bei Twitter als #BillionDollarLawyer (milliardenschwerer Anwalt) und hat etwa die Musikerin Cardi B vertreten. In einer E-Mail teilte Findling mit, er sei ein «leidenschaftlicher Anwalt gegen Ungerechtigkeit». Er werde Trump «entschieden verteidigen» – gegen eine «politisch motivierte Verfolgung».

Ein Mega-Aussetzer als Steilvorlage

Und dann ist da ja auch noch der Untersuchungsausschuss zum 6. Januar. Der hat zwar noch keine neuen Sitzungstermine, arbeitet im Hintergrund aber fleissig weiter. Gerade hat das Gremium neue Daten erhalten – und zwar Alex Jones. Sein Anwalt hatte der Staatsanwaltschaft, die in anderer Sache ermittelte, aus Versehen Jones' komplette Handy-Daten der letzten zwei Jahre geschickt. Und weil Jones eng mit Trump verknüpft ist, hat sich der Ausschuss am 8. August eine Kopie geben lassen. 

Ewig währt die «Hexenjagd»: Donald Trump (rechts) am 30. Juli bei einem Golfturnier in Bedminster, New Jersey.
Ewig währt die «Hexenjagd»: Donald Trump (rechts) am 30. Juli bei einem Golfturnier in Bedminster, New Jersey.
AP

Wird das alles etwas ändern? «Die meisten Amerikaner haben sich bereits entschieden», hat Politikwissenschaftler Marco Steenbergen von der Uni Zürich im Juni zu blue News gesagt. Andererseits könnte die Masse der Fakten zumindest bei einem Teil von ihnen auch ein Umdenken bewirken – so nach dem Motto: Das war dann jetzt doch ein bisschen viel.

Glühende Trump-Anhänger werden dagegen denjenigen glauben, die dem FBI falsches Spiel unterstellen, noch bevor überhaupt irgendwelche Ergebnisse der Razzia präsentiert worden sind. Und ein weiterer Teil dürfte dagegen radikalisiert werden: So haben Agenten der Behörde gerade in Ohio einen bewaffneten Mann erschossen, der in ein Ortsbüro des FBI in Cincinnati eindringen wollte. 

Diese Amerikanerinnen sind wütend auf das FBI.