Volksinitiative geplantRuf nach neuen AKW stösst auf lautstarke Kritik
SDA, gbi
28.8.2022
Politiker*innen der bürgerlichen Parteien starten eine Volksinitiative für neue AKW. Wenn nötig, müsse sich auch der Bund daran beteiligen. Die Kritik an diesen Plänen folgte auf dem Fuss.
SDA, gbi
28.08.2022, 08:44
15.05.2023, 14:55
SDA, gbi
«Blackout stoppen»: Mit einer Initiative unter diesem Titel fordern bürgerliche Politiker*innen eine sichere, eigenständige und saubere Stromversorgung für die Schweiz.
Was sie damit meinen: Auch der Bau neuer Atomkraftwerke soll wieder möglich sein. Die Unterschriftensammlung soll nächste Woche beginnen.
Die Forderung bedeutet eine Abkehr von der aktuellen Energiestrategie, denn in der Schweiz gilt seit nicht allzu langer Zeit ein AKW-Bauverbot. Das Stimmvolk hat 2017 die Energiestrategie 2050 angenommen – die unter anderem den Ausstieg aus der Kernenergie vorsieht. Die bestehenden AKW dürfen weiterbetrieben werden, solange sie als sicher eingestuft werden. Neue Anlagen dagegen dürfen nicht gebaut werden.
Dieses Verbot solle nun rückgängig gemacht werden, bestätigt Vanessa Meury, Präsidentin des Initiativkomitees und der Jungen SVP Solothurn, der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche». AKWs seien unerlässlich für die Versorgungssicherheit, ausserdem würden sie Klima und Umwelt schonen.
Bund stärker in die Pflicht nehmen
Die Initiantinnen und Initianten wollen den Bund bei der Stromversorgung stärker in die Pflicht nehmen. «In der laufenden Energiekrise zeigt sich, dass niemand Verantwortung übernehmen will», kritisiert Meury. Das müsse sich ändern.
Auch sollte sich der Bund künftig am Bau neuer Kraftwerke beteiligen – auch an Atomkraftwerken. «Die Neat wäre ohne den Bund auch nie von Privaten gebaut worden», begründet SVP-Nationalrat und Mitinitiant Christian Imark.
Ähnlich äussert sich FDP-Nationalrat und Economiesuisse-Vorstandsmitglied Marcel Dobler, der ebenfalls Teil des Initiativkomitees ist. «Wenn es zur Sicherung der Versorgung bei einer sich abzeichnenden Strommangellage nötig wird, muss der Bund Kraftwerke selbst bauen können.»
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Braucht die Schweiz neue Atomkraftwerke?
Gegenkomitee spricht von «unnötiger Zwängerei»
Die Ankündigung der Initiative schreckte am Sonntag bereits zahlreiche Gegner*innen auf. Dabei meldete sich auch eine überparteiliche Allianz von Parlamentarierinnen und Parlamentariern zu Wort, die von einer «unnötigen Zwängerei» sprach.
Angesichts des Potenzials der erneuerbaren Energie «braucht es keine neuen, nicht finanzierbaren Atomkraftwerke, die niemand bauen will», heisst es in einer Mitteilung der Allianz, die unter anderem FDP-Ständerat Ruedi Noser (ZH), Mitte-Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) sowie GLP-Nationalrat Jürg Grossen (BE) unterzeichnet haben.
Von einer «schädlichen Nebelpetarde der Atomlobby» schreibt auch Aeesuisse, die Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Denn nach langem Zögen sei die Politik nun grossmehrheitlich daran, die Rahmenbedingungen für den dringend nötigen Ausbau der erneuerbaren Energien zu verbessern.
Innert nützlicher Frist könnte gar kein AKW gebaut werden, wenn es sich denn überhaupt finanzieren liesse. Demgegenüber würden aber täglich erneuerbare Kraftwerke ans Stromnetz angeschlossen, die Energie liefern und damit einen konkreten Beitrag an die Versorgungssicherheit leisten, schreibt Aeesuise.
Die Atomenergie sei ein «zentraler Risikofaktor», kritisiert die Schweizerische Energie-Stiftung SES in einer Mitteilung. Die neue Initiative sei destruktiv und biete keine praktikablen Lösungen für die anstehenden Herausforderungen.
Und die Allianz Atomausstieg spricht von einem Ablenkungsmanöver: «Die unrealistische Forderung nach neuen Atomkraftwerken wird als Pfand dafür verwendet, den gefährlichen Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen immer weiter zu strecken.»