Corona hält den Sport seit bald einem Monat im Schwitzkasten. Und mit ihm all jene, die sich den Alltag damit versüssten. Ersatz ist schwer zu finden, aber es gibt Ansätze.
Die dritte Woche des «Lockdown» neigt sich dem Ende. Aus dem Ausnahmezustand ist so etwas wie Normalität geworden. Eine bittere Normalität. Hier der bis zur Erschöpfung arbeitende Teil der Bevölkerung, der das Land am Leben hält. Dort die Menschen, die darauf warten, wieder loslegen zu können. Dazwischen taumelt eine Gruppe, die den Alltag mit Homeoffice und Homeschooling zu bestreiten versucht, als sei die Welt noch dieselbe wie vor dem verhängnisvollen Ausbruch der Corona-Pandemie. Ob sie das jemals wieder sein wird – und wenn ja, wann? Man weiss es nicht. Und das macht die Situation noch unerträglicher, als sie ohnehin schon ist.
Die Leiden der Sportfans
Die frühere Vielfalt des Sports beschränkt sich derzeit grob unterteilt noch auf zwei Gruppen: Es gibt die Aktiven, etwa die Jogger und die Wohnzimmer-Athleten, die sich mit etwas Bewegung in Form zu halten versuchen und darüber gerne auch auf Social Media berichten. Und es gibt die Spitzensportlerinnen und Spitzensportler, deren Auftrag üblicherweise die Ausreizung der mentalen und körperlichen Leistungsfähigkeit ist. Sie gehen an die Schmerzgrenze, knacken Rekorde und reissen die Zuschauer mit ihren Einlagen aus deren Alltagstrott. Doch seit einigen Wochen brechen auch über ihnen die Decken ein. Es gibt nichts mehr zu sehen – und oftmals noch weniger zu berichten.
Gespräche via Video-Chat mit den Protagonisten lösten in der Berichterstattung jüngst die Entscheidungen in den Sportarenen ab. Fussballer messen sich plötzlich im Live-Stream an der Konsole, weil sie es auf dem Platz nicht mehr dürfen. Social-Media-Challenges machen die Runde. Es sind – wie andernorts übrigens auch – Versuche, das hochgezüchtete Geschäft irgendwie am Laufen zu halten. Das Interesse hält sich in Grenzen, das Gefühl des Live-Sports lässt sich nicht einfach ersetzen. Ein paar gute Sportfilme und Dokumentationen mögen etwas Ablenkung verschaffen, verstärken aber ironischerweise zugleich das Bedürfnis nach aktuellem Sportgeschehen.
Belanglos, wundervoll belanglos
Ein Ende dieser Ausnahmesituation ist noch nicht absehbar und der Alltag, so öde und träge er zuweilen auch sein mag, geht gerade deswegen an die Substanz. Der Sport fehlt: Die Emotionen, das Mitfiebern, das Ärgern, das angeregte Debattieren über Belanglosigkeiten in Anbetracht ernster Probleme, welche die Welt beschäftigen. Alles weg, das Ventil ist verriegelt. Man erinnert sich verschwommen, als ein VAR-Entscheid die Gemüter erhitzte, als ein «Tweener» die Tennis-Welt entzückte oder als einem Trainer im Interview der Kragen platzte ... an Belanglosigkeiten eben. Aber vielleicht die wundervollsten Belanglosigkeiten überhaupt.
Für den Moment bleibt nur die Hoffnung, dass die echte Normalität schrittweise zurückkehrt. Bis dahin: Bleiben Sie gesund und erinnern Sie sich an all jene Sportmomente zurück, die Ihnen in Erinnerung geblieben sind. Halten Sie sie fest. Googeln sie danach oder schauen Sie Teile davon bei Youtube an. Es tut gut. Weil ich das gerade getan habe, hier meine Spontan-Top-5 inklusive Verlinkungen:
1. Muhammad Ali entzündet das Olympische Feuer in Atlanta 1996
2. Der 5. Satz zwischen Federer und Nadal, Australian Open Final 2017
3. Das Comeback von Michael Jordan 1995
4. Das 4x100 Freistil-Rennen, Olympische Spiele in Peking, 2008
5. Usain Bolts Weltrekord über 100 Meter 2009