Marc Hirschi tritt am Montag in der Katalonien-Rundfahrt erstmals für sein neues Team an. Wegen gesundheitlicher Probleme verzögerte sich der Saisonstart des neuen Schweizer Radstars um einen Monat.
Eigentlich hätte Marc Hirschi Ende Februar an der UAE Tour, dem Heimrennen seiner neuen Equipe UAE Emirates, in das Radsport-Jahr steigen sollen. Doch der überraschende Teamwechsel Anfang Jahr vom Team DSM (ehemals Sunweb) zu UAE Emirates verlief für den Berner nicht reibungslos. Innert kürzester Zeit musste sich der 22-Jährige an neues Material gewöhnen. Prompt kehrten die Hüftprobleme zurück, die Hirschi bereits vor einem Jahr geplagt hatten. Zudem machten ihm die neuen Schuheinlagen Probleme. Und zu guter Letzt verheilte die Wunde eines gezogenen Weisheitszahns nicht wunschgemäss.
Ardennen-Klassiker als grosses Saisonziel
Den Trainingsrückstand, den er sich deshalb eingehandelt hat, holte Hirschi mittlerweile auf. Jetzt fühle er sich gut, die Probleme seien behoben. «Es war definitiv der richtige Entscheid, mit den Rennen zu warten. Ein guter Formaufbau ist enorm wichtig», erzählte Hirschi am Freitag während eines kurzen Abstechers in die Schweiz. Nach einem Höhentrainingslager auf Teneriffa standen in Magglingen und Grenchen ein obligatorischer Bluttest und Positionstests im Programm, ehe er am Sonntag nach Spanien abreiste.
Hirschis erstes grosses Saisonziel sind die Ardennen-Klassiker Ende April. Zur Erinnerung: Letzte Saison gewann er die Flèche Wallone und bei Lüttich-Bastogne-Lüttich musste er sich nur Primoz Roglic geschlagen geben. Es war der krönende Abschluss einer Saison, in der Hirschis Stern aufging, in der er praktisch auf Anhieb in die Weltelite fuhr und zum neuen Aushängeschild des Schweizer Radsports wurde.
Hirschi weiss, dass er in dieser Saison nicht mehr den Status des Newcomers haben wird, er die Leistungen des Vorjahrs bestätigen muss. Die Konkurrenz wird auf ihn achten, ihn nicht mehr ungehindert ziehen lassen. Hirschi ist sich dessen bewusst: «Klar, ein gewisser Druck ist da, auch von mir selbst. Aber ich sehe es als Motivation.» Auch dass seine ärgsten Widersacher aus dem Vorjahr bereits wieder Siege aneinander reihten, beschäftigt ihn nicht gross.
Anonyme Vorwürfe
Dass er deutlich stärker im Fokus steht als im Vorjahr, zeigt der Wirbel rund um seinen abrupten Teamwechsel. Geldgier wurde ihm vorgeworfen, aus dem Umfeld seiner ehemaligen Mannschaft wurden zuletzt anonyme Vorwürfe laut, Hirschi sei ein «Risiko fürs Team» gewesen. Hirschi sagt nichts dazu, er hat mit dem Team DSM eine Stillschweige-Vereinbarung unterschrieben.
Auch Fragen zu Doping gehören für einen Fahrer seines Kalibers zum Standard – unter anderem weil sein neuer Teammanager Mauro Gianetti eine zwielichtige Vergangenheit hat. Hirschi bleibt gelassen: «Das gehört leider zum Radsport. Aber ich versuche, mich aufs Wesentliche zu fokussieren, und kann gut damit umgehen.»
Das Wesentliche sind die sportlichen Leistungen. Und Hirschi, der im Gegensatz zu seinen neuen Teamkollegen noch nicht gegen das Coronavirus geimpft ist, ist von seinem Wechsel überzeugt. Das Team setze auf die Jungen und baue Talente behutsam auf. «Das war ein sehr wichtiger Punkt und gab den Ausschlag für UAE Emirates», so Hirschi, der neu Teamkollege von Tadej Pogacar ist, dem Gewinner der letzten Tour de France.
Im ersten Rennen nach fünfeinhalb Monaten Rennpause sind von Hirschi an der Katalonien-Rundfahrt noch keine Wunderdinge zu erwarten. «Es ist schwierig einzuschätzen, wo ich stehe. Ich habe gut trainiert und bin sicher nicht weit von meiner Bestform entfernt», sagt Hirschi. Er sieht die sieben Etappen umfassende Rundfahrt als idealen Einstieg zum Einrollen. Der wahre Hirschi soll dann in den Ardennen wieder glänzen.