Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, sind bis zum 15. März keine Grossveranstaltungen gestattet. Die Auswirkungen für den Schweizer Sport sind verheerend – in vielerlei Hinsicht.
Geisterspiele für die Klubs der National League und der Swiss League, gar keine Spiele für die Super-League- sowie die Challenge-League-Vereine und die Absage des Engadiner Skimarathons – das Coronavirus legt den Schweizer Sport in diesen Tagen lahm. Das Verbot für Grossveranstaltungen mit mehr als 1'000 Teilnehmenden gilt bis mindestens 15. März und betrifft dementsprechend zahlreiche Anlässe.
Bereits am Donnerstag wird der Engadiner Skimarathon, an dem jährlich rund 14'000 Sportlerinnen und Sportler starten, abgeblasen. In der 52-jährigen Geschichte ist es erst die zweite Absage. «Das ist eine sehr traurige Situation für uns», sagt Menduri Kasper, Chef der grössten Schweizer Wintersportveranstaltung. Weil die Sponsoren nun nicht die versprochene Präsenz erhalten, muss Kasper die Beträge neu verhandeln. «Eine Klausel für einen Ausfall wegen höherer Gewalt akzeptiert niemand.»
Auch die Gewerbebranche betroffen
Immerhin werde die Absage in diesem Jahr die Zukunft des Skimarathons nicht gefährden. Zum einen, weil der Veranstalter den bereits angemeldeten Läuferinnen und Läufer laut Reglement nur knapp einen Fünftel der Startgebühr zurückzahlen muss. Andererseits werden genau für solche ausserordentlichen Fälle Rückstellungen gebildet. Noch härter trifft es dagegen die Gewerbebranche im Engadin.
Vor allem Restaurants oder Sportartikelhändler dürften enorme Einbussen erleiden. Im Gespräch mit dem «Tagesanzeiger» schätzt Jürg Roth von Boom Sport, einem Sportgeschäft in St. Moritz: «Die Marathonwoche ist unsere umsatzstärkste des Jahres. Da fallen 200'000 bis 300'000 Franken weg. Das trifft uns sehr.»
Ungemach zur Unzeit für die National League
Ungemach droht auch den besten Schweizer Hockeyklubs – und das, obwohl mit den Playoffs die schönste Zeit des Jahres vor der Tür steht. Doch ohne Fans in den Stadien verliert man die Ticketeinnahmen gänzlich, und davon leben die Vereine. Hinzu kommen die fehlenden Erträge aus dem Catering (Verkauf von Bier, Wurst, usw.).
Meister Bern entgehen alleine für das Geisterspiel am Freitagabend gegen Fribourg mehr als 300'000 Franken. Manager Marc Lüthi sagt: «Wir sind vom Entscheid des Bundesrats überrascht worden, beugen uns diesem aber selbstverständlich.» Dass die beiden letzten Runden der Regular Season vor leeren Rängen gespielt werden, ist beschlossene Sache.
Die grosse Frage ist allerdings, was nach Ende der Qualifikation passiert. Bis Mitte März stehen die ersten vier Playoff-Spiele an, sofern diese wie geplant am 7. März beginnen. Das würde bedeuten: Zwei Heimspiele pro Mannschaft werden zu Geisterspielen – mindestens! Durchaus möglich, dass die Sperre ausgedehnt wird. Im Extremfall könnten gar die gesamten Playoffs ohne Zuschauer ausgetragen werden.
«Dann spielen wir besser gar nicht»
Das ist für die Klubverantwortlichen aber keine Option: «Für uns ist das undenkbar. Wir betreiben diesen Sport für die Zuschauer. Solange keine Fans zugelassen sind, können wir keine Partien austragen», wird Patrick Lengwiler vom EVZ in der NZZ zitiert. Marc Lüthi pflichtet ihm bei: «Es geht einfach nicht, dann spielen wir besser gar nicht.»
Etliche Szenarien sind denkbar. Den Playoff-Auftakt nach hinten zu verlegen, würde wohl Probleme mit der Stadionbelegung bringen. Zudem ist der Terminkalender mit der anstehenden Heim-WM im Mai eng. Aus diesem Grund steht zur Debatte, verkürzte Serien zu spielen – statt Best-of-Seven nur Best-of-Five. Oder aber man verzichtet gänzlich auf die Playoffs und der Qualifikationssieger krönt sich zum Schweizer Meister. «Alles ist denkbar, wir werden am Montag eine Lösung finden müssen.» Dann trifft man sich zur definitiven Entscheidungsfindung.
Vor ähnliche Probleme gestellt sehen sich auch die Super-League-Klubs, die gemäss dem Fussball-Magazin «Zwölf» zwischen einem Drittel und der Hälfte ihrer Einnahmen aus den Heimspielen gewinnen. Mit der im Juni beginnenden Europameisterschaft sind die Verschiebungsmöglichkeiten auch in der obersten Schweizer Fussballiga überschaubar – und Geisterspiele unumgänglich?