Eiskunstlauf-Attentäter über Angriff «Ich sollte Kerrigan die Achillessehne durchschneiden»

SB10

9.1.2024

Die beiden amerikanischen Eiskunstläuferinnen Tonya Harding (l.) und Nancy Kerrigan dominierten vor den Olympischen Winterspielen in Lillehammer die Schlagzeilen. 
Die beiden amerikanischen Eiskunstläuferinnen Tonya Harding (l.) und Nancy Kerrigan dominierten vor den Olympischen Winterspielen in Lillehammer die Schlagzeilen. 
KEYSTONE

An den Angriff auf die Eiskunstläuferin Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange im Jahr 1994 erinnern sich viele. Der Täter gab nun einen intimen Einblick über den Vorfall, der die Welt erschütterte. 

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Eiskunstlauf-Duell zwischen Tonya Harding und Nancy Kerrigan endete 1994 blutig.
  • Ein Attentäter namens Shane Stant attackierte Kerrigan mit einem Schlagstock, um ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen zu verhindern.
  • Stant redet in einem Interview mit der «Bild am Sonntag» ausführlich über die Tat.

Wer sich in den 1990er Jahren auch nur entfernt für Sport interessiert hat, hat dieses Bild noch vor Augen: Eine junge Frau in einem engen weissen Kleid sitzt weinend auf dem Boden und hält sich das Knie. Sie schreit um Hilfe, fragt auf Englisch alle um sie herum kreischend nach dem Warum: «Why?» 30 Jahre ist es inzwischen her, als am 6. Januar 1994 das Bein der Eiskunstläuferin Nancy Kerrigan mit einer Eisenstange zertrümmert wurde.

Mittendrin im vielleicht schlagzeilenträchtigsten Sportskandal der USA ist Shawn Stant, der für den Angriff verantwortlich ist.

«Ich kaufte einfach ein Ticket für 13 Dollar. Den Schlagstock versteckte ich unter der Kleidung. Es gab keine Kontrollen. Es war Winter, die Arena war ziemlich kalt, also behielt man den Mantel an. Nichts fiel auf», beschreibt er den Tatablauf. Einmal habe er mit dem Schlagstock zugeschlagen. «Nach dem Treffer ging sie zu Boden. Ich blickte nicht zurück, aber ich konnte sie schreien hören», so Stant im Interview mit der «Bild am Sonntag».

Karger Lohn für Attacke

Nach dem Attentat hinterliess er gemäss eigener Aussage ein Bekennerschreiben, das aber offenbar im Müll landete. Reich wurde er mit der Tat nicht. «Ich erhielt 6800 Dollar plus Spesen. Wir sollten aber noch einen Nachschlag im Erfolgsfall erhalten – vielleicht vier-, fünfmal so viel. Sie rechneten damit, dass Tonya Harding viel mehr Sponsoren bekommen würde, wenn Kerrigan bei Olympia ausfallen würde», meint Stant, der zur Tatzeit 22 Jahre alt war.

«Die Auftraggeber schlugen vor, dass ich Kerrigan die Achillessehne durchschneide. Ich war aber der Meinung, dass das nicht nötig wäre», hält er fest. Nach der Tat sei er zuversichtlich gewesen, nicht erwischt zu werden. «Niemand hatte mich fotografiert, es gab kein Video. Die Tatwaffe konnte nicht mit mir in Verbindung gebracht werden. Der Angriff war in Detroit und ich lebte in Arizona – weit entfernt. Mir war klar, dass alle, die damit etwas zu tun hatten, den Mund halten würden.»

Hardings damaliger Ehemann Jeff Gillooly gehörte zu den Auftraggebern, auch Stants Onkel Derrick war darin verwickelt. Tonya Harding selbst stritt lange ab, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Später gestand sie, etwas von den Plänen eines Angriffs mitbekommen zu haben. Stant hatte aber bei der Planung keinen Kontakt zu Harding, die nach der Enthüllung den Übernamen «Eishexe» verpasst bekam.

Neues Leben angefangen

Aufgeflogen sind sie laut Stant wegen Shawn Eckardt, einem Freund von Hardings Ex-Mann, der auch als Bodyguard von Harding arbeitete. Er prahlte bei einem Uni-Kurs damit, dass ein Anschlag auf eine Weltklasse-Athletin passieren würde. Zudem zeichnete er die Planungsgespräche auf. 

Am Ende zog sich die Schlinge um Stant & Co. zu, er stellte sich dem FBI und musste 15 Monate im Gefängnis absitzen. Seine kriminelle Karriere hat der heute 52-Jährige hinter sich gelassen. «Nach dem Gefängnis studierte ich an der Oregon State University, war in der Werbung tätig. Ausserdem arbeitete ich als Türsteher für Bars und Nachtklubs. Vor ein paar Jahren stieg ich in den legalen Marihuana-Handel in Kalifornien ein. Heute verwalte ich mehrere Apartment-Komplexe in Südkalifornien und arbeite als Lebenscoach.»

Er hätte kein Problem damit, sich direkt bei seinem Opfer zu entschuldigen. «Ich würde mich aber nicht wohl damit fühlen, mich in ihr Leben zu drängen. Ich glaube nicht, dass es ihr helfen würde. Aber ich denke, dass die beste Art der Entschuldigung ist, nicht nur einfach Entschuldigung zu sagen, sondern wirklich sein Handeln zu verändern.»