Handball Gino Steenaerts unterstreicht sein grosses Talent

sfy, sda

25.1.2025 - 04:15

Gino Steenaerts spielt an der WM gross auf
Gino Steenaerts spielt an der WM gross auf
Keystone

Der 19-jährige Gino Steenaerts gehört zu den grössten Talenten im Schweizer Handball. Seine Entwicklung geht rasant vonstatten. Nun will er auch im abschliessenden WM-Spiel gegen Italien brillieren.

Keystone-SDA, sfy, sda

Gino Steenaerts sitzt in einem Café in Silkeborg gleich neben dem Hotel der Schweizer Mannschaft, in dem keine Journalisten erlaubt sind. Seine Stimme ist unaufgeregt, er wirkt trotz seiner erst 19 Jahre schon äusserst abgeklärt und reif. Er hat viel zu erzählen, denn es ist in letzter Zeit einiges passiert in seiner noch jungen Karriere.

Bereits im Alter von 16 Jahren debütierte Steenaerts bei Kriens-Luzern in der NLA, mit 18 Jahren schaffte er dort den Durchbruch. Im Mai 2023 gewann er mit den Zentralschweizern den Schweizer Cup – es war der erste Titel der Vereinsgeschichte. In den WM-Playoffs gegen Slowenien im vergangenen Mai durfte er erstmals für das Nationalteam auflaufen, nun ist er an der WM die Nummer 1 auf dem rechten Flügel. Damit nicht genug, erhielt er Anfang Januar von den Rhein-Neckar Löwen, einem Topteam der Bundesliga, einen ab Sommer gültigen Vertrag bis 2028.

Kein einfacher Entscheid

War es für ihn sofort klar, diesen grossen Schritt zu machen? «Der Entscheid fiel mir nicht leicht. Ich bin sehr glücklich bei Kriens-Luzern, wir spielen um Titel, sind international dabei, und ich habe sehr viel Verantwortung.» Zudem kann ihn seine Freundin, die ebenfalls Handball spielt, wegen ihrer Ausbildung nicht begleiten.

Jedoch wollte sich der schnelle und kräftige Steenaerts diese Chance nicht entgehen lassen, auch weil ihn sein Umfeld dazu ermutigte und ihn darin bestärkte, bereit für diesen Schritt zu sein. Dies tat auch Nationaltrainer Andy Schmid, der während zwölf Jahren für die Löwen tätig war. Nicht zuletzt riet Steenaerts auch das Bauchgefühl zu diesem Entscheid, nachdem er einen Augenschein vor Ort genommen hatte und sah, wie professionell dort gearbeitet wird.

Zupass kommt ihm auch, dass er in Mannheim die nötige Zeit erhalten wird, um sich an das höhere Niveau zu gewöhnen. Er wird zunächst auf dem rechten Flügel die Nummer 2 hinter Patrick Groetzki sein. Der 35-Jährige gehört(e) zu den besten Spielern auf seiner Position. «Das war ebenfalls ein Faktor bei meinem Entscheid. Ich kann sehr viel lernen von ihm und unbeschwert aufspielen», sagt Steenaerts.

Ein Plus von Steenaerts ist, dass er auch in der Defensive auf der Halbposition eine wichtige Rolle einnehmen kann, was bei weitem nicht bei jedem Flügel der Fall ist. «Ich spiele genau so gerne in der Verteidigung wie in der Offensive», sagt er. «Meistens schauen die Fans nur auf den Angriff, die Defensive ist jedoch genau so wichtig, wenn nicht noch wichtiger.» Diese Stärke hob denn auch Uwe Gensheimer, der sportliche Leiter der Löwen, hervor: «Das macht unser System noch einmal variabler.»

Gedanken über den Handball hinaus

Der in Römerswil im Kanton Luzern aufgewachsene Steenaerts begann mit sieben Jahren in einer Ballspielgruppe mit Handball. Eine andere Sportart übte er nie aus. «Es ist ein Sport, der alles beinhaltet – Emotionen, Taktik, Tempo», beschreibt er die Faszination. Ein explizites Hobby hat er nicht, am besten schaltet er ab, wenn er Zeit mit seiner Familie – er hat drei jüngere Schwestern – oder mit der Freundin verbringt.

Mitte Mai absolviert Steenaerts die Matura-Prüfungen. Danach will er zumindest ein Jahr voll auf Handball setzen. «In Zukunft ist aber sicher das Ziel, etwas daneben zu machen. Es ist wichtig, einen Plan B zu haben.» Sein Gehalt verrät er selbstredend nicht, sagt aber dazu: «Es ist nicht so, dass man extrem viel verdient, ich bin jedoch glücklich über meinen Lohn. Ich spiele nicht wegen des Geldes, sondern weil es mir Spass macht.»

Lehrgeld gezahlt

Spass hat er derzeit einigen an der WM, die für die SHV-Auswahl schon jetzt als Erfolg bezeichnet werden kann. In der letzten Partie treffen die Schweizer am Samstag um 15.30 Uhr auf Italien. Mit einem Sieg würden sie ihre Hauptrundengruppe im 3. Rang abschliessen und damit die WM zwischen den Plätzen 9 und 12 beenden. «Italien macht einen sehr guten Job, sie sind auf einem ähnlichen Weg wie wir. Aber eigentlich sind wir die bessere Mannschaft», sagt Steenaerts. Von daher ist er überzeugt, dass die Revanche für die 29:31-Niederlage am Yellow Cup gelingen wird.

An ihm soll es nicht liegen. Zwar musste Steenaerts im Spiel gegen Deutschland gegen Andreas Wolff, einen der besten Goalies der Welt, Lehrgeld zahlen, betrug seine Erfolgsquote in dieser Partie doch lediglich 40 Prozent. Seither aber verwertete er 12 von 14 Abschlüssen, wobei er im entscheidenden Spiel um den Einzug in die Hauptrunde gegen Polen (30:28) vier Tore aus vier Versuchen erzielte. Das unterstreicht den Eindruck, den er im Café hinterlässt.