Küngs Frust nach dem Schweizer Triumph «Es ist relativ egal, wer dir vor der Sonne steht»

lbe

18.8.2022

Stefan Küng verpasst die Titelverteidigung im EM-Zeitfahren hauchdünn.
Stefan Küng verpasst die Titelverteidigung im EM-Zeitfahren hauchdünn.
Bild: Keystone

34 Hundertstelsekunden entscheiden im rein schweizerischen Rennen um den EM-Titel für Stefan Bissegger und gegen Stefan Küng. Die Ernüchterung ist dem entthronten Titelverteidiger anzumerken.

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Nach 24 Kilometern fahren die beiden Stefans im hoch spannenden EM-Zeitfahren in der gleichen Sekunde über die Ziellinie. Bissegger ist aber noch um mickrige 32 Hundertstel schneller als Küng, die restliche Konkurrenz lässt das Schweizer Duo um 9 Sekunden und mehr hinter sich. Die Gefühlswelten der beiden nach dem geschafften Doppelsieg hätten aber wohl nicht unterschiedlicher sein können.

«Heute hat alles gepasst. Es kam zusammen, was zusammenkommen musste. Endlich stehe ich zuoberst, ich hätte es glaube ich schon länger verdient. Ich freue mich unglaublich», frohlockt der frischgebackene Europameister Bissegger nach der hauchdünnen Entscheidung im SRF-Interview. «Ich hatte so viel Pech in diesem Jahr, endlich hat es geklappt. Jetzt sogar ganz, ganz knapp – es tut mir eigentlich mega leid für Stefan Küng, dass es so knapp wurde.»

Der Zweite als erster Verlierer

Der Zweitplatzierte kann sich nicht wirklich über den Schweizer Triumph freuen. «Schlussendlich willst du gewinnen. Dann ist es relativ egal, wer dir vor der Sonne steht. Zweiter ist Zweiter – der erste Verlierer», sagt Küng. «Wenn es noch so knapp ist, tut es noch einmal extra weh.» Der entthronte Titelverteidiger fühlt sich an seinen vierten Rang bei den Olympischen Spielen im letzten Sommer erinnert: «Ziemlich genau vor einem Jahr bin ich in Tokio um etwa den gleichen Abstand an den Medaillen vorbei. Jetzt werde ich hier Zweiter.»

Der knappe Abstand ist aber auch ein Signal dafür, dass die Formkurve stimmt. «Es war ungewiss, wo ich stehe. Gestern im Training habe ich mich überhaupt nicht gut gefühlt», gibt Küng zu. «Es ist sein sehr positives Zeichen, dass ich wieder auf meinem Level bin, das ich vor der Covid-Infektion hatte. Das stimmt mich zuversichtlich für den Rest der Saison.»

Bei aller Enttäuschung findet Küng für seinen Nachfolger als Europameister nur lobende Worte: «Ich mag es Stefan Bissegger gönnen. Er hat es sicher verdient.» Zudem bedankt sich der 28-Jährige beim eigenen Verband für die wertvolle Unterstützung. «Es ist kein Zufall, dass wir hier das optimale Ergebnis herausholen. Wir sind zwar ein relativ kleiner Verband, aber es wird sehr gut gearbeitet», sagt Küng und schwärmt: «Was Swiss Cycling verstanden hat, ist, dass sie ihren Talenten und Spitzenfahrern Sorge halten müssen. Seit den Junioren sind wir ein wenig unter ihren Flügeln und können immer wieder zu ihnen zurückkommen.»