Novak Djokovic droht nach den Australian Open auch die US Open wegen seines Impfstatus zu verpassen. Ein Wirrwarr, gesponnen von Experten, Trainern und Fans, ist bereits in vollem Gang.
Schon kurz nach seinem Titelgewinn in Wimbledon meinte Novak Djokovic, dass er auf «positive News aus New York» warte. Damit bezog sich der Serbe auf die Hoffnung, trotz fehlender Impfung beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres doch antreten zu können. Aktuell stehen seine Chancen dafür eher schlecht. Die Organisatoren teilten diese Woche mit, dass sie die aktuell gültigen Corona-Regeln des Landes nicht missachten wollen: «Die US Open haben keine Impfpflicht für Spieler, werden aber die Position der US-Regierung bezüglich der Einreise ungeimpfter Nicht-US-Bürger respektieren», heisst es in einer Mitteilung der Turnierorganisation.
Djokovic steht zwar auf der veröffentlichten Meldeliste des Turniers, diese ist im Hinblick auf das Turnier aber nicht relevant. Bei der Auslosung würde Djokovic ganz einfach nicht berücksichtigt. Es droht ein Melbourne 2.0, was jetzt schon wieder zu einem Mini-Chaos unter Experten, Trainern und Fans führt. Eine grobe Zusammenfassung, was sich derzeit an der Seitenlinie abspielt.
... McEnroes Einsatz für Djokovic
Während die Politiker des Landes ihren Standpunkt klargemacht haben, schlagen sich gewisse Tennisgrössen auf die Seite von Novak Djokovic. So etwa auch der frühere Spitzenspieler und heutige TV-Experte John McEnroe. Für ihn wäre ein Turnier ohne den Serben schlicht «lächerlich». «Ich bin mit seiner Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, nicht einverstanden», stellte der siebenfache Major-Sieger in einem Interview mit tennis365.com zunächst klar. «Aber ich respektiere ihn. Er ist bei bester Gesundheit und prüft sorgfältig jede Substanz, die in seinen Körper gelangt. Es ist wirklich eine Schande, dass er von den Medien in ein schlechtes Licht gerückt wurde.»
McEnroe macht klar, dass jemand einen Weg finden müsse, damit Djokovic in New York am Start sein kann. «Wir brauchen einen Champion wie ihn. Djokovic bekommt nicht die Anerkennung, die er eigentlich verdient. Dabei besteht kein Zweifel, dass er einer der Besten aller Zeiten ist.»
... Ivanisevics Appell an Biden
Dass McEnroe tatsächlich noch eine Kehrtwende einläuten kann, daran glauben im Moment weder Djokovic noch sein Lager so wirklich. Der Wimbledon-Sieger will sich nach dem Chaos in Melbourne keinen Illusionen hingeben, sein Trainer Goran Ivanisevic hat zumindest noch die Hoffnung, dass der US-Präsident höchstpersönlich einen Sonderweg für seinen Schützling findet: «Vielleicht ändert Biden ja noch seine Meinung», so der 50-Jährige. «Es passieren viele verrückte Dinge in der Welt. Jeden Tag ändert sich etwas, jeden Tag passiert etwas Neues.»
... die Fan-Petition
Die Anhänger von Novak Djokovic haben schon Mitte Juni eine Online-Petition ins Leben gerufen, mit welcher sie es ihrem Idol ermöglichen wollen, nach New York zu reisen. Mehr als 30'000 Anhänger haben das Dokument schon digital signiert und sind der Ansicht, dass es bei der aktuellen Corona-Lage keinen Grund gebe, Djokovic wegen einer fehlenden Impfung von einem Turnier auszuschliessen. Die Petition fordert die United States Tennis Organisation (USTA) auf, mit der US-Regierung zusammenzuarbeiten, um Djokovics Einreise zu ermöglichen.
Fällt Djokovic sogar aus den Top 10?
Sollte Novak Djokovic tatsächlich nicht in New York antreten können, wäre das aus sportlicher Sicht ein herber Dämpfer für den Serben. Er würde nicht nur die Chance verpassen, mit Rafael Nadal in Sachen Grand-Slam-Titel gleichzuziehen, sondern ihm droht sogar, im ATP-Ranking aus den Top 10 zu fallen.
Als Vorjahres-Finalist hat Djokovic in New York 1200 Punkte zu verteidigen. Sollten die jungen Wilden wie Félix Auger-Aliassime oder Jannik Sinner bei den US Open einen Lauf haben, wäre es daher gut denkbar, dass sie am Serben vorbeiziehen. Das wäre zwar kein Desaster und dennoch kann es selbst für Djokovic unangenehm sein, wenn er künftig schon im Viertelfinal auf Gegner wie Rafael Nadal, Alexander Zverev oder Daniil Medvedev treffen könnte.
Vielleicht findet jemand aber tatsächlich noch ein Schlupfloch und macht eine Teilnahme für Djokovic möglich. Dann muss man sich über alle sportlichen Eventualitäten gar keine Gedanken mehr machen. Umso grösser dürfte der Aufschrei dann jedoch auf sportpolitischer Ebene sein.