Keine Gleichbehandlung im Tennis? «Ein schreckliches Bild für den Sport» – Dopingfall Swiatek löst Kritik aus

Syl Battistuzzi

29.11.2024

Iga Swiatek (r.) und Simona Halep haben beide Bekanntschaft mit der Dopingbehörde gemacht.
Iga Swiatek (r.) und Simona Halep haben beide Bekanntschaft mit der Dopingbehörde gemacht.
KEYSTONE

Iga Swiatek, die Weltnummer 2 bei den Frauen, erhielt nur eine kurze Sperre nach ihrem positiven Dopingbefund. Für Simona Halep, die viel länger gesperrt wurde, eine grosse Ungerechtigkeit. Auch andere aus der Szene kritisieren das Urteil.

Syl Battistuzzi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Iga Swiatek, die Weltranglistenzweite im Frauen-Tennis, wurde wegen eines Dopingbefunds für einen Monat gesperrt. Auch Jannik Sinner gab in diesem Jahr eine positive Dopingprobe ab. Der Italiener kam bis jetzt glimpflich weg.
  • Simona Halep hingegen hatte nach ihrem Befund einen deutlich längeren Spiessrutenlauf. In den sozialen Medien moniert sie eine Ungleichbehandlung.
  • Auch andere Exponenten aus der Tennis-Szene kritisieren das Swiatek-Urteil. Die Behörde ITIA wehrt sich gegen Vorwürfe.

Iga Swiatek wurde für einen Monat gesperrt, nachdem sie positiv auf das verbotene Herzmittel Trimetazidin (TMZ) getestet worden war. Dies teilte die International Tennis Integrity Agency (ITIA) am Donnerstag mit. Swiatek habe den Verstoss gegen die Anti-Doping-Bestimmungen formell zugegeben und ihre Strafe akzeptiert.

Die ITIA akzeptierte Swiateks Erklärung, dass die Einnahme unbeabsichtigt war und durch die Verunreinigung eines nicht verschreibungspflichtigen Medikaments, Melatonin, verursacht wurde. Dieses habe sie wegen Problemen mit Jetlag und Schlafstörungen eingenommen.

Die fünffache Siegerin von Grand-Slam-Turnieren bezeichnete den positiven Test als «schlimmste Erfahrung meines Lebens. Der einzige positive Dopingtest in meiner Karriere, der einen unglaublich niedrigen Wert einer verbotenen Substanz zeigte, von der ich noch nie zuvor gehört hatte, stellte alles in Frage, wofür ich mein ganzes Leben lang so hart gearbeitet habe. Sowohl ich als auch mein Team mussten mit enormem Stress und Angst fertig werden. Nun kann ich mit einem sauberen Blatt zu dem zurückkehren, was ich am meisten liebe.»

Der Spiessrutenlauf von Halep  

Einen dunklen Fleck im Lebenslauf hat auch Simona Help. Am Ursprung ihrer Zwangspause stand eine Dopingprobe mit positivem Ergebnis im vorletzten Jahr beim US Open (2022). Beim Test wurde der Rumänin der Gebrauch der verbotenen Substanz Roxadustat nachgewiesen. Im Mai 2023 geriet sie wegen Unregelmässigkeiten im biologischen Athletenpass erneut ins Zwielicht.

Die Vergehen zogen eine vierjährige Sperre nach sich. Auf das Strafmass reagierte Halep mit dem Gang vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne. Der Einspruch lohnte sich. Der CAS reduzierte die Dauer der Suspendierung auf neun Monate. Die Richter waren nach Anhörung der Klagenden und «sorgfältiger Prüfung» der Darstellung Haleps zum Schluss gekommen, dass das verbotene Mittel «durch den Verzehr eines kontaminierten Nahrungsergänzungsmittels in ihren Körper gelangt sei». Die neun Monate Sperre hatte Halep längst abgesessen und war nach dem Urteil wieder spielberechtigt.

Nach einer reduzierten Dopingsperre ist Simona Halep wieder in den Tennissport zurückgekehrt.
Nach einer reduzierten Dopingsperre ist Simona Halep wieder in den Tennissport zurückgekehrt.
Kirsty Wigglesworth/AP/dpa/Archivbild

Doch der Frust bei Halep, die ihren Wiedereinstieg als Spielerin ohne Klassierung in der Weltrangliste bewerkstelligen musste, ist immer noch gross. «Ich frage mich, warum es einen so grossen Unterschied in der Behandlung und Beurteilung gibt?», schreibt die 33-Jährige mit Blick auf das Siwatek-Verdikt auf Instagram. «Ich kann keine logische Antwort finden und ich glaube auch nicht, dass es eine geben kann. Es kann nur der böse Wille der ITIA sein, der Organisation, die alles getan hat, um mich trotz der Beweise zu vernichten.» Sie habe zwei Jahre ihrer Karriere verloren, so die zweifache Major-Siegerin. Die frühere Weltnummer 1 ist in der Rangliste aktuell auf Platz 877. 

«Ein schreckliches Bild für den Sport»

Swiatek ist nicht der einzige aufsehenerregende Dopingfall in jüngster Zeit. Im März wurde Jannik Sinner zweimal positiv auf ein verbotenes Steroid getestet. Im August, unmittelbar vor dem US Open, das er gewann, wurde der Italiener freigesprochen. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA legte jedoch Einspruch dagegen ein, der Fall liegt aktuell beim Internationalen Sportgerichtshof CAS.

Auch wenn die Fallkonstellation bei Halep und Swiatek doch unterschiedlich sind, sind grundsätzlich Fragen nach der Gleichbehandlung im Tennissport nicht unberechtigt. So wurde bei Sinner die Öffentlichkeit nicht sofort informiert. Der aktuellen Weltnummer 1 konnte laut ITIA kein vorsätzliches Verschulden nachgewiesen werden. Erst jetzt, nach Abschluss der Ermittlungen, machte die Untersuchungskommission die Vorfälle von Sinner und Swiatek publik. Die Vorgehensweise zeichne «ein schreckliches Bild für den Sport», kommentierte der portugiesische Tennis-Journalist José Morgado auf X.

Der australische Tennis-Star Nick Kyrgios kritisiert. «Die Ausrede, die wir alle benutzen können, ist, dass wir es nicht wussten. Einfach nicht wussten», monietr er via X: «Profisportler auf höchstem Niveau können jetzt einfach sagen: ‹Wir wussten es nicht.›»

Behörde wehrt sich gegen Vorwürfe

Die ITIA rechtfertigte das Vorgehen. Da Sinner und Swiatek innerhalb von zehn Tagen erfolgreich Berufung gegen die vorläufige Sperre eingelegt hätten, seien die Suspendierungen gemäss den Anti-Doping-Regeln im Tennis nicht veröffentlicht worden, teilte die Untersuchungskommission mit.

«Wir behandeln jeden Fall auf der Grundlage von Fakten und Beweisen, nicht des Namens, der Rangliste oder der Nationalität eines Spielers. Wenn eine verbotene Substanz im Körper eines Spielers gefunden wird, untersuchen wir sie gründlich», heisst es in der Stellungnahme weiter.

Witzig und emotional: Federers Abschiedsbrief an Nadal

Witzig und emotional: Federers Abschiedsbrief an Nadal

Roger Federer huldigt seinem Freund und Rivalen Rafael Nadal zum Abschied einen dreiseitigen Brief. blue Sport hat Teile davon übersetzt und zusammengefasst.

19.11.2024