Der Anfang eines Tennis-Märchens? Deshalb spricht Stricker nur selten über Federer

Von Martin Abgottspon

4.9.2023

Mit seinem Vorstoss in den Achtelfinal ist Dominic Stricker neu auch in den Top 100.
Mit seinem Vorstoss in den Achtelfinal ist Dominic Stricker neu auch in den Top 100.
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Nach einer intensiven Woche und dem Vorstoss bis in den Achtelfinal der US Open ist für Dominic Stricker Schluss. Am Ende überwiegt die Freude über das gute Resultat und der Schweizer wagt einen optimistischen Ausblick.

Von Martin Abgottspon

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mit dem Vorstoss in den Achtelfinal der US Open sammelte Dominic Stricker wichtige Erfahrungen und hat bewiesen, dass er mit den Top-Spielern mithalten kann.
  • Der Vorstoss in die Top 100 eröffnet ihm sportlich neue Perspektiven, da er dadurch für künftige Grand-Slams gesetzt ist.
  • Vergleiche mit Roger Federer macht Stricker nicht gerne. Er will an seiner eigenen Erfolgsgeschichte arbeiten.

Im beinahe ausverkauften Louis-Armstrong-Stadium vor 14'000 Zuschauern trat Dominic Stricker am Sonntagabend zu seinem Achtelfinal gegen Taylor Fritz an. Eine Mega-Kulisse, auch wenn die Mehrheit der Zuschauer ihren Landsmann unterstützt. Für Stricker war es dennoch ein Höhepunkt in seiner noch jungen Karriere.

Resultatmässig hat sich der 21-Jährige zwar auch in diesem Spiel mehr erhofft. Letzten Endes war das 6:7, 4:6 und 4:6 aber auch zu deutlich angesichts des Spielverlaufs. Stricker war auf Augenhöhe mit seinem Top-10-Kontrahenten, vielleicht aber nicht immer so effizient wie Fritz. Das zeigte sich insbesondere im Startsatz, in welchem dem Amerikaner ein exzellentes Tiebreak gelang.

«Es war ein guter Match. Ich kann mir fast nichts vorwerfen», resümiert Stricker. «Höchstens die beiden Breakbälle beim 5:5 im ersten Satz. Wenn ich einen verwerte, kann das der Partie eine ganz andere Richtung geben. Aber er hat da auch zweimal gut serviert. Das macht diese Topspieler aus: dass sie in diesen Momenten ihre ersten Aufschläge finden.»

Immer mit der nötigen Lockerheit

Es waren diese kleinen Nuancen, die dieses Mal gegen Stricker sprachen. Tsitsipas erlaubte sich bei wichtigen Punkten mehr Fehler. Fritz war an diesem Abend sehr beständig. «Er macht allgemein wenig Blödsinn, zieht einfach sein Spiel durch. Sobald dein Ball kurz wird, geht er drauf. Und er hat megagut serviert.»

«Es ist grossartig zu sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass ich konstanter spiele.»

Die wunderbare Reise von Stricker findet so im Achtelfinal ihr Ende. Viele wichtige Erfahrungen hat er dazugewonnen, genauso wie die Gewissheit, dass er mit den besten Spielern der Welt mithalten kann. Schon in der Qualifikation hat er bewiesen, dass er auch in seinem jungen Alter hervorragend mit Druck umgehen kann, indem er im Spiel gegen Pablo Llamas Ruiz einen Matchball abwehrte. Gegen Tsitsipas drehte er im vierten Satz sogar einen 3:5-Rückstand. Und dabei blieb Stricker so locker, dass er beim Seitenwechsel sogar noch Zeit für eine kleine Gesangseinlage fand.

«Nicht nur mir, auch meinem Trainer und dem ganzen Team bringt das sehr viel», sagt Stricker. «Es ist grossartig zu sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass ich konstanter spiele. Dass ich nicht am Morgen aufwache und nicht weiss, was jetzt kommt. Und dass mein Level immer besser wird, von Woche zu Woche.»

Es öffnen sich neue Tore

Mit seinem Vorstoss macht Stricker in der Weltrangliste rund 40 Plätze gut und schafft es damit in die Top 100. Ein wichtiger Meilenstein, der ihm sportlich neue Möglichkeiten bietet. «Es ist megatoll, dass ich die Top 100 geschafft habe. Jetzt will ich natürlich mehr. Jetzt bin ich in einer guten Position. Ich werde nun auch ab und zu in die 250er-Turniere reinkommen. Und dann ist vieles möglich.»

Kann er die Platzierung halten, ist er in Zukunft auch für die Grand-Slam-Turniere gesetzt. Und da Stricker in den restlichen Turnieren nicht mehr viele Punkte zu verteidigen hat, sieht es mit einer Teilnahme bei den Australian Open bereits gut aus.

So weit will der junge Schweizer aber noch gar nicht denken, sondern jetzt erst einmal richtig realisieren, was sich in den letzten zwei Wochen überhaupt ereignet hat. Er will endlich alle Nachrichten lesen, die er bekommen hat. Womöglich war da sogar eine von Roger Federer dabei. Stricker konnte einem ESPN-Journalisten zumindest nicht bestätigen, ob Federer ihm schon gratuliert hat.

Stricker spricht aber ohnehin nicht viel von und über Federer. So zum Beispiel auch nicht auf die Frage, welcher Spieler seinen eigenen Stil geprägt habe. Er ist sich wohl bewusst, dass die Vergleiche ihm nicht weiterhelfen. Vielmehr will er seine eigene Geschichte schreiben. Mit dem Achtelfinal-Einzug in New York hat er diese mit einem schönen Kapitel ergänzt.