«Tennis ist mein Schicksal» 98-jähriger Tennisspieler flüchtet aus der Ukraine – und hofft nun auf ein Spiel gegen Federer

Von Jan Arnet

5.4.2022

Gilt als ältester Tennisspieler der Welt: Leonid Stanislawski.
Gilt als ältester Tennisspieler der Welt: Leonid Stanislawski.
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Eigentlich wollte er in Charkiw bleiben, bis der Krieg vorbei ist. Jetzt ist der 98-jährige Leonid Stanislawski doch nach Polen geflüchtet. Da jagt der älteste Tennisspieler der Welt nun seinen letzten Träumen nach.

Von Jan Arnet

Im Oktober des letzten Jahres ging ein grosser Traum von Leonid Stanislawski in Erfüllung. Der damals 97-Jährige, der im Guinnessbuch der Rekorde als ältester Tennisspieler der Welt geführt wird, erhielt eine Einladung von Rafael Nadal und durfte in dessen Akademie mit dem spanischen Tennisstar ein paar Bälle schlagen.

Nur vier Monate später erlebte Stanislawski einen Albtraum. Doch obwohl seine Heimatstadt Charkiw von russischen Streitkräften angegriffen und bombardiert wird, wollte der Tennissenior zunächst nicht weg. «Ich muss diese beängstigende Situation überleben. Ich hoffe, ich werde 100 Jahre alt», sagte er Anfang März der Nachrichtenagentur Reuters.

Er sei zuhause rumgesessen und nirgendwo hingegangen. «Meine Tochter Tanya ist in Polen, sie will mich dorthin bringen. Aber ich habe beschlossen, hier zu bleiben. Ich höre nicht mehr gut, deshalb schlafe ich nachts und höre nichts», so Stanislawski vor knapp einem Monat. «Der Kühlschrank ist gefüllt.» Er wollte zuhause bleiben, bis eine Einigung gefunden wird. «Der Krieg muss beendet werden.»

Doch leider hat sich die Situation in der Ukraine auch Wochen danach immer noch nicht beruhigt. So entschied sich der 98-Jährige doch noch, seiner Tochter nach Polen zu folgen – auch, um seiner grossen Leidenschaft wieder nachgehen zu können. «Tennis ist mein Leben, mein Schicksal», wie Stanislawski selbst sagt. 

Tennisspielen mit den grossen Stars

Kaum in Polen angekommen, greift der Ukrainer auch gleich wieder zum Schläger – und misst sich schon mit dem nächsten Tennis-Promi. Die mittlerweile zurückgetretene Agnieszka Radwanska, ehemalige Weltnummer 2, lädt Stanislawski in der ostpolnischen Stadt Lublin zum Tennisspielen ein. 

«Es war mir eine grosse Freude, den 98-jährigen Leonid zu treffen. Er ist von Charkiw nach Polen geflohen und immer noch in hervorragender Tennisform. Ich freue mich sehr, dass ich ihm einen seiner Wünsche erfüllen konnte», schreibt Radwanska auf Instagram.

Stanislawski bedankt sich bei Radwanska für das «tolle Geschenk» – und jagt unweit des Kriegsgebiets schon seinen nächsten Träumen nach. Nach dem Besuch bei Nadal und Radwanska hofft er jetzt auf ein Treffen mit Roger Federer. Auch mit der neuen Weltnummer 1 Iga Swiatek würde er gerne ein paar Bälle schlagen. Sein grosses Ziel sei es jetzt aber, an den Senioren-Weltmeisterschaften in Palm Beach teilzunehmen. Die beginnen am 24. April. Der Krieg wäre in Florida noch etwas weiter weg.