Lang bricht nach FCB-Aus sein Schweigen «Junge Spieler sind die Geldmaschinen der Klubs»

Michael Wegmann

20.9.2024

Unschöner Schluss: Am Ende seiner FCB-Zeit sass er nur noch auf der Ban oder auf der Tribüne.  
Unschöner Schluss: Am Ende seiner FCB-Zeit sass er nur noch auf der Ban oder auf der Tribüne.  
IMAGO/Geisser

Am 25. Juli, wenige Tage nach der 2:3-Pleite zum Auftakt gegen Lausanne, haben der FCB und Ex-Natispieler Michael Lang (33) den Vertrag aufgelöst. Seither hat Lang geschwiegen, mit blue Sport redet er erstmals.

Michael Wegmann

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Seit seiner Vertragsauflösung beim FC Basel hat Michael Lang geschwiegen, jetzt spricht er bei blue Sport erstmals öffentlich. 
  • Lang verrät, weshalb er derzeit lieber alleine trainiert und spricht über seine Zukunft und die neuen Ziele von Schweizer Klubs. 
  • «Ich glaube, wenn Klubchefs zwischen dem Meistertitel und Transfereinnahmen von gegen 30 Millionen Franken wählen müssten, würden sich die allermeisten für das Geld entscheiden», sagt Lang zum Jugendwahn in der Super League
  • Lang meint: «Ich bin sicher, dass Fabian Frei, Jonathan Sabbatini, Fabio Daprelà oder ich jedem Team der Schweiz helfen könnten. Aber wir haben alle keinen Wiederverkaufswert.»

Michael Lang, Sie sind seit fast zwei Monaten klublos. Wie halten Sie sich fit?

Michael Lang: Mit Einzeltrainings. Ich habe mir schon Gedanken gemacht, ob ich mich fürs Training einem Team anschliessen soll. Es gab auch Angebote, zum Beispiel aus der 1. Liga Promotion. Aber ohne despektierlich tönen zu wollen, ich habe jahrelang auf einem höheren Level trainiert und weiss, was ich brauche. Das Hauptargument dagegen war aber die viel höhere Verletzungsgefahr in Mannschaftstrainings, dieses Risiko ist mir schlicht zu hoch. Verletze ich mich jetzt, würde dies wohl mein sofortiges Karriereende bedeuten.

Keine Probleme mit der Trainings-Disziplin, wenn es zum Beispiel regnet oder wenn Sie müde sind?

Nein, ich kann mich sehr gut selbst motivieren. Ich habe 17 Jahre fast täglich trainiert und weiss, welchen Rhythmus ich einhalten muss. Aber klar, fällt mir das Training an einigen Tagen schwieriger. Da hilft es schon, dass ich ein bisschen flexibler in meiner Trainingsgestaltung bin.

Alles deutet darauf hin, dass Sie weiterspielen wollen.

Ja. Ich liebe es immer noch Fussballer zu sein und bin topmotiviert. Wenn etwas Interessantes kommt, bin ich bereit und kann sofort ins Teamtraining einsteigen. Einzig die Spielpraxis fehlt mir, das ist mir bewusst.

Wo würden Sie gerne künftig spielen?

Meine Familie und ich sind offen. Noch ein Engagement im Ausland würde mich reizen. Eine neue Erfahrung, neue Erlebnisse. Ich bin schon realistisch genug, dass ich weiss, dass es nicht die Bundesliga oder die Premier League sein wird, aber vielleicht Zypern oder Dubai. Wir als Familie sind offen und auch abenteuerlustig. Die Kinder sind noch in einem Alter, in welchem so ein Engagement problemlos geht, zur Einschulung dauert es noch ein wenig.

Ein interessantes Angebot ist anscheinend noch nicht eingetroffen. Wie nervös sind Sie?

Ich bin entspannt. Als Vereinsloser kann ich jederzeit bei einem Verein unterschreiben. Wie schnell es im Fussball gehen kann, weiss man ja.

Mit Ihrem Karriere-Ende befassen Sie sich noch nicht?

Ich hoffe, dass es noch nicht so weit ist. Aber klar überlege ich mir, was ich nach meiner Karriere machen werde. Das tue ich aber schon länger und nicht erst in diesem Jahr. Den Fussball liebe ich noch immer, ich bin erst 33, bin noch immer topfit und habe keine Schmerzen. Ich kann einer Mannschaft noch viel geben. Obwohl mir bewusst ist, dass sich der Fussball in den letzten Jahren stark verändert hat.

Inwiefern?

Heute werden als erstes 18-jährige Talente verpflichtet, dann 22-Jährige, 25-Jährige, 29-Jährige. Irgendwann vielleicht Spieler über 30. Es geht primär darum, mit den Spielern so rasch als möglich Geld zu verdienen.

Wird der Wiederverkaufswert von Spielern stärker gewichtet als der Meistertitel?

Ja, ich empfinde das definitiv so. Ich glaube, wenn Klubchefs zwischen dem Meistertitel und Transfereinnahmen von gegen 30 Millionen Franken wählen müssten, würden sich die allermeisten für das Geld entscheiden. Kein Wunder, dass so die Identifikation zwischen Spielern und Klubs verloren geht. Einerseits verstehe ich das auch. In der Schweiz sind die TV-Einnahmen überschaubar, grosse Sponsoren und Investoren gibt es auch nicht mehr so viele. Darum werden junge Spieler extrem gepusht heute, sie sind die Geldmaschinen der Klubs.

Wie war das früher?

Als ich 2007 mit 16 in die erste Mannschaft des FC St.Gallen gekommen bin, war klar, dass ich hinten anstehen muss. Auch auf dem Platz. Die Achse war von routinierten Spielern besetzt, die Jungen kamen höchstens auf den Seiten zum Einsatz. So wurde aus mir auch ein Aussenverteidiger, im Nachwuchs habe ich davor immer im zentralen Mittelfeld gespielt. Erfahrene Spieler genossen eine höhere Wertschätzung als heute, sie hatten wichtige Rollen auf und neben dem Platz. Heute sind die älteren Spieler ersetzbar. Und zwar überall in der Schweiz. Ich bin sicher, dass Fussballer wie Fabian Frei, Jonathan Sabbatini, Fabio Daprelà oder ich jedem Team der Schweiz helfen könnten. Aber wir haben alle keinen Wiederverkaufswert. Das ist, was heute zählt.

Vermissen Sie die Wertschätzung?

Von den FCB-Fans habe ich grosse Wertschätzung gespürt. Sie sehnen sich nach Spielern, die sich mit ihrem Klub identifizieren und ihn nicht nur als Sprungbrett oder Durchgangsstation betrachten. In den letzten Wochen und Monaten wurde ich oft von den FCB-Fans angesprochen und aufgemuntert. Das tat mir schon gut.

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Der FC Basel und Michi Lang haben den Vertrag aufgelöst. Der Routinier wird von den Basler-Fans in der Pause gebührend gefeiert.

27.07.2024

Haben sie Ihnen durch die schwere Zeit zwischen Bank und Tribüne geholfen?

Am meisten geholfen hat mir der Support meiner Familie und meiner Freunde. Aber auch die Fans haben ihres dazu beigetragen. Es tat schon gut, dass ich nicht aus der Stadt gejagt wurde.

Von Klubseite sah es ein bisschen anders aus. Letzte Saison durften sie monatelang nicht spielen, danach sprachen Sie von einer «unfassbar brutalen Saison». In der Vorbereitung schöpften Sie neue Hoffnung, kamen in den Testspielen zum Einsatz. Doch bei der Auftaktpleite in Lausanne sassen Sie nur auf der Bank, danach wurde Ihr Vertrag aufgelöst. Ein ungewöhnlicher Zeitpunkt …

… ja, das war es. Aber am Ende haben wir uns darauf geeinigt, den Vertrag aufzulösen. Das ist alles, was ich zum FCB sage, Sie müssen gar nicht mehr weiter fragen.

Dürfen oder wollen Sie nicht über den FCB reden?

Macht das einen Unterschied? (schmunzelt)

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