Luzerns Sportchef Remo Meyer spricht vor dem Spiel in St. Gallen über die Doppelbelastung, die Stärke des eigenen Nachwuchses und die Aussprache mit dem wechselwilligen Ardon Jashari.
Remo Meyer, in den letzten Jahren scheiterte der FC Luzern im Europacup meistens krachend. Nun wurde mit Djurgarden die erste Hürde in der Qualifikation zur Conference League übersprungen. Wie wichtig war dieser Erfolg?
Extrem wichtig. Das sind – vor allem für die jungen Spieler – unbezahlbare Erfahrungen und Highlights. In der zweiten Halbzeit haben wir gelitten, die Jungs liefen auf den Felgen. Doch die Zuschauer haben uns getragen. Die Stimmung war unglaublich.
Am Sonntag folgt schon wieder der Liga-Alltag. Wie schwierig ist die Umstellung für eine Mannschaft, die sich die Doppelbelastung nicht gewöhnt ist?
Positive Erlebnisse helfen bei der Regeneration. Aber klar, das Spiel hat extrem viel Kraft gekostet. Wir wollen uns nicht beklagen, die Freude überwiegt. Wir haben es uns letzte Saison hart erarbeitet, alle drei Tage spielen zu können, und sind stolz darauf. Es wird am Sonntag einige Rotationen geben. Das entsprechende Kader dafür haben wir beisammen.
Für die Zusammenstellung der Mannschaft sind Sie zuständig. Wie bewerten Sie Ihre Top-Transfers Kemal Ademi, Teddy Okou und Kevin Spadanuda?
Nach zwei Runden etwas zu bewerten, ist immer schwierig. Wichtig ist immer, dass das gesamte Team funktioniert. Natürlich sind wir auch von den Neuzugängen voll überzeugt. Sie haben sich in der Vorbereitung super integriert, passen gut ins Team und bringen Qualität mit.
Mit welchen Argumenten überzeugen Sie Spieler vom FC Luzern?
Das sportliche Projekt ist matchentscheidend. Wir sind seit eineinhalb Jahren im Aufwind, haben uns von einem Abstiegskandidaten zu einem Europacup-Anwärter entwickelt und spielen international. Das sind Argumente, die ziehen.
Mit Marius Müller, Dejan Sorgic und Pascal Schürpf haben Sie im Sommer Spieler abgegeben, die Identifikationsfiguren, Publikumslieblinge und Führungsspieler waren. Wieso haben sich die Wege getrennt?
Auch wenn nicht alle Abgänge von uns aus forciert wurden, haben wir gewisse Veränderungen bewusst angestrebt, um frischen Wind reinzubringen. Nun sind andere Spieler gefragt. Sie können in neue Rollen hineinwachsen und in der Hierarchie aufsteigen.
Ardon Jashari ist in der Hierarchie abgestiegen. Er musste nach seinem öffentlich formulierten Wunsch, sich dem FC Basel anzuschliessen, die Captain-Binde abgeben. Am vergangenen Wochenende stand er für viele überraschend trotzdem im Aufgebot, kam nach der Pause rein und bereitete den Siegestreffer vor. Gegen Djurgarden stand er gar wieder in der Startaufstellung. Hat es eine Aussprache gegeben?
Es haben letzte Woche viele Gespräche stattgefunden. Denn es sind Dinge vorgefallen, die nicht in Ordnung waren. Wir haben ihm die nötige Zeit gegeben, um das Geschehene zu reflektieren. Er musste erst einmal den Kopf durchlüften und hat uns dann signalisiert, dass er mental bereit ist, um wieder ins Geschehen einzugreifen. Alle Seiten haben es als richtig empfunden, sich wieder auf den grünen Rasen zu fokussieren. Es hilft uns weiter, wenn wir Ardon wieder im Boot haben – und es hilft auch ihm weiter.
War es im Nachhinein der richtige Entscheid, Jasharis Wunsch nach Veränderung nicht zu entsprechen?
Aus unserer Sicht ganz klar ja. Wir haben schon vor fünf Jahren den Grundsatzentscheid gefällt, eigene Schlüsselspieler nicht innerhalb der Liga zu direkten Konkurrenten zu transferieren.
Birgt dieser Entscheid, sich als Verein über den Willen des Spielers zu setzen, nicht auch Gefahr? Bei künftigen Verhandlungen könnte ihnen dies um die Ohren fliegen.
Unser Ziel ist es, so ambitioniert zu sein, dass ein Wechsel innerhalb der Liga gar kein Karrieresprung mehr bedeutet. Diesbezüglich haben wir in der jüngeren Vergangenheit eine gute Entwicklung genommen. Mittlerweile sind wir so weit, dass wir sagen können: Luzern kann ein Sprungbrett fürs Ausland sein.
Ardon Jashari ist nur einer von etlichen Spielern, die in den letzten Jahren den Sprung von der eigenen Jugend in die Super League geschafft haben. Allein in der vergangenen Saison feierten sieben Eigengewächse ihr Debüt in der höchsten Spielklasse. Was steckt hinter dieser Talent-Quelle?
Wir investieren viel Geld in die Nachwuchsabteilung. Sie ist unser Herzstück. In unserer Kaderplanung ist klar definiert: Bevor wir den Markt nach Neuzugängen sondieren, schauen wir in unserer Nachwuchsabteilung, ob Spieler vorhanden sind, welche die Lücke intern schliessen können.
Das dürften auch andere Klubs in der Super League tun. Was ist Ihr Geheimnis?
Es gibt kein Geheimnis, sondern harte Arbeit und eine klare Philosophie sowie sehr gute Ausbilder. Mit Stefan Marini (Leiter Entwicklung und Technik, Red.), Pius Kaspar (Leiter Nachwuchs) und Marco Schneuwly (Talent-Manager) haben wir ein starkes Gespann, das sich um den Nachwuchs kümmert. Die jungen Spieler werden eng und individuell begleitet. Unsere Philosophie, ein Drittel des Profikaders mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs zu bestücken, haben wir in den letzten Jahren gezielt verfolgt und weiter gestärkt. Talente erhalten bei uns realistische Chancen auf Einsatzzeiten in der Super League. Das hat nicht nur das letzte Jahr gezeigt. Mit Ruben Vargas, Jonas Omlin, Filip Ugrinic oder Darian Males gibt es genügend Beispiele.
Es braucht aber auch immer einen Trainer, der die Philosophie des Vereins mitträgt und den Mut aufbringt, jungen Spielern das Vertrauen zu schenken. Mit Mario Frick, dessen Vertrag Sie letzte Woche vorzeitig um zwei Jahre verlängert haben, scheinen Sie den richtigen Mann gefunden zu haben.
Er ist ein Trainer, der ideal zu uns passt, von seiner Einstellung her, von seiner Mentalität. Hinzu kommt die gute Zusammenarbeit zwischen ihm, seinem Staff und dem Nachwuchs. Marios Vertragsverlängerung war ein wichtiges Zeichen für beide Seiten. Die Mannschaft hat in den letzten eineinhalb Jahren unter seiner Führung eine tolle Entwicklung genommen, die noch nicht am Ende ist und die wir weiterführen werden.