Mikaela Shiffrin kann am kommenden Wochenende den Gesamtweltcup eintüten und zugleich den Rekord von Ingemar Stenmark knacken. Der Schwede hat sich längst damit abgefunden, als Rekordhalter abgelöst zu werden.
Nach der erfolgreichen Weltmeisterschaft in Frankreich mit der Ausbeute von einer Gold- und zwei Silbermedaillen kehrt Mikaela Shiffrin am Freitag in Kvitfjell in den Ski-Weltcup zurück. Und die US-Amerikanerin nimmt in Norwegen gleich zwei Meilensteine ins Visier.
Zum einen bietet sich Shiffrin die Möglichkeit, schon frühzeitig den Gewinn ihrer fünften grossen Kristallkugel zu sichern. Im Gesamtweltcup, den sie bereits 2017, 2018, 2019 und 2022 für sich entschied, beträgt der Vorsprung auf die erste Verfolgerin Petra Vlhova satte 722 Punkte. Die Drittplatzierte Lara Gut-Behrami hat 771 Zähler weniger auf ihrem Konto.
Kann Shiffrin ihren Vorsprung auf die Konkurrenz im Super-G vom Freitag auf 800 Punkte ausbauen, ist sie in den verbleibenden acht weiteren Rennen auch rechnerisch nicht mehr einzuholen. Mit dem insgesamt fünften Triumph im Gesamtweltcup würde Shiffrin Ski-Grössen wie Lindsey Vonn, Pirmin Zurbriggen oder Hermann Maier hinter sich lassen. Einzig Annemarie Moser-Pröll (6) und Marcel Hirscher (8) hätten die Nase in dieser Kategorie dann noch vorne.
Der grosse Unterschied zu Stenmark
Alleinige Rekordhalterin könnte Mikaela Shiffrin dagegen in Sachen Weltcup-Siege werden. Zu Ingemar Stenmarks Bestmarke von 86 Weltcup-Siegen fehlt bloss noch ein Triumph. Für den Schweden steht aber ohnehin längst fest, dass Shiffrin seine Bestmarke pulverisieren wird. «Ich denke, sie kann mehr als 100 Rennen gewinnen. Das hängt davon ab, wie viele Jahre sie ihre Karriere fortsetzt. Aber 100 ganz bestimmt», macht Stenmark gegenüber der Nachrichtenagentur «AP» klar.
Der 66-Jährige kommt ins Schwärmen. «Sie hat alles. Sie hat eine gute körperliche Stärke, sie hat eine gute Technik, einen starken Kopf. Es ist die Kombination all dessen, die sie so gut macht», unterstreicht der zweifache Olympiasieger und sieht darin auch den grossen Unterschied zu den eigenen Künsten. «Ich bin besonders beeindruckt, dass sie sowohl im Slalom als auch im Super-G und in der Abfahrt so gut fährt. Ich hätte niemals in all diesen Disziplinen so stark sein können», so Stenmark, der auch zugibt: «Sie ist viel besser, als ich war.»
Stenmark brillierte zu seiner Zeit als Techniker. Seine 86 Weltcupsiege fuhr er im Slalom (40) und im Riesenslalom (46) ein. Shiffrin holte derweil schon in sämtlichen Disziplinen Siege: 3 Mal in der Abfahrt, 5 Mal im Super-G, 19 Mal im Riesenslalom, 52 Mal im Slalom, 5 Mal in Parallelrennen und 1 Mal in der Kombination.
Mit den Tipps von Kilde zum Rekord?
Einiges spricht dafür, dass Shiffrin in Kvitfjell wieder zuschlägt. In Norwegen stehen ein Super-G (am Freitag) und zwei Abfahrten (Samstag und Sonntag) auf dem Programm. Shiffrin absolvierte im Frühjahr ein intensives Training auf dem «Olympiabakken» in Kvitfjell – mit Partner Aleksander Kilde, der ihr auf seiner Heimstrecke wohl einige Tipps verrät.
Diese tragen offenbar Früchte: Am Mittwoch dominiert Shiffrin das erste Training und deklassiert die gesamte Konkurrenz um eine halbe Sekunde und mehr. Kann die 27-Jährige ihr Potenzial auch in den Rennen umsetzen, ist Stenmark seinen Rekord schon sehr bald los.
Immerhin bleibt dem Schweden dann der Trost, das Rampenlicht wieder meiden zu können – wie er es schon während seiner Aktivzeit bevorzugt hatte. Denn seit sich Shiffrin der Rekordmarke unaufhaltsam annähert, bekommt Stenmark Interviewanfragen aus der ganzen Welt. «Das finde ich lustig», sagt Stenmark und fügt vielsagend an: «In 10 oder 20 Jahren hat Shiffrin dieses Problem, wenn ihre Rekorde geknackt werden.»