An jenem Ort, wo sie vor Jahresfrist doppelt triumphieren kann, hält Lara Gut-Behrami nicht mit Kritik an den Verhältnissen zurück. Die Organisatoren in Crans-Montana zeigen sich enttäuscht.
Vor einem Jahr feiert Lara Gut-Behrami in Crans-Montana einen überraschenden Doppelsieg innert 24 Stunden. Gerade noch rechtzeitig vor dem coronabedingten Saisonabbruch gelingt ihr damit inmitten von schwierigen Zeiten ein Befreiungsschlag. Denn bis zu den furiosen Auftritten in den beiden Abfahrten fährt die Tessinerin den Erwartungen hinterher, der Spassfaktor geht mehr und mehr verloren. Nach vielen Fahrten wird Gut-Behrami von einem «Scheissgefühl» geplagt.
Sie mag rückblickend zwar nicht von einer Wende sprechen, sagt über den Doppelsieg vor Jahresfrist aber: «Von einem auf den anderen Tag hat sich alles wieder leicht angefühlt.» Das Erfolgserlebnis aus dem abgelaufenen Jahr ist für die 29-Jährige allerdings weit weg. «Ich denke überhaupt nicht darüber nach. Es macht mich auch nicht optimistischer», verrät sie im Gespräch mit «blue Sport» und fügt an: «Nur weil du einmal gewonnen hast, wirst du kein zweites Mal gewinnen.»
In der laufenden Saison findet Gut-Behrami mehr und mehr zu alter Stärke zurück, zunehmend gehört sie wieder zum engeren Favoritenkreis. Top-Ten-Ergebnisse sind an der Tagesordnung, in St. Anton fährt sie kürzlich erstmals seit drei Jahren zu einem Sieg im Super-G. «Ich habe wieder viel mehr Selbstvertrauen. Es war kein Wunder, dass es zuvor nicht funktioniert hatte», sagt sie und betont, lange nach diesem Zustand gesucht zu haben.
Gut-Behrami: «Es war eine Katastrophe»
Nichtsdestotrotz hält sich die Begeisterung über die Rückkehr ins Wallis bei Gut-Behrami in Grenzen. Die Beziehung zwischen der Tessinerin und den Organisatoren in Crans ist vorbelastet, das hängt vor allem mit dem Chaos-Rennen von 2019 zusammen, als bei mehreren Fahrerinnen die Zeitmessung nicht funktioniert. Gut-Behrami rutscht im Nachhinein von Platz 3 auf Platz 6 ab – und hält anschliessend nicht mit Kritik zurück.
Genau wie in diesem Jahr nach dem ersten Abfahrtstraining am Mittwoch. «Die Piste ist widerlich!», wettert die Trainingsachte über die für sie viel zu weiche Unterlage der Strecke am Mont Lachaux. «Ehrlich gesagt war es eine Katastrophe. Es gibt nichts mehr zu sagen. Ich hoffe, die Organisatoren können die Strecke verbessern, weil es eine Katastrophe war», wendet sich Gut-Behrami im Interview mit «blue Sport» unmissverständlich an die Organisatoren.
Das OK fordert eine Entschuldigung
Auf die harsche Kritik angesprochen, reagieren die Organisatoren der Rennen in Crans-Montana entsetzt. Die Aussagen sorgen bei Präsident Marius Robyr für grossen Ärger, sein Vize Hugo Steinegger macht deutlich: «Wir sind sehr enttäuscht von Lara.» Steinegger weist darauf hin, dass die starken Schneefälle die Vorbereitungen erschwert hätten. Zudem sei die Präparierung der Piste noch nicht abgeschlossen, Anpassungen und Verbesserungen würden laufend vorgenommen.
Steinegger lässt Gut-Behramis Kritik deshalb nicht einfach auf sich sitzen, er spricht auch mit Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor. «Er hat ihr mitgeteilt, was wir von ihrer Aussage halten», erzählt er. Am Mittwochabend fordert das OK von Swiss-Ski zudem eine Entschuldigung. Und das letzte Wort dürfte noch nicht gesprochen sein.