Fagioli tief im Wett-Sumpf «Wenn du nicht zahlst, brechen wir dir die Beine»

Von Sandro Zappella

18.10.2023

Juventus-Mittelfeldspieler Nicolo Fagioli wird wegen illegalen Wetten gesperrt.
Juventus-Mittelfeldspieler Nicolo Fagioli wird wegen illegalen Wetten gesperrt.
IMAGO/Marco Canoniero

Der 22-jährige Juve-Mittelfeldspieler Nicolò Fagioli wird wegen illegalen Wetten für sieben Monate gesperrt. Der Profi-Fussballer steckte so tief im Wett-Sumpf, dass er sogar seine Teamkollegen wegen Geld anpumpte.

Von Sandro Zappella

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der 22-jährige Juventus-Profi Nicolò Fagioli ist wegen illegaler Sport-Wetten für sieben Monate gesperrt worden. Dazu muss er sich einer Reihe von Massnahmen gegen Spielsucht unterziehen.
  • Von der Staatsanwaltschaft wurde Fagioli als spielsüchtig und damit krank erklärt.
  • Fagioli zeigte sich kooperativ, wird sich einer Therapie unterziehen und als Testimonial für den Kampf gegen die Spielsucht auftreten.

Juventus-Mittelfeldspieler Nicolò Fagioli wurde am Dienstagabend wegen Sportwetten auf illegalen Seiten zu einer Sperre von 12 Monaten verurteilt. Fünf davon kann der 22-Jährige aber mit einer Reihe anderer Verpflichtungen ableisten. Dazu gehört, dass sich Fagioli ein halbes Jahr lang einer Therapie gegen seine Spielsucht unterzieht.

Nicht mehr an Spielen teilnehmen darf Fagioli aller Voraussicht nach sieben Monate, also bis Mitte Mai – er könnte in der laufenden Saison damit theoretisch noch zwei Spiele für Juventus bestreiten. Bisher kam Fagioli zu sechs Saison-Einsätzen und gab dabei einen Assist.

Mit dem Urteil ist der Italiener äusserst gut bedient. Das Strafmass hätte bis zu 36 Monate, also drei Jahre betragen können, was die Karriere des Juve-Eigengewächses, dessen Marktwert auf 35 Millionen Euro geschätzt wird, wohl definitiv zerstört hätte. Doch die Bundesanwaltschaft reduzierte die Strafe, weil sich Fagioli von Beginn weg kooperativ gezeigt und auf einen Vergleich eingelassen hatte. Wie die «Gazzetta dello Sport» berichtet, habe es eine solche Sanktion noch nie gegeben. Der Präsident des italienischen Fussballverbandes, Gabriele Gravina erklärte: «Unsere Jungs müssen bestraft, aber nicht im Stich gelassen werden.»

Das sah offenbar auch die Staatanwaltschaft so und reduzierte die Strafe von Fagioli, knüpfte sie aber an andere Bedingungen. Fagioli muss an einer Therapie teilnehmen, die mindestens ein halbes Jahr dauern wird, dazu muss er an mindestens zehn festgelegten Sitzungen als Testimonial für den Kampf gegen die Spielsucht auftreten.

Wie aus Leidenschaft eine Krankheit wurde

Fagioli steckte tief im Wett-Sumpf und entschied sich – nach einer ersten Befragung durch die Staatsanwaltschaft – selbst bei der Sportjustiz anzuzeigen. Fagioli sei im Frühling in den Fokus der Ermittler geraten, da er sich mit einer von der Polizei beobachteten Person aus der Wett-Mafia in einer Bar getroffen habe. Die Ermittlungen ergaben dann, dass Fagioli auf illegalen Plattformen Wetten abgeschlossen habe.

Im August musste Fagioli dann vor der Bundesstaatsanwaltschaft antraben. Dort zeigte sich der 22-Jährige kooperativ und erklärte, wie seine «Leidenschaft» zu einer Krankheit wurde. So habe sich die Staatsanwaltschaft entschieden, das Strafmass von 36 Monaten auf 12 zu senken. Das maximale Strafmass sei so gering gewesen, weil bei Fagiolis Wetten nie eine auf sein eigenes Team Juventus Turin dabei gewesen sei. 

«Ich habe auf alles gewettet, sogar auf Toro (Stadtrivale Torino, die Red.) oder Mailand, aber ich habe nie auf Juve gewettet», so Fagioli. In den Dokumenten der Staatsanwaltschaft ist zudem zu lesen, wie tief Fagioli im Wettsumpf stecke: «Sie sagten mir: Zahle oder wir brechen dir die Beine», heisst es etwa. Fagioli sei so verzweifelt gewesen, dass er sich sogar Geld von seinen Teamkollegen Federico Gatti und Radu Dragusin (mittlerweile bei Genua, die Red.) geliehen habe. «Ich habe wegen meiner Schulden geweint und meine Freunde um Geld gebeten», so Fagioli.

Auch Sandro Tonali steht im Zentrum der Ermittlungen.
Auch Sandro Tonali steht im Zentrum der Ermittlungen.
IMAGO/Sportsphoto

Auf die illegalen Wettseiten sei er durch einen Kollegen aus der italienischen Nationalmannschaft gekommen: «Es war Tonali, der mir sagte, ich solle auf einer illegalen Seite wetten», verriet Fagioli. Sandro Tonali, der im Sommer von Milan zu Newcastle wechselte, ist ebenfalls im Fokus der Ermittler, genauso wie Aston Villas Nicolo Zaniolo. Beide wurden für die aktuellen Länderspiele von Italien aufgeboten, mussten aber wieder abreisen.

Umerziehen statt nur bestrafen

Dass Fagiolis Leidenschaft zur Krankheit wurde, bestätigten auch Aussagen eines Arztes, der ihn behandelte und für spielsüchtig und damit krank erklärte. So sei man zum Schluss gekommen, Fagioli nicht nur zu bestrafen, sondern auch umzuerziehen. Präsident Gravina erklärt dazu: «Diejenigen, die gegen die Regeln verstossen, müssen strafrechtlich verfolgt werden, aber in diesem Fall gibt es auch menschliche Faktoren, die berücksichtigt werden müssen (…) die Genesung derjenigen, die Unrecht getan haben, und die Bedeutung der Verbreitung positiver Botschaften durch diejenigen, die verstehen, dass sie Unrecht getan haben.»

Neben seiner effektiven Strafe von sieben Monaten kann Fagioli fünf Monate alternativ absolvieren. Das heisst, er muss bei seinem Arzt eine Therapie absolvieren, alle zwei Monate der Staatsanwaltschaft Bericht erstatten und an zehn öffentlichen Veranstaltungen zur Bekämpfung des Glücksspiels teilnehmen.