«Sport gewährt allen Zutritt» Transgender-Athletin Laurel Hubbard ohne Olympia-Medaille, aber mit einer Botschaft

dpa/red.

2.8.2021

Nach zehn Minuten war der viel diskutierte Auftritt von Laurel Hubbard vorbei und sie verabschiedete sich freundlich.
Nach zehn Minuten war der viel diskutierte Auftritt von Laurel Hubbard vorbei und sie verabschiedete sich freundlich.
Bild: Keystone

Sportlich verläuft der Abend für Laurel Hubbard miserabel. Nach drei ungültigen Versuchen wird die Transgender-Gewichtheberin aus Neuseeland Letzte. Doch ihre Olympia-Botschaft ist wichtiger als Medaillen.

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Laurel Hubbard formte mit ihren Händen ein Herz und verneigte sich zum Abschied. Eine gute halbe Stunde lang nur stand die neuseeländische Gewichtheberin an diesem denkwürdigen Tag in der langen Historie Olympischer Spiele im Mittelpunkt.

Als erste Olympia-Athletin, die offen ihre Geschlechtsidentität angepasst hat. Als Transgender. Als Person, die sich mit dem Geschlecht, das ihr bei der Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlt.

Die heute 43-Jährige lebte nach ihrer Geburt 35 Jahre lang mit einer männlichen Zuschreibung. Nun trat sie in Tokio im Frauen-Wettbewerb in der Gewichtsklasse über 87 Kilogramm an. Die Sportart Gewichtheben, zuletzt wegen all ihrer Skandale arg in Verruf geraten, interessierte plötzlich wieder die Sportwelt.

«Die Kontroverse ist mir bewusst»

Doch die von Hubbard erhoffte (und von manchen Kritikern befürchtete) Medaille blieb ihr nach drei ungültigen Versuchen verwehrt. Der olympische Zweikampf aus Reissen und Stossen ging für sie jäh zu Ende. Gold gewann die Chinesin Wenwen Li, Silber ging an Emily Jade Campbell aus Großbritannien, Bronze an Sarah Elizabeth Robles aus den USA. Hubbard wurde Letzte.

Aber an diesem Abend war die Botschaft ohnehin wichtiger als die Medaille. «Sport ist etwas für alle Menschen, er ist inklusiv, er gewährt allen Zutritt», sagte Hubbard später, als ihr noch ein wenig die Stimme zitterte.

«Natürlich ist mir bewusst, welche Kontroversen meine Teilnahme an diesen Spielen umgaben.» Dass Hubbard antreten durfte, wurde als wichtiges Zeichen und starke Botschaft gewertet.

Für das Internationale Olympische Komitee um Präsident Thomas Bach war es ein Zeichen der Offenheit und Inklusion. Für manche Konkurrentin dagegen ein «schlechter Witz», wie es die Belgierin Anna Van Bellinghen formulierte, weil sie unfaire Bedingungen fürchtete.

Nach 10 Minuten war der Zauber schon wieder vorbei

Um 20.29 Uhr Ortszeit betrat Hubbard am Montagabend erstmals die Bühne im Tokyo International Forum. Als während des fünfminütigen Countdowns vor dem Wettkampf «Eye of the Tiger» von Survivor und «Smoke on the Water» von Deep Purple eingespielt wurden, verharrte die Kamera einen Moment länger bei Hubbard als bei den anderen Athletinnen. Sie lächelte kurz, schloss die Augen.

«Let's go» rief jemand aus den Rängen des Auditoriums, das an einen Konzertsaal erinnert, als sie zur Hantelstange griff. Doch Hubbard liess bei 120 Kilogramm die Hantel hinter sich auf den Boden fallen. Der zweite Versuch bei 125 Kilo wurde für ungültig erklärt, auch beim dritten scheiterte sie.

Um 20.39 Uhr war der sportliche Wettbewerb für Hubbard schon wieder beendet. Um kurz nach neun verabschiedete sie sich durch eine schwarze Metalltür. Nach einem Medien-Auflauf, der ihr sichtlich unangenehm war. «Jeder wartet hier wohl auf dieselbe Person», sagte einer der Helfer, der versuchte, Kameraleute, Fotografen und Reporter in Warteschlangen zu sortieren.

An den ersten Kameras ging Hubbard noch vorbei, eine orangefarbene Mütze auf dem Kopf, einen schwarzen Mund-Nasen-Schutz im Gesicht. Schliesslich griff sie doch noch zu einem Mikrofon, sagte sichtlich bewegt einige Sätze, beantwortete aber keine Fragen. In den vergangenen Jahren hatte sie praktisch keine Interviews gegeben.