Jetzt ist es hochoffiziell: Murat Yakin wird neuer Nati-Coach. Wie ist sein Führungsstil, was ist ihm besonders wichtig und von wem wurde er beeinflusst?
Sion-Präsident Christian Constantin nannte Murat Yakin einst den besten Trainer, den die Schweiz je hatte. Im September 2019 lotste er ihn dann endlich ins Wallis, nur um ihn dann im Mai des Folgejahres frühzeitig zu beurlauben. Über die Qualitäten Yakins sagt das allerdings wenig aus.
Zu diesem Zeitpunkt war «Muri» bereits zweifacher Schweizer Meister mit Basel und brachte Ausland-Erfahrung mit. Dennoch war sich Yakin nicht zu schade, im Sommer 2019 beim FC Schaffhausen in der Challenge League einen Vertrag zu unterschreiben. «blue Sport» hat den 46-Jährigen im Frühling getroffen und mit ihm über das Trainerdasein gesprochen.
Der Fokus liegt auf der eigenen Mannschaft
«Allzu gross auf den Gegner eingehen sollte man nicht», findet Yakin. «Weil man hat seine eigenen Spieler und muss die eigenen Spieler starkreden und einen Matchplan haben.» Als Nati-Trainer dürfte die Gegneranalyse allerdings mehr Gewicht haben als noch in Schaffhausen.
Es sei wichtig, während des Spiels flexibel zu sein, um reagieren zu können. Es sei eine «Wunschvorstellung», dass man nur einen Plan habe und bereits wisse, wann man wen einwechseln wolle. «Man muss ständig parat sein, um auch während des Spiels gewisse Veränderungen vorzunehmen.» Sei es durch Wechsel oder das Anweisen der Spieler.
Allerdings funktioniere das nicht bei allen gleich gut. «Man muss sicher wissen, bei welchen Spielern der Input noch ankommt. Es gibt Spieler, die sind voll fokussiert während des Spiels. Da kannst du so laut schreien, wie du willst, die hören gar nichts.»
Yakin über seinen Führungsstil
«Ein bisschen Nähe zu den Spielern braucht es, um auch das Gefühl zu vermitteln, dass sie nicht einfach nur einen Chef vor sich haben. Ich denke, der Kumpeltyp muss heute auch vorhanden sein.» Er sei ja auch noch ein junger Trainer «und da darfst du dich nicht zu sehr distanzieren», so der 46-Jährige mit über zehn Jahren Trainer-Erfahrung im Profibusiness. Und doch ist Yakin auch dafür bekannt, dass er harte Entscheide fällen kann.
Yakin über seine Spielphilosophie
Schon in der Juniorenzeit habe er bei Concordia Basel hervorragende Trainer gehabt. Später als Profi wurde er von Grössen wie Leo Beenhakker, Christian Gross, Otto Rehhagel oder auch Jogi Löw trainiert. «Das waren schon beeindruckende Persönlichkeiten, wo du von jedem ein Stückli mitnimmst», so Yakin zurückblickend. Am Ende müsse aber jeder Trainer seinen eigenen Stil entwickeln.
Bis ein Team die gesamte Spielphilosophie verinnerlicht habe «und man seine eigenen Ideen verwirklichen kann», brauche es mindestens ein bis zwei Jahre. Man müsse das Team auch entsprechend zusammenstellen. Das sei heutzutage oft nicht ganz einfach.
Diese auf Klubebene bezogene Aussage ist freilich nicht eins zu eins übertragbar in den Nationalmannschaftsalltag. Doch auch als Nati-Coach wird er seine eigenen Ideen einbringen. Gut möglich, dass auch der eine oder andere Spieler geopfert wird, um den Weg für frische Kräfte freizumachen.
Dass die Mannschaft schon gegen Italien ein ganz neues Gesicht haben wird, ist nach der erfolgreichen EM-Kampagne nicht zu erwarten. Etwas ist aber überall gleich: «Mittlerweile weiss jeder Trainer, der irgendwo angestellt wird, dass er am nächsten Tag funktionieren muss. Er muss Punkte liefern.» Am besten schon gegen Europameister Italien.