Die Schweiz verliert zum Auftakt der Nations League in Tschechien 1:2. Hinten kassiert das Team von Murat Yakin zwei faule Eier und vorne lässt man dicke Möglichkeiten ungenutzt. Die Spieler in der Einzelkritik.
Bewertungsschlüssel
6 Sackstark
5 Gut
4 Genügend
3 Schwach
2 Sehr schwach
1 Unterirdisch
Torhüter
Torhüter
Yann Sommer
Bei den Gegentoren kann man Sommer nichts ankreiden, auch wenn das beim zweiten Treffer der eine oder andere anders sehen wird. Wer selbst schon mal zwischen den Pfosten stand, der dürfte die Meinung aber teilen. In der ersten Halbzeit hält der 33-Jährige die Schweiz mit zwei starken Paraden im Spiel, in der zweiten hat er Glück, dass die Tschechen aus kürzester Distanz das Tor verfehlen und kurz darauf ein satter Schuss an den Pfosten donnert. Abzüge gibts für sein gar risikobehaftetes Spiel mit dem Ball am Fuss, in der 25. Minute geht das beinahe ins Auge.
Verteidiger
Rechter Aussenverteidiger
Silvan Widmer
Beim Führungstreffer der Tschechen macht Widmer nicht die beste Falle, allerdings sehen auch Nico Elvedi und allen voran Fabian Schär gar nicht gut aus. Zehn Minuten später löscht der 29-Jährige in extremis einen Brand. Im Spiel nach vorne bietet Widmer ungewohnt wenig an, in der 66. Minute wird es allerdings nach einem Vorstoss von ihm brandgefährlich. Eigentlich macht er in dieser Situation auch alles richtig, indem er die Kugel präzis und mit Zug in weite Eck schieben will, dennoch findet er seinen Meister im hervorragend reagierenden Tomas Vaclik.
Innenverteidiger
Fabian Schär
Irgendwie läuft das Spiel komplett am Newcastle-Söldner vorbei. Am 0:1 hält er die Aktien-Mehrheit, kurz darauf schlägt er ein kurioses Luftloch und ermöglicht den Tschechen eine weitere Torchance. Sein Frust entlädt sich dann in der 35. Minute in einem Zweikampf, bei dem er seinen Gegenspieler mit Ellbogen am Kopf trifft und dafür Gelb sieht. Und wenn's nicht läuft, dann läuft's nicht: Beim zweiten Gegentor irritiert er Sommer mit seinem Nichteingreifen entscheidend und wenige Minuten später verfehlt er mit seinem Kopfball nach einer Ecke den Ausgleich knapp.
Innenverteidiger
Nico Elvedi
Die Abstimmung mit Fabian Schär stimmt viel zu oft nicht, was wohl an mangelhafter Kommunikation liegt. Aber im Gegensatz zu seinem Nebenmann hat Elvedi einige Lichtblicke im Angebot, so etwa sein überragendes Tackling nach knapp einer halben Stunde, mit dem er weiteres Unheil verhindert. Es ist kein glanzvoller Auftritt von Elvedi, aber im Gegensatz zu Schär ist er kein Totalausfall.
Linker Aussenverteidiger
Ricardo Rodriguez
Rodriguez ist seit Jahren ein zuverlässiger Akteur und an der WM dürfte er die 100-Länderspiele-Marke knacken. Gegen die Tschechen macht der 29-Jährige seine Sache ordentlich, schaltet sich auch immer mal wieder über den Flügel in die Offensive ein und stiftet mit seinen Hereingaben Unruhe. Schlitzohrig ist seine Ecke in der 24. Minute, die er flach in den Rückraum des Sechzehners spielt, wo Vargas freistehend zum Abschluss kommt.
Mittelfeldspieler
Rechter Flügel
Djibril Sow
Bei Sow hat man das Gefühl, dass er etwas reissen will. Zu Beginn vielleicht sogar zu viel, schon in den ersten sieben Minuten begeht er zwei Fouls und hat Glück, dass er nicht verwarnt wird. Dass der 25-Jährige nach dem Gewinn der Europa League vor Selbstvertrauen strotzt, zeigt sich etwa in einer Szene, wo er mit dem Ball am Fuss losmarschiert und dann einen frechen No-Look-Pass auf Vargas spielt. Beim Ausgleich hat er die Füsse im Spiel, stört er den Gegenspieler doch entscheidend. Kurz nach der Pause bereitet er mit einem Querpass eine nächste Schweizer Torchance vor. Und dann kommt's knüppeldick: In der 58. Minute fälscht Sow eine Flanke von Jankto ins eigene Tor ab – auf der Webseite der Uefa wird das als Eigentor gewertet. Zehn Minuten später wird er ausgewechselt.
Zentraler Mittelfeldspieler
Remo Freuler
Dass Freuler nur selten für Spektakel-Fussball steht, das ist hinlänglich bekannt. Er ist einer, der die Räume schliesst, im Zweikampf ein unangenehmer Sparringpartner ist und mit einfachem Passspiel für Ruhe sorgt. Gegen die Tschechen ist von all dem zu wenig zu sehen. Das Spiel läuft über weite Strecken am Atalanta-Profi vorbei.
Zentraler Mittelfeldspieler
Granit Xhaka
Ja, der Captain hat in den letzten 25 Minuten an Einfluss gewonnen und das Spiel versucht in die Hand zu nehmen. Aber was bitte, war denn davor los? Dem sonst so passsicheren Denker und Lenker unterlaufen ungewohnt viele Fehlpässe. Oder er kommt gar nicht erst zum Passen, weil ihm der Ball schon vorher abgeluchst wird. Schade, dass er in der 90. Minute den Ball aus vielversprechender Position über das Tor zirkelt. Er hätte sich und die Mannschaft für den Steigerungslauf belohnen können.
Linker Flügel
Ruben Vargas
Beinahe beschert er der Nati einen Traumstart, doch sein Schuss nach etwas mehr als einer Minute kann der starke Vaclik parieren. In der 24. Minute kommt er nach einer Rodriguez-Ecke zum Abschluss, jedoch findet der Ball keinen Weg durch die massive Wand aus Gegen- und Mitspielern. Auch in der zweiten Halbzeit kommt Vargas schon ganz früh zu einem gefährlichen Abschluss und kurz darauf passt er nach einem starken Dribbling auf Xhaka, der leider nichts mit der Kugel anzufangen weiss. In der Folge taucht der 23-Jährige ab.
Angreifer
Stürmer
Noah Okafor
Okafor kann sich nicht oft in Szene setzen, aber Topstürmer zeichnet ja gerade aus, dass sie aus den wenigen Chancen, die sie haben, das Maximum herausholen. Und das tut er kurz vor der Pause. Eiskalt zimmert er das Leder unter den Querbalken und sorgt dafür, dass die Schweiz mit einem schmeichelhaften 1:1 in die Pause geht. Mustergültig auch, wie der 22-Jährige in der 10. Minute die Topchance von Embolo vorbereitet. In der 68. Minute macht Okafor Xherdan Shaqiri Platz.
Stürmer
Breel Embolo
Bei Embolo mangelt es nicht an Einsatz, doch im Abschluss sündigt er gleich doppelt. In der 10. Minute läuft er alleine auf Vaclik und lässt dann die nötige Präzision vermissen, die Szenerie wiederholt sich in der 84. Minute. Richtig stark ist Embolo, wenn er mit dem Rücken zum Tor steht, den Ball abschirmt und ihn dann durch die Schnittstellen auf seine Teamkollegen passt. Davon gab's in der zweiten Halbzeit mehrere Müsterchen, am gefährlichsten wurde es nach seinem Zuspiel auf Widmer in der 66. Minute.
Eingewechselte Spieler
Ab 68. Minute für Sow
Steven Zuber
So richtig in Fahrt kommt Zuber nicht und in der 83. Minute spielt er einen kläglichen Fehlpass, den er allerdings gleich selbst wieder ausbügelt. In der 90. Minute legt er Xhaka die Kugel hin, doch der verzieht.
Ab 68. Minute für Okafor
Xherdan Shaqiri
Shaqiri ist berüchtigt für seine Geniestreiche, ganz besonders in der Nati. Doch bei seinem Teileinsatz gegen die Tschechen wartet man vergebens auf einen solchen. In der einen oder anderen Szene sieht man, dass er eine feine Klinge führt, doch letztlich hat er keinen allzu grossen Einfluss aufs Spiel. Und doch schlägt es nach einem Shaqiri-Freistoss beinahe ein. Sollte er am Sonntag in Portugal in der Startelf stehen, wird er bestimmt noch eine Schippe drauflegen.
Ab 87. Minute für Vargas
Haris Seferovic
Seferovic kommt kurz vor Schluss ins Spiel und hätte zum grossen Retter avancieren können. In der 93. kommt er nach einem Freistoss von Shaqiri, den Elvedi mit dem Kopf verlängert, am zweiten Pfosten zum Abschluss. Seferovic spielt den Ball mit seinem stärkeren linken Fuss, der schwächere rechte wäre in dieser Situation der bessere gewesen. Eine Note gibts für den Kurzeinsatz keine.
Ab 87. Minute für Rodriguez
Jordan Lotomba
Zu kurz für eine Benotung.
Ab 92. Minute für Embolo
Mario Gavranovic
Zu kurz für eine Benotung.
Telegramm
Tschechien – Schweiz 2:1 (1:1)
Sinobo Stadion, Prag. – 12'236 Zuschauer. – SR Siebert (GER). – Tore: 11. Kuchta 1:0. 44. Okafor 1:1. 58. Kuchta (Jankto) 2:1.
Tschechien: Vaclik; Zima, Brabec, Krejci; Coufal, Soucek, Sadilek (84. Kalvach), Zeleny (87. Mateju); Jankto (68. Lingr), Kuchta (68. Pesek), Hlozek (87. Jurecka).
Schweiz: Sommer; Widmer, Schär, Elvedi, Rodriguez (87. Lotomba); Sow (68. Zuber), Freuler, Xhaka, Vargas (87. Seferovic); Okafor (68. Shaqiri); Embolo (92. Gavranovic).
Bemerkungen: Tschechien u.a. ohne Schick, Barak, Kalas, Vydra, Holes und Masopust (alle verletzt), Schweiz ohne Akanji, Zakaria (beide verletzt), Bottani und Mvogo (beide überzählig). 56. Pfostenschuss Coufal. Verwarnungen: 20. Brabec (Foul), 31. Elvedi (Foul), 35. Schär (Foul), 80. Krejci (Spielverzögerung).