Als erster aktiver Fussballprofi der europäischen Top-Ligen hat Jakub Jankto seine Homosexualität öffentlich gemacht. Der Tscheche hat nun einen Einblick gegeben, wie sich sein Leben nach dem Coming-out änderte.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Tschechiens Nationalspieler Jakub Jankto outet sich Anfang 2023 in einer emotionalen Video-Botschaft als homosexuell.
- In einem Interview mit BBC sprach Jankto über die Folgen seines Coming-outs.
«Ich bin homosexuell – und ich möchte mich nicht länger verstecken», sagte Jakub Jankto im letzten Februar in einem emotionalen Video, welches er in sozialen Medien postete.
Er wolle sein Leben in Freiheit führen, «ohne Angst, ohne Vorurteile, ohne Gewalt, aber mit Liebe», betonte der tschechische Nationalspieler, der auch 2021 bei der EM zum Einsatz gekommen war.
Mit seinem Outing wollte er ein Zeichen setzen. «Der Zweck dieses Videos ist es, andere zu ermutigen.» Bis anhin gibt es nur wenige aktive Fussballer, die offen mit ihrer Homosexualität umgehen. Eine Ausnahme ist der Australier Josh Cavallo, der 2021 sein Coming-out gab.
Sein damaliger Verein Sparta Prag reagierte positiv. «Du hast unsere Unterstützung. Lebe dein Leben, Jakub», schrieb der Klub bei Twitter.
Druck nach dem Coming-out
Mit der BBC sprach Jankto über die Veränderungen in seinem Leben seit der Veröffentlichung des Videos. «Wann immer ich TikTok oder Instagram öffnete, war das erste Video über mich», erzählt Jankto. «Jeder spricht über dich! Ich wusste, dass es in den ersten zwei, drei Wochen so sein würde, aber ich brauchte Zeit für mich, um ein wenig zu atmen und mich zu erholen. Wenn man Tausende, vielleicht sogar Millionen von Nachrichten von Menschen erhält, die mir ihre Anerkennung und ihren Dank aussprechen, macht mich das wirklich glücklich», hält der 27-Jährige fest.
Doch es gibt auch Schattenseiten nach seinem mutigen Schritt in die Öffentlichkeit: «Es übt auch Druck auf mich aus. Es ist nicht leicht, der erste Mann auf meinem Niveau zu sein, der sagt: ‹Ja, ich bin schwul.›»
Jankto blickt mit der BBC auch auf seine Kindheit zurück. «Ich war 13 oder 14 Jahre alt, als ich wusste, dass etwas ... nicht unnatürlich, aber anders war», meint er über seine Sexualität. Als Kind denke man nicht allzu viel darüber nach, aber als er seine erste Beziehung mit einer Freundin ausprobierte, sei es nicht so wie mit einem Jungen gewesen.
Auf und ab im Fussball-Business
«Und als ich dann in den Profifussball kam, galt es immer noch als ‹nicht normal›, schwul zu sein, und der Fussball ist immer noch ein bisschen homophob, glaube ich. Ich hatte also Angst, als ich 18 oder 19 war und neben anderen Jungs sass und keine Nachrichten auf WhatsApp öffnen konnte, weil ich immer Angst hatte, dass jemand eine Nachricht oder ein Foto von einem Jungen sehen könnte», beschreibt er sein früheres Gefühlschaos, welches er jahrelang mit sich schleppte.
Auf dem Feld lief es derweil ganz ordentlich. Er verliess früh seine Heimat, um im Ausland sein Glück zu suchen. In Italien spielte er bei Udinese Calcio und Sampdoria Genua, danach ging es nach Spanien zu Getafe, ehe er zu Sparta Prag wechselte.
Das Kapitel in der Heimat endete frühzeitig. Laut Medienberichten war Jankto in eine Verkehrskontrolle geraten und hatte sich geweigert, einen Drogentest und eine ärztliche Kontrolle zu machen. Obwohl ein Alkoholtest negativ ausfiel, soll ihm wegen eines früheren Vorfalles der Führerschein entzogen worden sein. Der Klub und der Fussballprofi lösten den Vertrag auf. Inzwischen steht der Mittelfeldspieler bei Cagliari unter Vertrag.
Kein Einzelfall
«Profifussball zu spielen ist ein Traum von mir, und ich bin immer auf der Suche nach Möglichkeiten, mich zu verbessern», erläutert Jankto. «Und mein Coming-out war das, was ich tun musste, um besser zu werden. Ich habe mir auch gedacht: ‹Sieh mal, Jakub, du bist zwar Profifussballer, aber du hast dein Leben, das du so leben musst, wie du willst. Und das war für mich grundlegend.› Ich bin wirklich froh, dass ich spielen kann, ohne mich zu verstecken oder Angst zu haben.»
«Ich bin wirklich froh, dass ich spielen kann, ohne mich zu verstecken oder Angst zu haben.»
Er bereut den Schritt nach vorne nicht. «Nach sechs, sieben Monaten kann ich sagen, dass es kein Fehler war. Wenn ich es noch einmal machen könnte, würde ich es auf jeden Fall tun, denn es hat mir selbst geholfen und ich denke, es hat vielen, vielen Menschen geholfen. Es war ein grosser Moment für alle Fussballer, und viele Profifussballer in vielen Vereinen haben mir geschrieben und mir dafür gedankt» berichtet Jankto.
Seine Situation sei trotzdem komisch. «Ich dachte: ‹Du bist der erste Fall dieser Art›», sagt er. «Wir schreiben das Jahr 2023, ich weiss nicht, wie viele Millionen Menschen schwul sind, und du bist der erste schwule Fussballer in den ersten fünf Ligen – das ist seltsam! Das hat mich schon überrascht.»
Bei Cagliari schätzt er, wie normal die Mitspieler mit ihm umgehen. Auch die Fans haben ihn überrascht. «Ich habe erwartet, dass mich bei Auswärtsspielen irgendjemand auspfeift – aber das hat niemand getan. Einfach niemand! Und ich dachte: ‹Oh mein Gott, das ist so gut.› Es ist so gut, dass mich alle unterstützen, ich fühle mich hier wirklich grossartig.»